Eigenartig, wenn ausgerechnet eine Krise für Erholung sorgt. Beim Medizin- und Sicherheitstechnikhersteller Drägerwerk ist genau das der Fall. Qualitativ hochwertiger Atemschutz ist wegen Corona stark gefragt. Die Lübecker bauen deshalb ihre Kapazitäten zur Herstellung von Atemmasken der Qualitätsstufen FFP2 und FFP3 - das Kürzel steht für "Filtering Face Piece" - weiter aus. Der bestehende Standort für FFP-Produkte in Schweden wird erweitert, künftig sollen dort mehr als doppelt so viele Masken produziert werden. Zusätzlich soll im Elsass eine neue Fertigungsstätte entstehen, die ganz Europa beliefern soll.

"Wir gehen davon aus, dass die Nachfrage nach leichtem Atemschutz langfristig höher sein wird", sagt Rainer Klug, für Sicherheitstechnik zuständiger Vorstand. Bei den Investitionen ist von einem niedrigen zweistelligen Millionen-Euro-Betrag die Rede. Man habe eine "sehr enge und konstruktive Zusammenarbeit" mit den französischen Behörden, das habe die Entscheidung zugunsten des Standorts im Elsass erleichtert.

Auch in der Medizintechnik, dem zweiten großen Bereich, profitiert Drägerwerk von den erhöhten Anforderungen an die Gesundheitssysteme. Nicht zuletzt dank eines Großauftrags aus Berlin schnellte der Auftragseingang im ersten Quartal um fast 120 Prozent nach oben. Die Bundesregierung bestellte 10.000 klinische Beatmungsgeräte, die in der Intensivmedizin eingesetzt werden können. Hier sei man etwa auf ein Jahr ausgebucht, heißt es von Drägerwerk. Die Produktion soll noch in diesem Jahr vervierfacht werden.

Sonderkonjunktur hilft

Der Rückenwind kommt wie gerufen. Die vergangenen Jahre waren für das Familienunternehmen nicht leicht. 2016 wurde nach Verlusten das Sparprogramm "Fit for growth" aufgelegt. Neben Werksschließungen in den USA brachte es schmerzhafte Einschnitte auch am Stammsitz in Lübeck. Die Gewinne stiegen aber nur kurz, der Aktienkurs bewegte sich mehr nach Süden denn nach Norden.


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Im vergangenen Sommer startete Chef Stefan Dräger zur Sicherung der Liquidität die nächste Offensive zur Senkung der Kosten. 120 Millionen Euro sollen bis 2023 eingespart werden. Betriebsbedingte Kündigungen soll es nicht geben, Arbeitnehmer verzichten dafür auf Tariferhöhungen. Die operative Gewinnmarge bleibt indes vorerst bescheiden. 2019 lag sie bei 2,4 Prozent, 2020 soll sich die Kennziffer in einem Korridor zwischen einem und vier Prozent bewegen.

Im Nachhinein erweist sich die moderate Herangehensweise bei der Personalpolitik dennoch als Glücksfall. So ist genügend Manpower vorhanden, um die durch Corona ausgelöste Auftragsflut zu bewältigen.

Die Prognosen des Unternehmens bleiben noch vorsichtig. Dräger rechnet für das laufende Jahr mit einem Umsatzwachstum von einem bis vier Prozent. Analysten gehen von einem leichten Gewinnrückgang aus. Doch womöglich gelingt den Lübeckern hier eine positive Überraschung.

Schub: Ein Hoch erreichte die Aktie in der Corona-Krise. Inzwischen ist die Euphorie etwas abgeebbt. Mutige steigen ein.

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