Frankreichs Außenminister Laurent Fabius regte wie der europäische Fußballverband Uefa eine Verschiebung der Abstimmung an. Langjährige Sponsoren äußerten teils scharfe Kritik, allen voran der US-Kreditkarten-Konzern Visa, der mit einem Ende seiner Geschäftsbeziehung drohte. Unterstützung erhielt Blatter am Donnerstag von Russlands Präsident Wladimir Putin, der die Ermittlungen als Versuch der USA kritisierte, eine Wiederwahl des 79-Jährigen zu verhindern. Blatter selbst mied die Öffentlichkeit den zweiten Tag in Folge.

Der Schweizer tritt am Freitag in Zürich, dem Sitz der Fifa-Zentrale, für eine fünfte Amtszeit an. Einziger Gegenkandidat ist der jordanische Prinz Ali Bin Al-Hussein. Blatters Wiederwahl galt als sicher - zumindest bis Mittwochmorgen, als auf Ersuchen der New Yorker Staatsanwaltschaft Fahnder in Zürich sieben Fifa-Spitzenfunktionäre wegen Korruptionsvorwürfen festnahmen. Darunter sind mit Jeffrey Webb und Eugenio Figueredo zwei Blatter-Stellvertreter. Blatter selbst wird laut US-Justizministerin Loretta Lynch gegenwärtig nichts vorgeworfen. Ob er auch Ziel der US-Ermittlungen sei, wollte sie nicht sagen.

Die US-Behörden gehen davon aus, dass mehr als 150 Millionen Dollar Bestechungsgelder geflossen sind. Sie fordern die Auslieferung der Festgenommenen. Parallel hat die Schweizer Justiz eigene Ermittlungen eingeleitet. Dabei geht es um Unregelmäßigkeiten bei der umstrittenen Vergabe der Weltmeisterschaften 2018 und 2022 an Russland und Katar.

Geprüft wird nach US-Angaben auch die Rolle namhafter Großbanken. Es werde untersucht, ob ihnen bewusst gewesen sei, dass sie beim Waschen von Schmiergeld geholfen hätten. Aus den USA stehen JPMorgan, Citigroup und Bank of America im Fokus der Behörden, aus Großbritannien Barclays, HSBC und die Republic Bank. Gegen keines der Institute gebe es bislang aber irgendwelche Anschuldigungen.

"EIN DESASTER"

Top-Sponsor Visa erklärte, er sei zutiefst enttäuscht. Sollte die Fifa die Vorwürfe nicht umgehend intern angehen, werde der Konzern die Sponsorenbeziehungen "neu bewerten". Sportartikelhersteller Nike zeigte sich besorgt über die "sehr ernsten Vorwürfe". Adidas mahnte bereits am Mittwoch zu sauberen Geschäften.

Großbritanniens Außenminister Philip Hammond sagte der BBC, bei der Fifa laufe etwas "zutiefst verkehrt". Eine Reform sei nötig. Sein französischer Kollege Fabius sagte dem Radiosender France Inter, es biete sich derzeit ein "desaströses Image". Man sollte sich etwas Zeit nehmen und klären, "was stimmt und was nicht". Eine Verschiebung der Präsidentenwahl erscheine sinnvoll. Das forderte auch die Uefa.

Der asiatische Verband AFC lehnte dies ab. Die Vorgänge am Mittwoch seien traurig, aber das dürfe nichts daran ändern, dass die Wahl am Freitag abgehalten werde. Der Verband, der 47 Nationen in der Fifa repräsentiert, bekräftigte seine Unterstützung für Blatter. Putin sagte, die Festnahmen seien nichts anderes, als ein weiterer unverhohlener Versuch der USA, ihren Einflussbereich auf andere Staaten auszuweiten, in denen sie juristisch nicht zuständig seien. Blatter habe Russlands Rückendeckung.

Vom Fifa-Chef selbst fehlte auch am Donnerstag jede Spur. Am Mittwochabend beteuerte er in einer Erklärung auf der Internetseite des Verbands, er sei entschlossen, "jedes Fehlverhalten im Fußball auszurotten".

Blatter und die Fifa sehen sich seit Jahren mit Vorwürfen konfrontiert, dass es hinter den Kulissen des mächtigen Verbands nicht mit rechten Dingen zugeht. Daran änderte auch nichts, dass die Ethikkommission der Fifa im vergangenen November Russland und Katar vom Vorwurf der Korruption bei der WM-Vergabe freisprach. Nach den Festnahmen kochte die Kritik an der Fifa-Spitze massiv hoch. "Sie hassen Fußball, sie hassen Transparenz. Es reicht mit den zwielichtigen Geschäften, es reicht mit den Lügen gegen das Volk", sagte Argentiniens Fußballlegende Diego Maradona. Ähnliche Kommentare fanden sich in zahlreichen Beiträgen in Online-Netzwerken.

Reuters