von Franz-Georg Wenner






Chart 1: DAX Intradaychart auf Fünf-Minuten-Basis



Am Aschermittwoch ist für die Karnevalisten alles vorbei. Auf dem Frankfurter Parkett bleibt die Stimmung hingegen noch freundlich. Seit gut drei Wochen flirtet der Index mit der 11.00er-Marke und schaute für wenige Stunden auch schon von oben auf die runde Schwelle. Blick man etwas nüchterner auf die Kursentwicklung seit Ende Januar, kann eine Konsolidierung auf hohem Niveau diagnostiziert werden. Nach Kursgewinnen von rund 1500 Punkten seit Anfang Januar ist dies auch nicht überraschend.

Die Lethargie der vergangenen Tage ist somit vollkommen normal und war nach der strammen Rally auch überfällig. Zeitweise notierte der DAX Ende Januar um mehr als acht Prozent über seiner 21-Tage-Linie. Vergleichbare Extremwerte waren in den vergangenen Jahren nur noch Crash-Bewegungen wie im Spätsommer 2011 aufgrund der Euro-Krise messbar gewesen. Bisher verläuft die Konsolidierung somit sehr harmlos in Form einer Seitwärtsbewegung. Auch wenn der übergeordnete Trend auf Tagesbasis eindeutig aufwärts zeigt, sollten investierte Anleger sehr wachsam bleiben. Einige Signale mahnen zur Vorsicht.

Auffällig ist zunächst die vergleichsweise große Anzahl an kleinen Kerzen, die in den vergangenen Tagen ausgebildet wurden. Nicht selten lagen zwischen Eröffnungs- und Schlusskurs nur wenige Punkte. Diese sog. Dojis und Stars signalisieren oft einen ausgepowerten Markt und einen Zustand erhöhter Unsicherheit nach einer vorherigen kräftigen Bewegung (s. Chart auf S. 5). Passend zu den geringeren Tagesschwankungen nahm zuletzt auch das Handelsvolumen markant ab. Trader ziehen sich zurück und warten ab, bis neue Impulse den Markt bewegen. Dazu könnte es bereits am kommenden Freitag kommen. Der kleine Verfall an den Terminmärkten dürfte keine großen Auswirkungen haben. Wesentlich wichtiger sind hingegen Neuigkeiten aus Athen. Bis zum Wochenschluss muss ein Antrag der griechischen Regierung auf Verlängerung des laufenden Hilfsprogramms auf dem Tisch liegen. Bisher ist man sowohl am Aktien- wie auch Devisenmarkt der Meinung, dass eine einvernehmliche Lösung - wie immer in letzter Minute - erzielt wird. Dennoch besteht natürlich eine gewisse Unsicherheit, die wieder zu geringeren Umsätzen und damit kleinen Handelsspannen führt. Politische und charttechnische Faktoren ergänzen sich mal wieder perfekt.

Ein frühes Signal für eine sich eintrübende Stimmung wäre eine Rückkehrbewegung des DAX an die Untergrenze der aktuellen Range bei 10.550 / 10.600. Erstmals seit gut vier Wochen würde der Index dann auch wieder unter seiner 21-Tage-Linie notieren. Entscheidend ist aber erst das Kursverhalten an der Nachfragezone. Wird der DAX anders als in den vergangenen Wochen hier nicht gekauft, wäre dies ein Hinweis für ein verändertes Risikobewusstsein. Fällt der DAX unter 10.500, erleiden alle Anleger Buchverluste, die zu spät in die laufende Rally eingestiegen sind. Da zudem zwischen 10.300 bis 10.550 aufgrund des dynamischen Anstiegs keine Haltezonen ausgebildet wurden und sogar eine Kurslücke besteht, wäre ein Kursrutsch von 250 Punkten nicht überraschend. Auf der Short-Seite eröffnet sich somit eine perfekte Gelegenheit, sobald der DAX die Range auf der Unterseite verlässt. Als Zielbereich ist zunächst die Region um 10.200 / 10.300 zu nennen. Hier hätte der Index die Hälfte der letzten Aufwärtsbewegung von 9637 auf 11.013 nach unten korrigiert. Häufig kommt es an dem sgn. 50 Prozent-Retracement zu einer Stabilisierung.

Noch aber liegen die negativen Signale nicht vor. Aufgrund der unverändert intakten Aufwärtsbewegung darf die Wahrscheinlichkeit für einen Ausbruch auf der Oberseite nicht unterschätzt werden. Erst ab einer Differenz von rund 3,6 Prozent zur 21-Tage-Linie nimmt die Gefahr von Gewinnmitnahmen wieder zu. Aktuell liegt der Abstand bei 1,4 Prozent. Eine Fortsetzung der Rekordjagd mit Kursen von bis zu 11.120 ist somit aus statistischer Sicht durchaus zu erwarten. Der Startschuss erfolgt, sobald der DAX per Stunden- oder noch aussagekräftiger per Tagesschluss über 11.000 steigt.



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Chart 2 - Tageschart mit Abstand zur 21-Tage-Linie in %



Nach der starken Rally, die im Oktober 2014 startete, ist das Potenzial nach oben beschränkt. Der in den vergangenen Jahren gemessene maximale Abstand zur 21-Tage-Linie (dem Monatsdurchschnittskurs) des DAX beträgt knapp über neun Prozent - ein Extremwert, der im zurück liegenden Jahrzehnt nur in vier Fällen erreicht wurde, meist nach stärkeren Korrekturen. Zuletzt notierte der Index Ende Januar mehr als acht Prozent über seinem Durchschnitt, was bereits auf eine massive Überhitzung des Marktes hin deutet.

Das letzte Mal war der DAX im Herbst 2011 so überkauft. Damals schlugen die Kurse anschließend fast in gleichem Maße nach unten aus und fielen um 8 Prozent unter ihren Monatsmittelpreis. Umgerechnet auf das aktuelle Kursniveau ergäbe sich daraus beträchtliches Korrekturpotenzial bis fast an die 9700er-Marke. Es gibt zwar keine Wiederholungsgarantie, doch folgt auf eine Übertreibung in eine Richtung häufig auch ein stärkerer Ausschlag zur Gegenseite - das ist mehr oder weniger ein Gesetz der Marktphysik und lässt sich auch mit gesundem Menschenverstand nachvollziehen. Anleger mit längerem Zeithorizont sollten entsprechend vorsichtig agieren und nicht zwangsläufig jetzt frisches Kapital investieren. Es ist aus dem oben geschilderten Blickwinkel wahrscheinlich, dass wir auf absehbare Zeit noch einmal tiefere Indexstände zu sehen bekommen.

Auf Seite 3: Chart 3 - Wochenchart mit Abstand zur 200-Tage-Linie



Chart 3 - Wochenchart mit Abstand zur 200-Tage-Linie



Wie weit kann es langfristig nach den neuen Allzeithochs nun noch gehen? Die Statistik hilft, diese Frage zu beantworten: Unter dem Kursverlauf des DAX haben wir im Wochenchart den Abstand der Kurse zur 200-Tage-Linie (entspricht etwa dem 40-Wochen-Durchschnitt) abgebildet. Mit dieser Methode lassen sich Kursziele auf der Oberseite bei maximal rund 11.000 bis 11.600 Zählern errechnen - diese Werte entsprechen den in der Vergangenheit im Idealfall gemessenen 14 bis 20 Prozent Abstand des Index zu seinem langfristigen Durchschnittspreis.

Zu Beginn des Jahrtausends waren es auch mal 33 Prozent und mehr - doch das sollten sich Anleger lieber nicht wünschen, auch wenn der DAX dadurch noch rechnerisches Potenzial bis jenseits der 12.800er-Marke hätte. Denn anschließend startete damals der dreijährige Abwärtstrend, im Zuge dessen sich der Indexstand fast viertelte.

Auf Seite 4: Chart 4 - Kerzenchart auf Tagesbasis



Chart 4 - Kerzenchart auf Tagesbasis



Auf Seite 5: Tabelle Unterstützungen und Widerstände



Tabelle Unterstützungen und Widerstände



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Trading-Ideen

























































Franz-Georg Wenner ist Chefredakteur des börsentäglichen Anlegermagazins "Index-Radar".

www.index-radar.de