Ein heimlicher Weltmarktführer wird auf Rendite getrimmt. Unter der Regie des schwäbischen Lackieranlagenspezialisten Dürr läuft seit Juli der groß angelegte Umbau des Holzverarbeitungsmaschinen-Herstellers Homag. Dürr, selbst auch Weltmarktführer in einer Nische - Lackieranlagen für die Autobranche -, will die operative Rendite der Firma aus dem Schwarzwald bis 2020 von fünf auf acht bis zehn Prozent verbessern. Primus Homag kontrolliert aktuell 30 Prozent des globalen Markts für Holzverarbeitungsanlagen. Um die Schwarzwälder innerhalb der Dürr- Gruppe als eigenen Bereich zu integrieren, hält der Autozulieferer aus Bietigheim-Bissingen aktuell 56 Prozent der Aktien und 78 Prozent der Stimmrechte.

Dürrs Finanzchef Ralph Heuwing (49) war parallel zu seinem Job acht Monate im Homag-Vorstand und wird die Firma bis Ende September zusammen mit Pekka Paasivaara führen. Der Finne mit Erfahrung in Maschinenbau und Automatisierung ist seit 15. Juni neuer Homag-Chef.

Börse Online: Herr Heuwing, was kann Anlagenbauer Homag von Dürr, Spezialist für Lackieranlagen, übernehmen?
Ralph Heuwing: Zum Beispiel die Erfahrung bei der Abwicklung großer Projekte, die wir während der vergangenen zehn Jahre deutlich professionalisiert haben. Auch bei der Expansion in großen Märkten wie China und den USA sowie der Lokalisierung von Produktion und der Entwicklung hat Dürr große Erfahrung. Und schließlich haben wir mit Standardisierung, Modularisierung und Prozessoptimierung Dürrs Effizienz und damit auch die Gesamtprofitabilität stark verbessert. All dies sind Themen, bei denen die Zusammenarbeit zwischen Homag Group und Dürr Nutzen bringen wird.

Was bedeutet das im Projektgeschäft?
Bei großen und komplexen Projekten ist es besonders wichtig, dass Termine und Budgets eingehalten werden und die technischen Spezifikationen erreicht werden. Im Markt für komplexe Anlagen ist die Homag Group heute bereits sehr erfolgreich, aber das Ergebnis der Gruppe aus diesem Geschäft ist bisher noch sehr unbefriedigend.

Wodurch?
Durch Verzug und Nacharbeiten, aber auch durch ungenaue Dokumentation von Kundenerwartungen zu Projektbeginn. Die Folge ist, dass zum Teil erst bei Inbetriebnahme und Hochfahren der Anlage erkannt wird, dass Kunde und Lieferant unterschiedliche Erwartungen hatten. Dann wird es für Homag teuer, die Vorstellungen der Kunden nachträglich zu erfüllen. Wir erwarten, dass wir allein durch Verbesserungen bei der Abwicklung von Großprojekten die Marge um bis zu zwei Prozentpunkte erhöhen können.

Dürr hat beim Anlagenbau, ähnlich wie Autokonzerne, die Produktion auf Plattformen und Modulbaukästen aufgebaut. Worin besteht der Vorteil?
Im Anlagenbau besteht die Gefahr, dass Sonderanforderungen in den Bestellungen die Abläufe dominieren. Der Weg, das in den Griff zu bekommen und dennoch ausreichend viele Varianten anzubieten, um unterschiedliche Anforderungen zu erfüllen, führt über Plattformen und Modulbaukästen. Die hohe Anzahl gleicher Teile, die dann in mehreren Baureihen eingesetzt werden können, erhöht die Effizienz und senkt das Risiko in der Produktion und bei der Inbetriebnahme einer Anlage. Bei Homag ist die Varianten- und Teilevielfalt heute noch rund zehnmal so hoch wie bei Dürr. Das deutet darauf hin, dass Homag auf Kundenwunsch oft neue, zusätzliche Komponenten einführt. Das erhöht die Komplexität der Maschinen zulasten der Profitabilität von Homag.

Dürr will also bei Homag sein Geschäftsmodell als Weltmarktführer auf andere Nischenmärkte im Maschinenbau übertragen. Was könnten weitere Übernahmeziele sein?
Es sollten Weltmarktführer in einem Nischenmarkt sein; keine Sanierungsfälle, aber mit Potenzial zur Ergebnisverbesserung.

Wie sollen die Zukäufe finanziert werden?
Ähnlich wie jetzt bei Homag aus den Mittelzuflüssen der Dürr-Gruppe im operativen Geschäft. Jetzt hat die Integration der Homag Group Vorrang. Zukäufe dürften bei Dürr aber spätestens in zwei Jahren wieder ein Thema sein.

Auf Seite 2: Heuwing über die Wachstumsaussichten für 2015





Im ersten Quartal war Dürrs Auftragseingang ausgerechnet in seinem größten Markt China schwächer als erwartet. Wie wird 2015?
Es gibt keinen Grund, nervös zu werden. Unser Wachstum kommt aus vielen Regionen. Die quartalsweisen Schwankungen in China sind in unserem Geschäft üblich. Aus Abweichungen im Auftragseingang eines Quartals kann man keinen Trend ableiten. Dafür sind mindestens vier aufeinanderfolgende Quartale zu betrachten. Wir gehen davon aus, dass auch 2015 ein Jahr mit einem starken ChinaGeschäft wird. Zwar ist das prozentuale Wachstum dort etwas geringer, die absolute Anzahl der jedes Jahr zusätzlich zugelassenen Fahrzeuge ist jedoch weiterhin viel größer als noch vor fünf Jahren. So legte der Autoabsatz bis Ende Mai gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 8,6 Prozent zu. 2014 wurden in China 18,4 Millionen Autos verkauft, in vier Jahren sollen es schon 24 Millionen sein.

Wo gleicht Dürr Schwankungen in China aus?
In Deutschland, Europa und in Amerika läuft es sehr gut. Während der Branchenkrise haben US-Autobauer 14 Werke geschlossen.Doch trotz der deutlichen Erholung wurde bislang wenig in neue Kapazitäten investiert. Ihre Werke laufen auf sehr hohen Auslastungsniveaus und spielen viel Geld ein. Dank dieser hohen Cash-Zuflüsse können die Konzerne also erstmals seit Längerem in neue Werke oder Erweiterungen investieren.

60 Prozent der weltweit gelieferten Lackieranlagen enthalten Komponenten von Dürr. Wie hoch ist der Anteil der Serviceaufträge an Ihrem Geschäft?
Etwa 25 Prozent. Für die kommenden Jahre sehen wir in Europa und Nordamerika, wo die Anlagen am längsten in Betrieb sind, sehr viel Potenzial im Service. Bei fast allen deutschen Herstellern laufen große Modernisierungsaufträge - oder sind in Planung. Umbau- und Wartungsaufträge sind natürlich deutlich kleiner als Großaufträge für neue Anlagen.

Aber wesentlich profitabler ...?
Im Durchschnitt haben Sie recht. Bei größeren Modernisierungsaufträgen wird aber ähnlich hart verhandelt wie bei Orders für neue Anlagen. Und bei großen Umbauaufträgen gibt es Unwägbarkeiten, die wir nicht immer vollständig kalkulieren können.

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