BÖRSE ONLINE: Welche Fragen sollten bei den Fusionsverhandlungen am dringendsten geklärt werden?
Klaus Nieding: Die Frage nach dem wirtschaftlichen Sinn einer solchen Fusion. Nur weil sich zwei Lahme zusammentun, entsteht daraus noch kein olympiatauglicher Leichtathlet. Die Folge einer solchen Fusion wäre - da beide Banken erhebliche Überlappungen haben - Kostensynergien auf Kosten der Belegschaften. Dass sich mit Olaf Scholz ausgerechnet ein sozialdemokratischer Finanzminister für ein solches Projekt einsetzt, hat schon einen besonderen Geschmack.
Könnten denn beide Banken zusammen den Wettbewerbern nicht besser Paroli bieten als alleine?
Nein, die Banken würden sich die nächsten drei bis fünf Jahre mit sich selbst beschäftigen, ohne dass auch nur die Aussicht besteht, dass man international wirklich in die Nähe der Spitzenwettbewerber käme.
Ist jetzt mit einer milliardenschweren Kapitalerhöhung zu rechnen?
Das kann die Folge eines Scheiterns solcher Gespräche sein.
Für wie wahrscheinlich halten Sie es denn, dass der Deal noch scheitert?
Aus meiner Sicht erwarte ich, dass die Gespräche tatsächlich scheitern. Die Wahrscheinlichkeit liegt meines Erachtens bei über 90 Prozent.
Was bedeuten die Fusionsgespräche für die Aktionäre von Deutscher Bank und Commerzbank?
Die Fusionsgespräche bedeuten zunächst Unsicherheit und erhöhte Volatilität im Kurs.
Wie sollten Aktionäre jetzt reagieren?
Aktionäre sollten die Entwicklung sehr genau beobachten. Es kann sein, dass die Kurse - je nach Fortgang der Gespräche - steigen oder fallen und demzufolge erhöhte Nervosität im Kurs ist. Davon sollte man sich nicht beeinflussen lassen.