Ob diese sogenannten Targeted Long Term Refinancing Operations (TLTROs) ein Erfolg werden und EZB-Präsident Mario Draghi nach den beiden eine Billion Euro schweren Geldspritzen vor drei Jahren nun eine neue wirkungsvolle "Dicke Bertha" abfeuert, ist für manche Analysten keineswegs eine ausgemachte Sache. Nicht wenige rechnen mit eher verhaltener Nachfrage der Institute. Ein Volumen von nur um die 100 Milliarden Euro wäre wohl auch für Draghi selbst eine herbe Enttäuschung.

Mit ihren TLTROs will die Euro-Notenbank die Geldinstitute flüssig halten und die auslaufenden Dreijahreskredite ersetzen, die Draghi 2011/2012 auf dem Höhepunkt der Staatsschuldenkrise in Anlehnung an ein deutsches Kriegsgeschütz "Dicke Bertha" getauft hatte. Sie sind so gestaltet, dass Banken nur dann das ultrabillige Geld der EZB für vier Jahren zum Minizins behalten dürfen, wenn sie mehr Kredite vergeben als zuletzt. Dabei reicht rechnerisch schon ein Euro mehr. Das Kalkül der Europäischen Zentralbank (EZB): Sie gibt den Bankern Liquidität, mit der sie auch zu ihrem eigenen Vorteil spekulieren dürfen, so lange sie zugleich einen Teil davon als neue Kredite an Mittelständler in den 18 Euro-Ländern weiterreichen.

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MACHEN DIE BANKEN MIT?

Machen die Kreditinstitute mit, schlägt die EZB zwei Fliegen mit einer Klappe: mehr Kredite und liquidere Banken. Aber machen sie auch mit? Um den Bankern die ganze Sache noch schmackhafter zu machen, haben Draghi & Co. im September ihren Leitzins auf ein neues Rekordtief gesenkt: 0,05 Prozent. Damit kosten die TLTROs die Institute nur noch 0,15 Prozent sicher für bis zu vier Jahre und zwar - und das ist der Clou - egal wie stark der Leitzins und damit der offizielle Preis des Geldes in der Zwischenzeit auch steigen mag. "Jetzt lohnt es sich nicht mehr auf noch niedrigere Zinsen zu spekulieren, was die Nachfrage vor allem beim ersten und zweiten TLTRO im September und im Dezember hätte reduzieren können", sagt Ökonom Rainer Guntermann von der Commerzbank.

Im Schnitt rechnen Bankenvolkswirte damit, dass sich die Institute in der Euro-Zone zunächst 150 Milliarden Euro bei der EZB abholen. Manche sind weniger optimistisch: Die Commerzbank, aber auch beispielsweise die französische Großbank BNP Paribas, rechnen lediglich mit 100 Milliarden Euro. Draghi selbst hatte die Höchstsumme der ersten beiden TLTROs auf 400 Milliarden Euro geschätzt. Insgesamt will die EZB durch ihre Geldspritzen bis zu 850 Milliarden Euro in die Wirtschaft pumpen, denn auf die beiden TLTROs in diesem Jahr folgen 2015 und sogar noch 2016 weitere Salven der "Dicken Bertha".

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DIE HAKEN BEI DER SACHE

Doch die Sache hat mehrere Haken: Durch das Anfang September von der EZB selbst für nächsten Monat angekündigte Kaufprogramm für Pfandbriefe und Kreditverbriefungen dürfte die überschüssige Liquidität im Finanzsystem auf mittlere Sicht stärker steigen als von den Instituten kalkuliert. Da es für Banken teuer ist Geld zu halten, dürfte umgekehrt die Nachfrage nach den TLTROs, also zusätzlichem Geld, geringer ausfallen. Zudem sind grosso modo die Renditen für Staatsanleihen gesunken. Es besteht also wenig Anreiz für die Banker mit dem Geld vergleichsweise sichere Spekulationsgeschäfte einzugehen, wie sie es vielfach vor drei Jahren mit den damals verteilten EZB-Milliarden gemacht haben. Und zuletzt dürften wegen der mauen Konjunkturaussichten viele Institute ihre Erwartungen an die eigene Kreditvergabe senken, weshalb sie weniger EZB-Geld brauchen.

Es besteht also die Gefahr, dass Draghis neue "Dicke Bertha" dieses Mal nicht trifft. Die Rating-Agentur Fitch glaubt zwar, dass die Nachfrage nach frischem Geld durchaus hoch sein dürfte, gerade auch in Italien, Portugal, Griechenland und Spanien und damit genau dort, wo die EZB das Geld hinhaben will. Fitch-Analyst Fabio Ianno erwartet allerdings nicht, dass substanziell mehr Kredite fließen, weil die Institute dort aus Angst, sich wegen der schwachen Konjunktur neue faule Kredite auf die Bilanz zu nehmen, den Hahn geschlossen halten dürften. "Ich denke dass das Geld nicht in die Wirtschaft fließt. Man kann den Banken Liquidität geben soviel man will, wenn sie am Ende nichts davon verleihen."

Reuters