Der "German Mittelstand" ist weltweit zum Synonym für erfolgreiche Nischenplayer geworden. Familienbande spielen dabei eine tragende Rolle. 90 Prozent aller privaten Unternehmen, so das Ergebnis einer Studie, die von der Stiftung Familienunternehmen mit dem Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung und dem Institut für Mittelstandsforschung in Mannheim durchgeführt wurde, befanden sich 2015 in Familienbesitz.

Und eine Studie der Credit Suisse listet weltweit 920 familiengeführte Unternehmen in 35 Ländern mit einem Börsenwert von mehr als einer Milliarde US-Dollar auf. 64 Prozent dieser Firmen sind mittlerweile in asiatischen Schwellenländern wie China, Südkorea oder Indien zu Hause.

Beständiger Wandel



Der Mittelständler USU Software ist das klassische Beispiel eines familiengeführten Nischenplayers, der sich im Höhenflug befindet und sich auch in Abschwungphasen gut schlägt. Software über die Datenwolke zu vermieten ist ein lukratives Geschäft. Allein von 2013 bis 2016 schnellte der operative Gewinn um mehr als das Dreifache nach oben. Und bis 2019 erwarten die Analysten eine weitere Verdopplung. Auch Anleger haben jede Menge Spaß mit dem IT-Dienstleister aus dem schwäbischen Möglingen: Seit 2013 hat sich der Aktienkurs fast verfünffacht.

Mehrheitsaktionär Udo Strehl verdient dabei kräftig mit. Der gelernte Bankkaufmann, der in den 70er-Jahren zum Programmierer umschulte, gründete das Unternehmen im Oktober 1977. Sein Erfolgsrezept: "Nur wer sich ändert, bleibt." Und dazu gehört neue Trends - wie das Cloud-Computing - früh genug erkennen. Diese Firmenphilosophie hat USU auch beibehalten, seit Mehrheitseigner Strehl 2004 in den Aufsichtsrat wechselte. Und sie steht beinahe exemplarisch für gut geführte Familienunternehmen - nicht nur für mittelständische. Auch ein Drittel aller DAX-Konzerne ist in Familienhand. Dazu zählen die Autobauer VW und BMW mit den Familien Porsche und Quandt.

Weitere bekannte Firmen, in denen die Gründer auf der Kommandobrücke stehen, sind der Autovermieter Sixt oder die Optikerkette Fielmann. Europaweit gibt es knapp 900 börsengelistete Familienunternehmen, darunter prominente Namen wie die Hayeks beim Schweizer Uhrenhersteller Swatch oder die Familien Pinault und Arnault bei den französischen Luxuskonzernen Kering und LVMH.

Das größte Renditepotenzial versprechen aus Anlegersicht jedoch die eher unbekannteren Nebenwerte wie USU Software. "Die Wachstumsopportunitäten von Nischenplayern werden unterschätzt, unter anderem auch deshalb, weil niedriger kapitalisierte Firmen häufig unter dem Radar vieler Analysten verschwinden", erläutert Fondsmanagerin Birgitte Olsen von Bellevue Asset Management. "Wir sehen uns gerne Unternehmen an, deren Potenzial vom breiten Markt noch nicht erkannt wird. Dieser Fall trifft zu, wenn Gewinn- und Cashflow-Komponenten zu niedrig eingestuft werden und die Bewertung auf KGV-Basis somit optisch zu hoch erscheint."



Auf Seite 2: Hidden Champions





Hidden Champions



Familienunternehmer binden ihr Kapital in ihrem Lebenswerk. Deshalb denken sie bei ihrer strategischen Ausrichtung in Generationen. "Entscheidend ist das langfristige Wertschöpfungspotenzial, einzelne Quartalsergebnisse spielen bei den Investmententscheidungen nur eine untergeordnete Rolle", erklärt Friedrich Diel, Fondsmanager bei Frankfurt-Trust. "Wir investieren bevorzugt in Unternehmen, die wir als Könige in ihrer Marktnische identifizieren."

Bei diesen Hidden Champions handelt es sich meistens um Marktführer aus dem Mittelstand, insbesondere im Konsumgüterbereich und in den einzelnen Industriesektoren. Ivan Bouillot, Portfoliomanager bei der Banque de Luxembourg, ist sogar bereit, eine Bewertungsprämie zu zahlen, wenn einzelne Firmen mit Premiumprodukten eine Top-Position in ihren Zielmärkten besetzen. Zu den Qualitätsmerkmalen von kaufenswerten Aktien zählt ein kontinuierliches Umsatzwachstum, das von neuen Produkten und weniger von Zukäufen herrührt. Ein weiteres Gütesiegel ist die im jeweiligen Branchenvergleich hohe operative Marge, das Ganze garniert mit einem überdurchschnittlich hohen Cashflow und einer hohen Kapitalrendite. Und weil Gründerfamilien ihr Kapital direkt in weiteres Wachstum investieren, sind diese Firmen von externen Kreditgebern eher unabhängig und teilweise sogar schuldenfrei.

Im Rahmen der Nachfolgeregelung hat mittlerweile zwar eine wachsende Zahl von externen Managern das Steuer übernommen. Doch in solchen Fällen gestalten die Gründerfamilien das operative Geschäft meist über Aufsichtsrat und Aktienpakete weiter mit. 25 Prozent der Stimmrechte gelten unter Finanzexperten als kritische Schwelle, um wichtige Entscheidungen zum künftigen Kurs des Unternehmens maßgeblich zu beeinflussen.

Auf den Seiten 3-10 stellen wir Ihnen acht spannende Nischenplayer näher vor: Das Spektrum reicht von bekannten globalen Marken wie Swatch oder Heineken bis hin zu eher unbekannten Überfliegern wie USU Software.





F.i.l.a.-Aktie: Hohe Erträge zeichnen sich ab



Schreibwaren haben im digitalen Zeitalter kaum Wachstumschancen - möchte man meinen. Die F.I.L.A. Group (Fabbrica Italiana Lapis ed Affini), zu der auch der fränkische Bleistifthersteller Lyra gehört, beweist das Gegenteil.

Die Mailander Firma ist in den vergangenen Jahren mit einem Mix aus organischem Wachstum und Zukäufen zu einem führenden internationalen Spezialisten für Stifte, Malfarben und Zeichenpapier avanciert. Die Marken und Produkte der übernommenen Firmen wurden erfolgreich integriert.

Knapp die Hälfte der Konzernerlöse erzielt F.I.L.A. in Europa, weitere 30 Prozent in Nordamerika. Nach den Investitionen der vergangenen Jahre will F.I.L.A. in den nächsten Jahren auf der Ertragsseite durchstarten.

Das Unternehmen ist quasi schuldenfrei. Zwischen 2016 und 2019 soll sich der Konzerngewinn nach Konsensschätzungen auf 46,8 Millionen Euro mehr als verdoppeln. Das lässt der Aktienbewertung weiter Spielraum nach oben.





Heineken-Aktie: Breites Sortiment an starken Marken



Beim weltweit zweitgrößten Bierbrauer sorgt vor allem das starke Asien-Geschäft im Verbund mit dem Hauptabsatzmarkt Westeuropa für steigende Renditen. Mit einem breiten Sortiment aus globalen Premiummarken und lokalen Biersorten stemmt sich Heineken erfolgreich gegen den Preisdruck im globalen Wettbewerb.

Das Zahlenwerk fürs erste Halbjahr toppte die Erwartungen. Während der Umsatz um 5,7 Prozent auf 10,5 Milliarden Euro zulegte, verbesserte sich das um Sondereffekte bereinigte operative Ergebnis organisch um 11,8 Prozent auf 1,8 Milliarden Euro.

Für die nächsten beiden Jahre erwarten die meisten Analysten, dass Heineken beim operativen Ergebnis stärker wächst als beim Umsatz. Die Konsensschätzungen gehen von einer Steigerung der operativen Marge von 11,6 auf 14,9 Prozent aus. Damit liegt Heineken immer noch weit hinter den 29 Prozent, die Erzrivale Anheuser-Busch InBev als globale Nummer 1 zuletzt einfuhr. Im Gegenzug ist die Heineken-Aktie mit einem 2018er-KGV von 20 günstiger bewertet.





Henkel Vz.-Aktie: Saubere Rendite, gute Einstiegskurse



Die Aktie des Waschmittel- und Kosmetikkonzerns hat in den letzten zwei Monaten rund 15 Prozent an Wert eingebüßt und bietet jetzt wieder ein attraktives Einstiegsniveau.

Insbesondere der verhaltene Ausblick bei Vorlage der Halbjahreszahlen hat etliche Börsianer verunsichert. Als Risikofaktor ausgelegt werden in diesem Umfeld die Währungsschwankungen, die sich aus den international breit gestreuten Absatzmärkten ergeben.

Antizyklisch orientierte Anleger setzen jetzt auf das positive Überraschungspotenzial im Jahresverlauf. Für Henkel spricht das breite Markenportfolio. Dazu werden sich jetzt die Synergieeffekte aus der 2016 zugekauften US-Firma Sun Products positiv bemerkbar machen. Dank der Akquisition ist Henkel in Nordamerika zum zweitgrößten Hersteller für Wasch- und Reinigungsmittel aufgestiegen. Gelingt die Integration, kann Henkel noch kostengünstiger produzieren. Langfristig orientierte Anleger bauen erste Positionen auf.





Hornbach Baumarkt-Aktie: Auf weiteres Wachstum bauen



Für den Bau- und Gartenmarktbetreiber aus Landau/Pfalz ist das am 28. Februar endende Geschäftsjahr 2017/18 optimal angelaufen. Hornbach Baumarkt gehört zu den führenden Anbietern in Europa und betreibt über 150 großflächige Bau- und Gartenmärkte in neun Ländern Europas.

Das trockene Frühlingswetter hat die deutschen Heimwerker offenbar motiviert, auch das Auslandsgeschäft kommt wieder auf Touren. In den vergangenen fünf Jahren ist Hornbach Baumarkt bei den Umsätzen kontinuierlich gewachsen, und auch beim Nettoumsatz pro Quadratmeter steht Hornbach vor Wettbewerbern wie OBI oder Bauhaus.

Zugleich greifen auf der Ertragsseite jetzt die letztes Jahr eingeleiteten Kostensenkungen. Ganz oben steht das Unternehmen, bei dem die Familie Hornbach in der Konzernleitung und im Aufsichtsrat das Zepter führt.

Untermauern die nächsten Quartalszahlen, die Hornbach am 28. September vorlegen wird, diesen Aufwärtstrend, sollte das auch den Aktienkurs beflügeln. Aktuell notiert das Papier nahe dem Buchwert.





Sto SE Vz.-Aktie: Starkes Fundament für Kurssteigerungen



Der Hersteller und Lieferant von Farben, Verputzmaterialien und Wärmedämmungen für Gebäudefassaden befindet sich nach einem zweijährigen Durchhänger wieder im Aufwind. Weil das anhaltende Niedrigzinsumfeld vor allem Neubauten als neuen Wohnraum begünstigt, war der Umsatz mit Wärmedämmungen bei Gebäudesanierungen abgesackt.

Sto SE hat darauf mit einem Sparprogramm reagiert. Zugleich hat sich das Geschäft im Frühjahr witterungsbedingt belebt.

Für das Gesamtjahr erwartet das Management ein Umsatzplus von drei Prozent auf gut 1,3 Milliarden Euro. Der operative Gewinn soll sich nach den 70,3 Millionen Euro in einer Bandbreite von 80 bis 90 Millionen Euro bewegen.

Bewertungstechnisch lässt dies der im geregelten Markt gelisteten Aktie reichlich Spielraum, um ihren in diesem Jahr eingeschlagenen Erholungskurs fortzusetzen. Ein weiterer Pluspunkt aus Anlegersicht ist die üppige Dividendenrendite.





Swatch Group-Aktie: Auf Wachstum eingestellt



Luxussteuer in China, der starke Schweizer Franken und die Konkurrenz durch neue hippe Marken wie die Apple Watch - der Schweizer Uhrenhersteller Swatch mit seinen Luxusmarken Omega, Blancpain und Tissot hatte zuletzt mit Problemen an verschiedenen Fronten zu kämpfen.

Firmenchef Nick Hayek hat sich davon nicht beirren lassen und an der bisherigen Strategie festgehalten. Will heißen: Swatch bleibt in allen Preissegmenten präsent und will laut Hayek bei den Smartwatches "das Telefon nicht in die Uhr bringen".

Die jüngste Entwicklung gibt ihm Recht. Die Uhrenverkäufe in China und Hongkong wachsen in diesem Jahr wieder deutlich zweistellig. Und die Juli-Zahlen für die Schweizer Uhrenexporte belegen im dritten Monat in Folge einen deutlichen Zuwachs.

Nach einem starken ersten Halbjahr sollten etliche neue Produkte bis zum Jahresende für einen erneuten Ertragsschub sorgen. Für die nächsten zwei Jahre dürfte Swatch im Schnitt ein Gewinnplus von 30 Prozent erreichen. Da sollten Anleger mitverdienen.





USU Software-Aktie: Ein breiter Mix an Erfolgsprogrammen



Die schwäbische Softwarefirma besetzt einige Marktnischen. Im sogenannten Knowledge Business ist USU europaweit die Nummer 1. Diese Software ermöglicht es Firmen, ihre internen Ressourcen und Dokumente für schnelle Zugriffe aufzubereiten.

Gezielte Zukäufe ergänzen bei USU das organische Wachstum. Jüngster Coup war die Akquisition der französischen Firma Easytrust. Deren Produkte erleichtern die automatische Erkennung von Hard- und Software im Oracle-Umfeld.

Easytrust füllt bei USU damit eine Lücke im Software-Assetmanagement, also in der Dokumentation aller Lizenzen für Softwareprogramme und Apps, die sich im Laufe der Jahre im Netzwerk einer Firma ansammeln. Dazu will USU die Vertriebsaktivitäten in Europa und den USA verstärken.

Am Gewinnsprung, der bis 2019 erwartet wird, verdienen Aktionäre kräftig mit. Gut die Hälfte seiner Gewinne schüttet das Unternehmen als Dividende aus.





Vidrala-Aktie: Glasklare Chance auf höhere Kurse



Die iberische Halbinsel ist reich an Hidden Champions wie dem baskischen Hersteller von Glasflaschen. Weil die Abnehmermärkte weitgehend unabhängig von konjunkturellen Schwankungen wachsen, eignet sich die spanische Firma als defensives Investment.

Vidrala beliefert die Getränke- und Lebensmittelindustrie - und schafft es auch bei stagnierenden Umsätzen, die Margen weiter zu steigern. So auch im ersten Halbjahr 2017. Hier verbesserten sich die Erlöse währungsbereinigt um zwei Prozent auf 400,5 Millionen Euro. Der operative Gewinn legte auf Ebitda-Basis um 12,2 Prozent auf 96 Millionen Euro zu.

Unterm Strich schnellte der Konzerngewinn um ein Drittel auf 45,4 Millionen Euro. Seine Schulden hat Vidrala kontinuierlich abgebaut. Für 2017 sollte ein Gewinnplus von über 20 Prozent in die Bücher laufen.

Die Kursgewinne von 40 Prozent seit Jahresanfang sind daher wohl noch nicht das Ende der Fahnenstange. Wegen der niedrigen Liquidität sollten Anleger, wenn möglich, besser an der Börse Madrid ordern.