Herr de Vries- Hippen, die Aktienkurse steigen seit fünf Jahren. Ist der Markt inzwischen teuer?
Qualitätsaktien
müssten eigentlich teuer sein.
Aber wir finden in Europa weiterhin
viele hochwertige Dividendenwerte.
Dies signalisiert uns, dass der Markt
preiswert ist.
Irritiert Sie der steile Kursanstieg
der vergangenen Jahre gar nicht?
Man muss dies richtig einordnen.
Der Kursrückschlag im März 2009
war sehr extrem. Jetzt erleben wir
eine Rückkehr zur Normalität, das
ist selbst nach den jüngsten Kursgewinnen
noch so. Zudem sind die
Unternehmen effizienter geworden
und verdienen ihre Kapitalkosten.
Daher hat der Markt noch Potenzial.
Das gilt besonders ür Europa.
Inwiefern?
Europäische Aktien sind attraktiver
bewertet als USTitel.
Was ist mit der Krise in Südeuropa?
Ist sie schon beendet?
Beendet noch nicht, aber auf einem
guten Weg. Die sogenannten Peripherieländer
machen ihre Hausaufgaben.
Wir können als Europäer
stolz darauf sein, wie Griechenland,
Irland, Portugal oder Spanien die
Krise anpacken. Ich habe Hochachtung
vor den regierenden Politikern
dieser Länder, obwohl ihre Politik
unpopulär ist und ihre Umfragewerte
leiden.
Ein erneutes Aufflammen der dortigen
Krise ist unwahrscheinlich?
Aus meiner Sicht ja. Solange von außen
kein wirtschaftlicher Schock
kommt.
Wie bewerten Sie die Lage in Italien?
Das Land hat in Matteo Renzi einen
neuen Regierungschef.
Es wäre bereits fantastisch, wenn
Ministerpräsident Renzi nur einen
Teil seiner Arbeitsmarkt- und Steuerpläne
umsetzen könnte. Aber die italienische
Politik ist - wie überall -
schwer einzuschätzen. Wir sind
besser darin, Unternehmen zu analysieren.
Also gut. Wie attraktiv sind Ihrer
Einschätzung nach Aktien aus
Italien und Spanien?
Italien und Spanien haben keinen so
tiefen Aktienmarkt wie Deutschland
oder Großbritannien. Deshalb finden
wir dort weniger Titel. In beiden
Ländern dominieren zudem Banken,
deren Restrukturierung inzwischen
aber vorankommt.
Mögen Sie Banken? Dort kommen
immer mehr Skandale ans Licht.
Mich wundern die laxen Kontrollen,
die bei vielen Banken geherrscht haben.
Einiges, was sie gemacht haben,
war zwar legal, aber heute würden
sie anders agieren.
Kaufen Sie Aktien von Banken für
Ihren Dividendenfonds?
Ich halte im Portfolio gern einen guten
Mix. Darunter sind stabile Unternehmen,
aber auch solche, die gestärkt
aus einer Krise zurückkommen.
Anders gesagt: Wir kaufen
nicht nur die offensichtlichen Dividendenzahler,
sondern auch solche
Unternehmen, die ihre Ausschüttung
unerwartet erhöhen können.
Was bedeutet das bei Banktiteln
konkret?
Wir beobachten zum Beispiel französische
Banken. Falls sie den europäischen
Bankentest bestehen, halten
sie zu viel Kapital. Dann wäre es
gut denkbar, dass sie ihre Dividende
erhöhen.
Fallen weitere Werte in diese
Kategorie "Überraschung"?
Auch einige Ölwerte erhöhen unerwartet
ihre Dividenden, da sie weniger
als geplant in neue Förderanlagen
investieren.
Kaufen Sie eigentlich immer
die Titel mit den höchsten Ausschüttungsrenditen?
Nein. Wir achten darauf, dass die
Dividendenrendite um 25 Prozent
über dem Marktdurchschnitt liegt.
Was spricht dagegen, die Aktien mit
den höchsten Dividendenrenditen
zu kaufen?
Diese Unternehmen stagnieren oft
nur noch. Dies gilt dann auch für ihren
Aktienkurs.
Dividenden-ETFs nutzen feste
Regeln, um passende Werte
zu finden. Was halten Sie davon?
Quantitative Ansätze schauen nur
zurück. Die Dividende ist aber ein
Versprechen auf die Zukunft. Dies
kann ein Modell nicht erfassen.
Sie kennen die Zukunft?
Nein. Aber wir denken weiter nach
vorn. Wir fragen uns immer: Welche
Unternehmen können aus ihrem
Cashflow langfristig die Dividende
zahlen? Ich bin überzeugt, dass die
Aktien in meinem Portfolio auch
noch in zehn Jahren existieren werden.
Warum ist die Ausschüttung eigentlich
so wichtig? Viele Anleger investieren
sie gleich wieder in die Aktie.
Ich möchte schon, dass die Unternehmen
ihre Dividende auszahlen.
Sie legen dann jede Entscheidung
auf die Goldwaage, damit die Dividende
zur Verfügung steht.
Und falls sie die Dividende doch
kürzen müssen?
Dann bricht der Aktienkurs massiv
ein. Das wollen die Unternehmen
vermeiden. Die Dividende ist also
ein Signal der Stärke und diszipliniert
die Unternehmen, kein Geld
für sinnlos teure Projekte oder Übernahmen
auszugeben.
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