Bundesbank-Vizechefin Buch hat vor neuen Risiken im Finanzsystem und Kurseinbrüchen an den Börsen gewarnt. Auf was Anleger jetzt achten müssen und ob ein neuer Banken-Crash droht.

Mit dem Rückenwind höherer Notenbank-Zinsen haben die europäischen Geldhäuser in diesem Jahr Rekordergebnisse eingefahren. An der Börse konnten Überflieger wie Unicredit damit sogar die lange überlegene US-Konkurrenz in den Schatten stellen. Auch hierzulande glänzten Deutsche Bank und Commerzbank mit Milliardengewinnen, angetrieben vor allem von sprudelnden Zinsüberschüssen.

Doch auf die ausgelassene Banken-Party könnte schon bald der große Kater folgen: Die Deutsche Bundesbank hat in ihrem Finanzstabilitätsbericht nicht nur vor wieder steigenden Zinskosten gewarnt, sondern auch vor stillen Lasten in den Bilanzen der Geldhäuser.

Doch zunächst stellt die Bundesbank dem deutschen Finanzsystem erst einmal gute Noten aus. Die Institute hätten hätten den starken Zinsanstieg im Euroraum seit Frühjahr 2022 bislang gut verkraftet. Die Europäische Zentralbank (EZB) hatte in diesem Zeitraum die Leitzinsen zehn Mal in Folge angehoben auf das inzwischen höchste Niveau seit Beginn der Währungsunion 1999.

Korrekturen an den Börsen

Allerdings seien die Auswirkungen der höheren Zinsen in ihrer ganzen Bandbreite noch nicht vollständig eingetreten, warnte Bundesbank-Vizepräsidentin Claudia Buch in dem Bericht. „Das Bild ist gemischt“ sagte die designierte Chefin der EZB-Bankenaufsicht und verwies unter anderem auf die Konjunkturrisiken, die beispielsweise auch zu Korrekturen an den Börsen und entsprechenden Wertverlusten führen könnten. Die Branche stehe vor steigendem Zinsaufwand und könnte auch stille Lasten in ihren Büchern mit sich herumtragen. „Insgesamt wäre es verfrüht, Entwarnung zu geben“, so Buch.

Vor allem könnten die stark gestiegenen Zinsüberschüsse nicht in die Zukunft fortgeschrieben werden. So sind zuletzt die Zinseinnahmen aus der Kreditvergabe stark gestiegen, während die Verzinsung der Kundeneinlagen langsamer anstieg. Auch dieser Effekt hat die Margen zuletzt deutlich angetrieben.

Derzeit sei die Kapitalausstattung der Banken stabil. Doch künftig könnte es zu neuen Belastungen bei der Profitabilität der Geldhäuser kommen, warnte Buch. Durch Neubewertungen aufgrund des Zinsanstiegs seien bereits bilanzielle Verluste bei Finanzinstituten entstanden, die bislang durch Auflösung stiller Reserven aufgefangen werden konnten.

Das Finanzsystem bliebe verwundbar gegenüber Schocks, lautet ein Fazit der Bundesbank-Vizechefin. Die Banken sollte die hohen Gewinne dazu nutzen, sich widerstandsfähiger aufzustellen. Dazu zähle nicht nur der Aufbau von Kapital, sondern beispielsweise auch Investitionen in die IT-Infrastruktur als Schutz vor Cyberrisiken.


Fazit: Höhere Risiken auch bei Deutscher Bank und Commerzbank

Müssen sich jetzt auch Aktionäre von Deutscher Bank und Commerzbank warm anziehen? Die beiden Geldhäuser sind beim Konzernumbau eigentlich gut vorangekommen. Die Institute sind jetzt deutlich krisenfester als noch vor zwei oder drei Jahren aufgestellt und profitieren im Geschäft von den hohen Zinsen. Grundsätzlich bleiben Bankaktien aussichtsreiche Investments. Allerdings sollten Anleger einige Risiken im Auge behalten. Das gilt vor allem für die Entwicklung der Zinsüberschüsse in den kommenden Quartalen, die nicht mehr so üppig ausfallen dürften wie bisher.

Daneben gibt es aber auch konjunkturelle Risiken, die sich beispielsweise im Firmenkundengeschäft der Commerzbank über höhere Kreditisikovorsorge niederschlagen könnten. Das schmälert künftige Erträge und könnte auch zu Gewinneinbrüchen führen. Die Bank ist schließlich der größte Mittelstandsfinanzierer in Deutschland. Die Deutsche Bank wiederum muss weiterhin darauf achten, dass die Kostenentwicklung nicht aus dem Ruder läuft – eine große Schwachstelle beim Branchenprimus. Sie hatte zuletzt zudem mit imageschädigenden Skandalen im Fondsgeschäft der Tochter DWS zu kämpfen (Hohe SEC-Strafen nach Greenwashing-Vorwürfen). Auch die schlagzeilenträchtigen Kontopannen bei der Tochter Postbank hängen ihr nach. Kriegt sie diese Compliance-Probleme nicht in den Griff, könnte das auch die Kursentwicklung empfindlich belasten, wie sich bereits gezeigt hat.


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Hinweis auf Interessenkonflikte
Der Vorstandsvorsitzende und Mehrheitsinhaber der Herausgeberin Börsenmedien AG, Herr Bernd Förtsch, ist unmittelbar und mittelbar Positionen über die in der Publikation angesprochenen nachfolgenden Finanzinstrumente oder hierauf bezogene Derivate eingegangen, die von der durch die Publikation etwaig resultierenden Kursentwicklung profitieren können: Commerzbank.