Steigende Aktienkurse trotz eines BIP, das gegenüber dem Vorquartal in Deutschland um über zehn Prozent und in den USA um 9,5 Prozent zurückgegangen ist. Wie kann das sein, fragt sich so mancher? Für Deutschlands bekanntesten Fondsmanager, Klaus Kaldemorgen, schließt sich dies nicht unbedingt aus. Der erfahrene Kapitalmarktexperte nähert sich dem Problem über die Anleiherenditen.
" "Tatsächlich ist die Rendite, vor allem jene der zehnjährigen US-Staatsanleihen, ein guter Maßstab dafür, wie teuer Aktien mittlerweile sind. Bei einer Rendite von aktuell etwa 0,6 Prozent beträgt das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) eines solchen Schuldtitels 165. Anfang des Jahres lag das KGV angesichts einer Rendite von knapp zwei Prozent noch bei 50." Zum Vergleich: "Das KGV des globalen Aktienindex MSCI AC World beträgt derzeit knapp 22, zu Jahresbeginn war es nur geringfügig niedriger und lag bei 20", weiß Kaldemorgen. Vor diesem Hintergrund gibt es für ihn also durchaus noch Luft bei der Bewertung von Aktien. "Selbst wenn man dieser Anlageklasse ein deutlich höheres Risiko zubilligt", so der DWS-Manager weiter.
Ebenfalls glaubt Kaldemorgen nicht, dass es bei den "digitalen Champions" eine Blase gibt. "Angesichts der schon vor der Coronavirus-Krise vergleichsweise geringen gesamtwirtschaftlichen Dynamik ist Wachstum ein knappes Gut, das die besondere Wertschätzung der Investoren genießt - noch dazu vor dem Hintergrund der niedrigen Renditen am Anleihenmarkt." Wenn also wenige Wachstumspapiere ganz vorne in der Gunst der performancegetriebenen Anleger liegen, lässt dies für Kaldemorgen auch den Umkehrschluss zu, dass dividendenstarke Substanzwerte eher zu niedrig bewertet sind. "Je größer also der Abstand zwischen Apple und Co und dem Rest des Marktes wird, desto attraktiver sollten stärker diversifizierte Portfolios werden", so der DWS-Mann.