Russel Zelenetz betreibt seit 25 Jahren einen edlen Schmuckladen an der Madison Avenue. Seine schönsten Stücke legt er vorsichtig auf den Tisch. Drei Arm­bänder, die in einer Schatulle aufgereiht liegen, kosten zusammen 490.000 Dollar. Zwei Ohrringe mit schwarzem Mondstein samt Diamant bietet er für 36.000 Dollar an. Zelenetz hat sich auf antike Raritäten aus den 1920er- bis 1940er-Jahren spezialisiert. "Es ist manchmal schwer, solche Stücke zu ­finden. Wir verkaufen sie rasant. Es sind tolle Sammlerstücke", sagt der Juwelier stolz. Seine Kunden sind schwerreich. Sie könnten sich das leisten, ohne mit der Wimper zu zucken, erklärt er. Im Keller liegt sein riesiger Safe. An den ­Ladentüren stehen Wachleute, auf der Straße davor patrouillieren außerdem Security-Kräfte.

An der Madison Avenue, zwischen der 57. und 86. Straße, gibt es allein 50 Schmuckboutiquen. Immerhin 15 davon stellen noch ihre eigenen Preziosen her. Alle Geschäfte sind in Familienhand, meist seit mehreren Generationen. Diamanten stehen bei den Superreichen in den USA nach wie vor hoch im Kurs. "Es boomt", sagt Matthew Bauer von der Wirtschaftsförderung der Madison Avenue. Die Schmuckbranche stehe für ein Viertel der Exporte des Bundesstaats New York.

Ähnlich wie die Modebranche ihre Fashion Week in der Millionenmetropole veranstaltet, laden die Juweliere zur Jewelery Week. Über 10.000 Gäste meldeten sich in diesem Jahr für die letzte November-Woche an, Händler, Touristen - und vor allem New Yorker.

Denn viele Stammkunden der Juweliere wohnen im gleichen Viertel. Die 57. Straße, die sich am südlichen Central Park befindet, wird "Billionaires Row" genannt, Milliardärsstraße. Bekannte Hedgefondsmanager wie Bill Ackman, Kenneth Griffin oder Daniel Loeb residieren in den Wolkenkratzern rings­herum. Viele erfolgreiche Geschäftsleute wie Computer-Milliardär Michael Dell, Ex-Goldman-Boss Lloyd Blankfein oder Yahoo-Gründer Jerry Yang haben hier ihre Anwesen, auch der ehemalige Citigroup-Lenker Sandy Weill.

Ex-Bürgermeister Michael Bloomberg, Gründer der gleichnamigen Finanznachrichtenagentur, der gegen Donald Trump im Präsidentschaftswahlkampf antreten will, besitzt in der Nähe eine Villa. Von hier aus managt der Milliardär seine Stiftung. Und selbst im schmucken Boutiquehotel The Carlyle in der Nähe gibt es einen Juwelier. Hier residiert bisweilen Ex-Karstadt-Eigentümer Nicolas Berggruen. Sein Spitzname: der obdachlose Milliardär.

Prestige satt


Wer Diamanten shoppt und eine würdiges Behältnis dafür sucht, wird unweit bei Bottega Veneta fündig. Der italienische Hersteller von Ledergütern, der zum Luxuskonglomerat Kering aus Paris gehört, residiert ebenfalls an der Madison Avenue.

Chanel, Luxushändler in Privatbesitz, hat gleich mehrere Läden. Das 1910 von Coco Chanel in Paris gegründete ­Label veröffentlichte 2018 erstmals Finanzdaten. Auf rund zehn Milliarden Dollar Umsatz kommt die Edelkette demnach, wie die verschwiegenen Besitzer, die französischen Brüder Wertheimer, mitteilten. Die Enkel des einstigen Geschäftspartners von Coco Chanel bauten die Marke nach dem Tod der Gründerin zu einem Weltplayer aus. Chanel verdient operativ Milliarden. Schulden sind fast keine vorhanden. Nach dem Tod von Kreativdirektor Karl Lagerfeld besteht freilich die Sorge, dass die Ikone ihren Trendsetter-Status verlieren könnte. Schon seit Jahren halten sich Übernahmegerüchte, zum Ärger des Wertheimer-Clans. Rivale Hermès gilt als kaufwillig.

Weltkonzerne shoppen


LVMH-Lenker Bernard Arnault, zu dessen Imperium Louis Vuitton, Christian Dior, Bulgari und Fendi gehören, ist einer der aggressivsten Käufer in der Branche. Ende November schluckte er den Edel-Juwelier Tiffany für 16,2 Milliarden Dollar. Dessen Flagship-Store an der Fifth Avenue wurde in den 60ern durch den Film "Frühstück bei Tiffany" mit Audrey Hepburn weltberühmt.

LVMH bot ursprünglich 14,5 Milliarden Dollar, nach zähen Verhandlungen sattelte Arnault, Europas reichster Mann, drauf. Der Deal, der noch von den Wettbewerbsbehörden genehmigt werden muss, ist einer der größten in der Branche. Tiffany soll das Schmuck- und Uhrenportfolio von LVMH stärken, zu dem bereits Marken wie Hublot und TAG Heuer gehören. Und die US-Präsenz der Franzosen festigen, die hier etwa ein Viertel des Umsatzes erzielen.

LVMH mit seinen 75 Marken sei zwar der Weltmarktführer bei hochwertigen Waren, aber im Bereich Schmuck und Uhren mache der Umsatz bloß neun Prozent aus, heißt es in einer Studie der Wirtschaftsprüfer Deloitte. Der Deal schließt die Lücke. Auch die Kritiker bei Morgan Stanley dürfte der Deal beruhigen. Die Nachfrage sei nicht nachhaltig, der Konzern zu abhängig von seiner Marke Louis Vuitton, zweifelten die New Yorker Analysten - das sei ein Risiko.

Gleichwohl gab die US-Großbank zu, dass es keinen Hinweis darauf gebe, dass die Anziehungskraft von Louis Vuitton in den vergangenen Jahren in wichtigen Regionen gesunken sei. Morgan Stanley hat als Investmentbank freilich ein Eigeninteresse an Deals.

Um den Wachstumskurs zu beschleunigen, schaut sich Arnault regelmäßig nach starken Marken um. Wenn etwas passt, macht er den Sack schnell zu. Es ging bereits das Gerücht um, dass LVMH, Inhaber der Champagner-Marke Moët & Chandon sowie von Hennessy Cognac, auch ein Auge auf den heimischen Rivalen im Spirituosenmarkt, Pernod Ricard, geworfen habe. Arnault entgegnete, dass er den Konkurrenten nicht destabilisieren wolle, sein Verhältnis zu Alexandre Ricard, dem Chef von Pernod Ricard, sei "freundschaftlich". Er habe sich auch nicht mit dem aktivistischen Investor und Hedgefonds Elliott abgestimmt, der bei der französischen Spirituosengruppe mit Marken wie Absolut Vodka eingestiegen ist.

Auch Elliott Management sitzt, wie es sich gehört, an der 57. Straße. Vor einem Jahr hatte der Hedgefonds für eine Milliarde Dollar einen Anteil von 2,5 Prozent am französischen Spirituosenkonzern erworben. Der steinreiche Boss Paul Singer fordert mehr Rendite und drängt Pernod Ricard, die Gewinnmarge zu erhöhen und mit dem größten Rivalen Diageo gleichzuziehen.

Millennials ködern


Auch Tiffany wäre etwas für Elliott gewesen - theoretisch. Die 182 Jahre alte Juwelierskette hat Potenzial, doch der Umsatz, den 14 000 Mitarbeiter in weltweit 300 Filialen erzielen, schrumpft. Es fehlt vor allem an junger Klientel. Hier kann LVMH wohl weitaus besser helfen als ein Hedgefonds: Die Pariser umgarnen die Millennials, verpflichteten bekannte Influencer wie die 18-jährige Emma Chamberlain oder das Model Karlie Kloss.

Die beiden haben jeweils 8,5 Millionen Follower auf Youtube beziehungsweise Instagram. Die Masche verfängt bei der jüngeren Generation - die Wahrscheinlichkeit für einen Kauf sei um 50 Prozent höher, wenn eine vertraute Quelle ein Produkt empfehle, heißt es in einer Studie der Berater von McKinsey.

Im Januar erwarb LVMH-Boss Arnault die Mode- und Kosmetiklinien Fenty ­sowie Fenty Beauty von Rihanna komplett. Die US-Sängerin bringt es auf 65 Millionen Follower bei Instagram. Sie sorgte mit ihrer starken Stellung in den sozialen Medien im Handumdrehen für Absatzrekorde. Die Millennials-Masche ist aber was für die Großen. Edel-Juwelier Russel Zelenetz hat damit nichts am Hut. Er hat es auch nicht nötig, die Kunden finden seinen Laden auch so.

Investor-Info

LVMH
Primus bei Blingbling


Der Arnault-Clan besitzt 47 Prozent der Aktien. Die Übergabe des Führungsstabs an die jüngere Generation bereitet Patriarch Bernard Arnault geschickt vor. Die Marken des Weltmarktführers der Luxusbranche wie Louis Vuitton sind zeitlos und global begehrt. Ein Ende der Erfolgsgeschichte ist nicht in Sicht. Zudem gibt es finanziellen Spielraum für weitere Zukäufe. Analysten rechnen 2020 mit einem Gewinnplus von rund zwölf Prozent. Die Aktie eignet sich bestens für Langfrist­anleger.

Empfehlung: Kaufen
Kursziel: 475,00 Euro
Stoppkurs: 330,00 Euro

Kering
Fokussiert auf Gucci


Der schärfste LVMH-Konkurrent Kering soll auf Brautschau sein und den italienischen Jackenhersteller Moncler ins Visier genommen haben. Eine Übernahme würde das Markenportfolio des Pariser Konzerns diversifizieren. Nach dem Abschied von Puma ist die Abhängigkeit von Gucci hoch. Zuletzt hat der Aktienkurs nachgegeben, weil die USA mit höheren Zöllen auf Luxusartikel gedroht hat. Das Wachstum der Markenmutter von Saint Laurent ist aber ungebrochen. Einsteigen!

Empfehlung: Kaufen
Kursziel: 650,00 Euro
Stoppkurs: 465,00 Euro

NN Prestige & Luxe
Glänzendes Portfolio


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