Der Rosengarten in Mannheim. Unweit des berühmten Wasserturms lädt der Chemiekonzern BASF zu seiner Hauptversammlung. Das für viele Aktionäre wichtigste Thema wird unter Punkt 2 der Tagesordnung aufgerufen: die Dividende. Für jede Aktie soll es 3,20 Euro geben. Bei mehr als 918 Millionen ausstehenden Papieren läuft das auf über 2,9 Milliarden Euro hinaus. Für den Chemiekonzern wäre das die höchste Ausschüttung seiner Geschichte.
Mit dem Aktionärstreffen von BASF startet die Saison in Deutschland in ihre heiße Phase: Über 28 Milliarden Euro werden allein die DAX-Konzerne laut Berechnung dieser Zeitung im kommenden Monat verteilen. Der Mai ist somit der mit Abstand wichtigste Monat für Dividendensammler.
Ganz schmerzlos wird der Rekord für BASF nicht: Die Ausschüttungsquote, also der Teil des Gewinns, der an die Aktionäre geht, steigt nach einem durchwachsenen Geschäftsjahr von 47 auf 63 Prozent. Das liegt über dem DAX-Durchschnitt. Nach Berechnung der Unternehmensberatung EY schütten die deutschen Topkonzerne rund 43 Prozent Gewinne aus. Die Aktionäre von BASF dürften dem Dividendenvorschlag trotzdem zustimmen. Schließlich ist die Ausschüttung eines der wichtigsten Argumente für ein Investment in den Chemiekonzern. Im vergangenen Jahr votierten 99,87 Prozent mit "ja"- eine nicht ungewöhnliche Quote.
Das Dividendenjahr des DAX beginnt im Februar. Dann schütten jene Konzerne Geld aus, deren Geschäftsjahr mit dem September endet - Infineon, Siemens, Thyssenkrupp. Die meisten anderen Unternehmen folgen dann im Frühjahr. Ein Exot ist Linde. Der Industriegase-Spezialist hat nach der Fusion mit Praxair den amerikanischen Rhythmus übernommen: Die Zahlung wird nicht mehr, wie in Deutschland üblich, auf einen Schlag gezahlt, sondern über vier Termine gestreckt.
Eine Quartalsdividende hat Vorteile: Die Finanzabteilung kann einen Teil des Gelds länger im Haus behalten. Sollte sich Lage plötzlich verschlechtern, kann das Unternehmen flexibler reagieren. Auch für jene Aktionäre, die mit der Dividende einen Teil ihres Lebensunterhalts finanzieren wollen, sind vier kleine Zahlungen praktischer als eine große. Unter dem Strich ändert sich die Summe durch den Zahlungsrhythmus natürlich nicht.
Dividenden lügen nicht
Die Dividende ist nicht nur Einkommensquelle für Aktionäre, sondern auch Qualitätsnachweis für das Unternehmen: Während Bilanzkennziffern wie der Gewinn je Aktie oder der operative Gewinn durch legale Tricks aufpoliert werden können, fließt bei der Dividende echtes Geld. Nur mit einem soliden Geschäftsmodell also lässt sich eine kontinuierliche Ausschüttung finanzieren. Laut einer Auswertung der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz hat sich der Wert eines Portfolios der Dividende zahlenden Unternehmen aus DAX, MDAX, SDAX und TecDAX seit März 2003 verneunfacht - die Nichtzahler kamen im selben Zeitraum nur auf ein Plus von 300 Prozent.
Wer in der Dividendensaison Aktien kauft, muss allerdings aufpassen: Die Dividende ist kein Geschenk. Das Unternehmen gibt ohne Gegenleistung Geld aus. BASF hat am Tag der Auszahlung schlagartig 2,9 Milliarden Euro weniger auf dem Konto. Das wird natürlich auch an der Börse registriert: Der Kurs gerät am sogenannten Ex-Tag unter Druck. Der Dividendenabschlag entspricht selten exakt der Höhe der Ausschüttung. Das liegt aber vor allem daran, dass die Aktie auch am Ex-Tag den üblichen Schwankungen ausgesetzt ist. Und: Aktionäre müssen, sobald sie ihren Freibetrag ausgereizt haben, Dividenden versteuern (siehe PDF-Datei unten). Es kann für Neueinsteiger also Sinn machen, erst nach dem Ex-Tag zu kaufen.
Die Kraft einer Dividende entfaltet sich ohnehin erst auf lange Sicht: Die Aktie wird bei einem soliden Unternehmen den Abschlag immer wieder aufholen und dem Aktionär neben der jährlichen Auszahlung Kursgewinne bringen. Gute Unternehmen können ihre Ausschüttung zudem regelmäßig anheben.
Wichtiger als die absolute Höhe der Prozentzahl ist die Zuverlässigkeit der Ausschüttung. Im DAX haben 13 der 30 Mitglieder ihre Dividende ein Jahrzehnt lang jedes Jahr zumindest konstant gehalten. Hinzu kommen die Börsenneulinge Vonovia und Covestro, deren Geschichte noch nicht so weit in die Vergangenheit reicht.
Im Idealfall steigt die Dividende jedes Jahr. Eine Studie der DSW hat fünf deutsche Unternehmen identifiziert, die ihre Ausschüttung seit mehr als zehn Jahren durchgehend aufstocken. Ganz oben stehen mit mehr als 20 Jahren der im DAX notierte Gesundheitskonzern Fresenius und dessen Tochter FMC.
Dahinter folgen zwei Mitglieder des MDAX: Der Schmierstoffspezialist Fuchs erhöht seit 17 Jahren, die Optikerkette Fielmann seit 14 Jahren. Im SDAX kommt der Ticketvermarkter CTS Eventim auf elf Jahre mit steigender Ausschüttung. Die Dividendenrendite ist bei diesen Aktien aber vergleichsweise niedrig. Nur Fielmann kommt auf mehr als drei Prozent. Bei den Dividenden-Schwergewichten im DAX ist da mehr zu holen.
Auf Seite 2: Dividenden aus Deutschland
Dividenden aus Deutschland
Stichtag: Wer Dividende kassieren will, muss die Aktie bei deutschen Unternehmen in der Regel spätestens am Tag der Hauptversammlung kaufen und am Ende dieses Tages im Depot haben.
Zahltag: Die Dividende wird bei deutschen Unternehmen spätestens bis zum dritten Bankarbeitstag nach der Hauptversammlung automatisch auf das Konto des Aktionärs überwiesen.
Steuern: Anleger müssen Einkünfte aus Dividenden versteuern. Das Amt zieht bei den Zahlungen deutscher Unternehmen 25 Prozent Kapitalertragsteuer und 5,5 Prozent Solidaritätszuschlag ab. Der Soli wird nur auf die Kapitalertragsteuer erhoben. Insgesamt werden 26,375 Prozent abgezogen, ggf. noch Kirchensteuer. Beispiel Allianz: Der Versicherer zahlt neun Euro je Aktie. Bei zehn Aktien werden 22,50 Euro (25 Prozent von 90 Euro) als Kapitalertragsteuer abgezogen, zusätzlich 1,24 Euro als Soli (5,5 Prozent von 22,50 Euro). Dem Aktionär bleiben von 90 Euro also 66,26 Euro. Ausnahme: Einzelpersonen können jährlich 801 Euro steuerfrei kassieren, Zusammenveranlagte 1.602 Euro. Bei Dividenden ausländischer Unternehmen fällt je nach Land Quellensteuer an. Bis zu 15 Prozent können beim deutschen Fiskus verrechnet werden.
Investor-Info
Allianz
Der neue Champion
Der Versicherungskonzern hat Daimler als größten Dividendenzahler Deutschlands abgelöst. Die Hälfte des Jahresgewinns soll an die Aktionäre gehen, die Dividende je Aktie mindestens auf dem Niveau des jeweiligen Vorjahres bleiben. Eine Garantie gibt es natürlich nicht, die offensive Dividendenpolitik aber gefällt Börsianern. Charttechnisch hat die Aktie den Widerstand bei 200 Euro durchbrochen. Auch das ist ein gutes Signal.
Empfehlung: Kaufen
Kursziel: 125,00 Euro
Stoppkurs: 87,00 Euro
BASF
Jedes Jahr mehr Geld
Der Chemiekonzern hat seine Dividendenpolitik im vergangenen Jahr verschärft: Die Ausschüttung soll ab jetzt möglichst jedes Jahr steigen. Analysten erwarten für die beiden kommenden Jahre leichte Aufschläge von jeweils zehn Cent. Die Dividendenrendite der Aktie liegt deutlich über DAX-Niveau. Da das Chemiegeschäft stark von der Konjunkturlage abhängt, müssen sich Anleger bei BASF aber auf stärkere Kursschwankungen einstellen.
Empfehlung: Kaufen
Kursziel: 240,00 Euro
Stoppkurs: 169,00 Euro
Siemens
Besser als der DAX
Der Industrieriese ist einer der zuverlässigsten Dividendenzahler in Deutschland. Die Ausschüttung ist seit mehr als 25 Jahren nicht gekürzt worden, in sieben der letzten zehn Jahre gestiegen. Für das laufende Geschäftsjahr erwarten Analysten einen Aufschlag von zehn Cent auf 3,90 Euro je Aktie. Da Siemens Anfang Februar ausschüttet, können Anleger mit dem Papier ihre Einkünfte zeitlich etwas strecken. Die Dividendenrendite der Münchner liegt leicht über DAX-Niveau.
Empfehlung: Kaufen
Kursziel: 125,00 Euro
Stoppkurs: 87,00 Euro