Mit verdeckten Karten spielt Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble beim Thema Griechenland-Hilfen nicht. Schon mitten im Wahlkampf im August 2013 sagte er zum Unmut mancher Parteifreunde kurz und knapp: "Es wird in Griechenland noch einmal ein Programm geben müssen." Entschieden werden soll darüber Mitte 2014 - rechtzeitig, damit nach dem Auslaufen des aktuellen Hilfsprogramms für das krisengeplagte Euro-Land Ende des Jahres Klarheit besteht. Schäuble hat wiederholt signalisiert, dass ein Paket "Griechenland III" erheblich kleiner ausfallen wird als die beiden Vorläufer. Von zehn bis zwölf Milliarden Euro ist seit einiger Zeit die Rede.

GRIECHENLAND WILL KEIN NEUES PROGRAMM MIT AUFLAGEN

Die griechische Regierung hat mehrfach erklärt, sie brauche kein neues Hilfspaket mehr - schon gar keines mit Auflagen. Und die Frage, ob ein neuer Schuldenschnitt nötig sei, beantwortete Finanzminister Jannis Stournaras vor einigen Wochen mit "Nein". Es gebe andere Möglichkeiten, dem Land mit seiner riesigen Schuldenlast zu helfen, nämlich über niedrigere Zinsen auf seine Kredite, längeren Laufzeiten oder auch Tilgungspausen. Zudem könne erwogen werden, die für die Bankenhilfen abgezweigten Mittel der aktuellen Finanzspritzen rückwirkend dem Euro-Schutzschirm ESM aufzubürden, was Griechenlands Staatsschulden senken würde. Zudem plant das Land die Rückkehr an den Kapitalmarkt, womöglich schon im zweiten Halbjahr mit ersten Test-Bonds.

WAS IST BISLANG NACH GRIECHENLAND GEFLOSSEN?

Seit die Schuldenkrise in Griechenland 2010 heraufgezogen ist, sind riesige Milliarden-Beträge als Kredite und Garantien in den Staat geflossen - so viel wie an kein anderes Euro-Land. Experten aus dem Bundesfinanzministerium sprechen von bislang 237 Milliarden Euro.

Allein das zweite Hilfsprogramm aus dem Jahr 2012 umfasst 163,7 Milliarden Euro - davon 19,1 Milliarden Euro vom Internationalen Währungsfonds und 144,6 Milliarden Euro vom Euro-Schutzschirm EFSF. Diese Summe ist inzwischen bis auf etwas mehr als zehn Milliarden Euro ausgezahlt. Zudem mussten die privaten Gläubiger, namentlich die Banken, über einen heftig umstrittenen Schuldenschnitt "freiwillig" einen großen Anteil ihrer Engagements in den Wind schreiben.

Zuvor war im Jahre 2010 ein erstes Griechenland-Programm geschmiedet worden, das sich damals noch aus bilateralen Hilfen zusammensetzte und ursprünglich rund 110 Milliarden Euro umfasst hat. Letztlich flossen dann 73 Milliarden Euro - davon 52,9 Milliarden Euro von den europäischen Partnern des Landes und 20,1 Milliarden Euro vom IWF.

HAT EUROPA NOCH GENUG IN DER KASSE?

Die Europäer haben sich inzwischen ein neues Hilfsinstrument geschaffen, den Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM). Der verfügte - Stand Ende 2013 - noch über ein freies Volumen für Kredite von rund 380 Milliarden Euro. Bis April wird diese Summe um weitere 70 Milliarden Euro steigen. Lediglich rund 50 Milliarden Euro hat der ESM bislang für Kredit-Hilfen an Spanien und Zypern zugesagt und großenteils ausgezahlt.

WIE SIEHT ES MIT DEM FINANZBEDARF IN GRIECHENLAND AUS?

Dass Griechenland aktuell und in naher Zukunft weiteren Finanzbedarf hat, ist bei Experten unbestritten. So sei das aktuelle Programm 2014 "nicht mehr durchfinanziert", schreiben Experten des deutschen Finanzministeriums. Planungen und Realität klaffen auseinander. Diese Lücke in Milliardenhöhe betrifft noch die Vereinbarungen zum laufenden Hilfspaket. Hinzu kommen weitere Finanzlöcher, die gestopft werden müssen. Der IWF sprach einmal von rund elf Milliarden, Stournaras von rund zehn Milliarden Euro. Dass die Europäer diese Lücke gegebenenfalls schließen müssen, daran erinnert sie der IWF immer wieder - und die Grundsatzzusagen dafür besteht auch, wenn auch verknüpft mit einigen Bedingungen.

VIELES LÄUFT INZWISCHEN BESSER

Schaut man auf die Zahlen, so geht es mit Griechenland inzwischen aufwärts, wenn auch nicht überall. So liegt die Staatsschuldenquote trotz des Schuldenschnitts von 2012 mit rund 175 Prozent des Bruttoinlandsprodukts im vergangenen Jahr immer noch so hoch wie nirgendwo in Europa. Ob wie angepeilt 2022 der Sprung unter die 110-Prozent-Marke gelingt, ist fraglicher denn je. Dagegen ist die Verbesserung beim Etatdefizit des Staates deutlich. Zwei Prozent Minus soll das laufende Jahr nach Prognosen der EU-Kommission noch bringen. Ohne Zinszahlungen nimmt der Staat nach eigenen Angaben inzwischen mehr ein als er ausgibt. Zum Vergleich: Noch kürzlich lag das Defizit bei über 13 Prozent.

Deutlich nach oben geht es nach sechs Jahren Rezession auch beim Wirtschaftswachstum. Erstmals soll in diesem Jahr wieder ein kleiner Zuwachs von rund einem halben Prozent gelingen. Auch in der Industrie geht es voran, stellt das Institut Markit in seinem jüngsten Einkaufsmanagerindex fest. Diese Fortschritte sind wichtig: Denn ohne Wachstum wird die Rekordarbeitslosigkeit von zuletzt rund 27 Prozent kaum sinken.