Chart 1 - DAX Intradaychart auf Fünf-Minuten-Basis
Der DAX zeigte zur Wochenmitte einen klassischen Inside Day - dies ist der Fall, wenn sowohl das Tageshoch niedriger ist als das Vortageshoch, als auch das Tagestief höher als das Vortagestief. Der Index bewegte sich also komplett in der Vortagesspanne. Auffällig ist auch das niedrige Handelsvolumen, welches sich zuletzt Anfang Dezember und davor Anfang November jeweils einmal auf vergleichbarem Niveau bewegte (siehe senkrechte Markierungen im Chart auf Seite 4). In beiden Fällen kam es anschließend zu einer Korrekturbewegung des Index.
Die Tagesrange von Tief zu Hoch lag am Dienstag zudem auch noch unter 100 Punkten - bei einem Indexstand jenseits der 10.000 ein auffällig niedriger Wert, ist das die Ruhe vor dem Sturm? Oder vollzieht der Markt eine sanfte Konsolidierung der steilen Kursgewinne seit dem Vorjahrestief im Oktober? Dies könnte er tun indem er sich so lange seitwärts bewegt, bis alle Marktteilnehmer, die auf dem aktuellen Niveau verkaufen wollen, einen Handelspartner gefunden haben der jetzt noch einsteigen möchte. Bleibt die Nachfrage anhaltend hoch, wäre eine Seitwärtskorrektur bereits hinreichend um die vorhergehende Überhitzung der Kurse abzubauen.
Ein Signal für dieses Szenario, genauer gesagt für ein Ende dieser Entwicklung, wäre eine Rückeroberung der Preiszone 10.800/10.830, woraufhin Potenzial bis an die 11.000er-Marke besteht. Wird auch darüber noch gekauft, könnte dies der Startschuss für den nächsten Aufwärtsimpuls sein. Da schon einige Marktteilnehmer darauf warten dürften, wird sich der Index dann aber dynamisch aber dafür vermutlich auch nur kurz weiter nach Norden bewegen. Daher müssen Anleger, die von einer kurzfristigen Rally-Fortsetzung profitieren möchten, verstärkt ein Auge auf den Markt haben.
Eine Alternative zur sanften Konsolidierung wäre ein harter Schnitt, den der Markt durch einen Rücksetzer unter die Zone 10.550/10.600 machen würde. Dort stabilisieren sich die Notierungen bereits seit der letzten Januarwoche wiederholt. Bleibt die Nachfrage in dieser Zone aus, ist mit Verkäufen bis mindestens 10.450, wahrscheinlich eher 10.300 oder sogar 10.000/10.100 Punkten zu rechnen. Warnsignale für eine Korrektur wie beispielsweise das im kurzfristigen Chart sichtbare Island Reversal haben wir in den beiden gestrigen Analysen bereits hinreichend kommentiert.
Dass es irgend eine Form der Korrektur geben muss, ist nach einem Anstieg von zeitweise über 2600 Punkten in weniger als vier Monaten fast schon zwingend - diesbezüglich sollten sich Anleger keine Illusionen machen, denn das Realisieren von Profiten gehört zur Börse. Selbst vermeintlich langfristige Investoren wie Fonds oder Pensionskassen denken intensiv an Gewinnmitnahmen, wenn die im Depot liegenden Papiere auf einmal ein weitaus höheres Bewertungsniveau aufweisen.
Und das tun sie, was beispielsweise an der durchschnittlichen Dividendenrendite der DAX-Werte offensichtlich wird (Grafik unten): Sie liegt aktuell nur noch bei rund 2,1 Prozent, und damit so niedrig wie zuletzt im Zeitraum 1997 bis 2001 - dies muss kein Hinderungsgrund für eine Rally sein, wie die Erfahrung aus der damaligen Zeit zeigt. Doch können weitere Kursgewinne nur noch mit einer Anhebung der Gewinnprognosen gerechtfertigt werden. Dies ist nicht ausgeschlossen, schränkt den Spielraum nach oben zumindest aber deutlich ein. Ansonsten droht ein Rückfall auf Bewertungsmaßstäbe der 1980er-Jahre, als die Dividendenrendite zeitweilig auch nur noch rund ein Prozent betrug.
Wir bleiben aus diesem Grund auch weiterhin nur zurückhaltend optimistisch - überwiegend deshalb, weil in einer starken Rally nie gegen den vorherrschenden mittelfristigen Trend gewettet werden sollte - dieser zeigt trotz allem noch aufwärts. Korrekturen sind nur etwas für sehr kurzfristig handelnde Hardcore-Trader. Ansonsten werden größere Konsolidierungen immer auch gute Einstiegsgelegenheiten für neue Long-Positionen sein, doch dafür ist es jetzt noch zu früh. Für beide Richtungen stellen wir am Ende der Analyse auf Seite 6 kurz- und mittelfristig geeignete Hebelpapiere vor.
Chart 2 - DAX-Langfristchart mit Dividendenrendite
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Chart 3 - Tageschart mit Abstand zur 21-Tage-Linie in %
Nach der starken Rally, die im Oktober 2014 startete, ist das Potenzial nach oben beschränkt. Der in den vergangenen Jahren gemessene maximale Abstand zur 21-Tage-Linie (dem Monatsdurchschnittskurs) des DAX beträgt knapp über neun Prozent - ein Extremwert, der im zurück liegenden Jahrzehnt nur in vier Fällen erreicht wurde, meist nach stärkeren Korrekturen. Zuletzt notierte der Index Ende Januar mehr als acht Prozent über seinem Durchschnitt, was bereits auf eine massive Überhitzung des Marktes hin deutet.
Das letzte Mal war der DAX im Herbst 2011 so überkauft. Damals schlugen die Kurse anschließend fast in gleichem Maße nach unten aus und fielen um 8 Prozent unter ihren Monatsmittelpreis. Umgerechnet auf das aktuelle Kursniveau ergäbe sich daraus beträchtliches Korrekturpotenzial bis fast an die 9700er-Marke. Es gibt zwar keine Wiederholungsgarantie, doch folgt auf eine Übertreibung in eine Richtung häufig auch ein stärkerer Ausschlag zur Gegenseite - das ist mehr oder weniger ein Gesetz der Marktphysik und lässt sich auch mit gesundem Menschenverstand nachvollziehen. Anleger mit längerem Zeithorizont sollten entsprechend vorsichtig agieren und nicht zwangsläufig jetzt frisches Kapital investieren. Es ist aus dem oben geschilderten Blickwinkel wahrscheinlich, dass wir auf absehbare Zeit noch einmal tiefere Indexstände zu sehen bekommen.
Chart 4 - Wochenchart mit Abstand zur 200-Tage-Linie
Wie weit kann es langfristig nach den neuen Allzeithochs nun noch gehen? Die Statistik hilft, diese Frage zu beantworten: Unter dem Kursverlauf des DAX haben wir im Wochenchart den Abstand der Kurse zur 200-Tage-Linie (entspricht etwa dem 40-Wochen-Durchschnitt) abgebildet. Mit dieser Methode lassen sich Kursziele auf der Oberseite bei maximal rund 11.000 bis 11.600 Zählern errechnen - diese Werte entsprechen den in der Vergangenheit im Idealfall gemessenen 14 bis 20 Prozent Abstand des Index zu seinem langfristigen Durchschnittspreis.
Zu Beginn des Jahrtausends waren es auch mal 33 Prozent und mehr - doch das sollten sich Anleger lieber nicht wünschen, auch wenn der DAX dadurch noch rechnerisches Potenzial bis jenseits der 12.800er-Marke hätte. Denn anschließend startete damals der dreijährige Abwärtstrend, im Zuge dessen sich der Indexstand fast viertelte.
Chart 5 - Kerzenchart auf Tagesbasis
Unterstützungen und Widerstände
Andreas Büchler ist Herausgeber des "Index-Radar", der größte tägliche Börsenstatistik-Report Deutschlands. Der Experte für Handelssysteme ist zudem Vorstand der Qarat AG, einer auf Quantitative Analyse und Algorithmic Trading spezialisierten Forschungsgesellschaft.
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