Seit ihrem Amtsantritt 2005 ist die Arbeitslosigkeit stark gesunken, die Wirtschaft robust gewachsen. Doch ausgerechnet im Wahljahr drohen schlechte Nachrichten für die CDU-Vorsitzende: Steigende Arbeitslosigkeit, schwächeres Wachstum, anziehende Inflation. Nicht ausgeschlossen ist, dass Merkel auch unpopuläre wirtschaftspolitische Entscheidungen treffen müsste: Wenn etwa die Deutsche Bank noch tiefer in die Krise rutschen würde, könnte dies die Frage aufwerfen, ob der Staat Hilfe leisten soll.

STEIGENDE ARBEITSLOSIGKEIT



Experten - von führenden Instituten bis hin zu den Wirtschaftsweisen - sind sich einig: Im Wahljahr 2017 steigt die Arbeitslosigkeit, nachdem sie in den drei Jahren zuvor merklich zurückgegangen ist. Das Rheinisch-Westfälische Institut für Wirtschaftsforschung (RWI) etwa rechnet mit einer Zunahme der Erwerbslosenzahl um 30.000. "Ursache ist, dass Asylsuchende und Flüchtlinge stärker Zugang zum Arbeitsmarkt erhalten, ihre Integration in Beschäftigungsverhältnisse aber aufgrund qualifikatorischer und sprachlicher Defizite zunächst schwerfallen dürfte", erläutert RWI-Konjunkturchef Roland Döhrn. Der AfD spielt das in die Hände, ist sie doch strikt gegen die "Zuwanderung in die Sozialsysteme". Leistungen wie das Arbeitslosengeld sollen nach dem Willen der Partei nur solche Zuwanderer erhalten, "die in erheblichem Umfang Steuern bzw. Sozialversicherungsbeiträge in Deutschland gezahlt haben oder deren Eltern das getan haben".

GERINGERES WACHSTUM, GRÖSSERE RISIKEN



Keine Unterstützung für Merkel kommt von der Konjunktur. Auch hier sind sich Experten einig: Das Wachstum lässt merklich nach. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) rechnet nur noch mit einem Anstieg des Bruttoinlandsprodukts von 1,0 Prozent, nach geschätzten 1,9 Prozent in diesem Jahr. "Die deutsche Wirtschaft wird wohl im kommenden Jahr einen deutlichen Dämpfer erhalten", prognostiziert DIW-Präsident Marcel Fratzscher. Das ist zwar zu einem guten Teil der Tatsache geschuldet, dass es im kommenden Jahr weniger Arbeitstage gibt. "Die weitere Entwicklung ist jedoch zahlreichen Risiken ausgesetzt", warnen die fünf Weisen. Das Brexit-Votum dämpft bereits die deutschen Exporte auf dem drittwichtigsten Absatzmarkt Großbritannien - und dürfte dies auch bis weit ins nächste Jahr tun, sagt das DIW voraus. Die Ausfuhren zum wichtigsten Kunden USA dürften ebenfalls zurückgehen, wenn der ab Januar regierende Präsident Donald Trump seine Wahlkampfdrohungen umsetzt und mit Importzöllen einen handfesten Handelskonflikt anzettelt. Das könnte das deutsche Wachstum um bis zu 19 Milliarden Euro oder 0,6 Prozent drücken, erwartet Ifo-Experte Gabriel Felbermayr.

DIE RÜCKKEHR DER INFLATION



Vorbei sein dürften im kommenden Jahr auch die Zeiten der sehr kräftig steigenden Realeinkommen. Denn die Inflation meldet sich zurück: Bereits im Oktober erklomm die Teuerungsrate mit 0,8 Prozent den höchsten Stand seit zwei Jahren, weil der Effekt des billigen Öles ausläuft. KfW-Chefökonom Jörg Zeuner geht davon aus, dass sie zu Jahresbeginn auf bis zu zwei Prozent hochgeht. Für viele Arbeitnehmer bedeutet das, dass ein Großteil ihrer Lohnzuwächse von der Teuerung wieder aufgezehrt wird. "Die deutschen Preise ziehen stärker an als in den übrigen Staaten des Währungsraumes", sagt Zeuner. Verstärkt werden kann der Preisdruck noch, wenn der Euro weiter abwertet - etwa durch Zinserhöhungen der US-Notenbank. Importe aus anderen Währungsräumen würden dadurch teurer.

DEUTSCHE BANK



Schwer zu verkraften für die deutsche Wirtschaft und auch für Merkel wäre, wenn die krisengeschüttelte Deutsche Bank ins Schlingern geriete. Zwar ist es um Deutschlands größtes Geldhaus zuletzt wieder etwas ruhiger geworden. Doch das kann sich rasch ändern, sollte das US-Justizministerium tatsächlich auf einer Strafzahlung von bis zu 14 Milliarden Dollar als Wiedergutmachung für Tricksereien bei Immobiliengeschäfte beharren. Kommt es so, könnte sich die Frage nach einer Rettung der Frankfurter Großbank mit Steuergeldern stellen - ein unpopuläres Thema, mit dem Merkel im Wahlkampf kaum punkten könnte. Im Gegenteil.

rtr