Eine der größten Enttäuschungen an den weltweiten Finanzmärkten stellte in den vergangenen Wochen sicherlich der Goldpreis dar. Zumindest gilt das für die nicht geringe Zahl an Anlegern, die nach wie vor an Gold als sicherer Hafen glauben. Denn nach einem zunächst ermutigenden Jahresauftakt geht es nun schon seit Monaten wieder abwärts mit den Notierungen.

Ein neuerlicher Preisrutsch war in der Vorwoche zu registrieren und die Feinunze Gold ist dabei sogar bis auf rund 1.080 Dollar gefallen. Aktuell stehen zwar wieder etwas höhere 1.100 Dollar angeschrieben (Stand Fixing vom Montag), in Dollar gerechnet ist das Edelmetall damit aber weiterhin so billig wie seit Februar 2010 nicht mehr. Charttechnisch gesehen lässt das zunächst wenig Hoffnung, schließlich kommt man nicht umhin, als angesichts eines Fünfjahrestiefs einen völlig intakten charttechnischen Abwärtstrend zu konstatieren.

Auf Seite 2: Kurzfristig Erholung möglich





Kurzfristig Erholung möglich



Ernüchtert von den jüngsten Entwicklungen am Goldmarkt zeigt sich auch die DZ Bank. Der zuständige Analyst Gabor Vogel hat deswegen sein Kursziel für Gold gesenkt. Kurzfristig gesehen, mit Blick auf das Jahresende, hält er aber zunächst eine Erholung für möglich. Zur Begründung verweist Vogel auf die ETF-Anleger, die in der aktuellen Situation noch durchaus Besonnenheit reagieren, denn die Verkäufe würden sich noch in Grenzen halten. Zum anderen deuteten markttechnische Gründe daraufhin, dass der jüngste Kursverfall zunächst einen Halt finden sollte. So seien beispielsweise an der Goldbörse in Shanghai stark erhöhte Verkaufsorders abgewickelt worden. Die Verkaufsvolumina hätten dort um ein Vielfaches über den Durchschnittswerten gelegen. Nach Angaben von Reuters seien an einem Tag in Shanghai in einem wichtigen Futures-Kontrakt alleine über eine Million Losgrößen gehandelt worden. Dieser Wert habe damit deutlich über dem bisherigen Durchschnittswert im Juli von 30.000 Losgrößen gelegen.



Auch an der COMEX seien die spekulativen Großanleger ("Managed Money") mit einer Netto-Short-Position von über elftausend Kontrakten so pessimistisch wie noch nie seit Beginn der Datenaufzeichnungen 2006. Dieser extrem ausgeprägte Gold-Pessimismus unter den spekulativ eingestellten Anlegern spreche nach der deutlichen Preiskorrektur zumindest kurzfristig für eine Stabilisierung, die sich bereits andeute.



Außerdem sei die Saisonalität im zweiten Halbjahr Gold-positiv. Letzteres deckt sich mit Daten vom US-Finanzdienstleister Ned Davis Research, wonach der Goldpreis in den Monaten August und September seit Ende Januar 1973 mit Quoten von 64 Prozent und 62 Prozent so oft Monatsgewinne eingefahren hat wie in keinem anderen Monat. Die schwachen Monate Mai und Juni, in denen der Goldpreis im erwähnten Zeitraum nur in jeweils 44 Prozent aller Fälle Monatsgewinne vorzuweisen hat, liegen dagegen hinter uns. Vogel kommt vor diesem Hintergrund zu folgendem Schluss: "Nach dem China-Schock und der leicht übertriebenen Preisreaktion könnte sich der Goldpreis zunächst erholen. Dafür sprechen markttechnische Argumente und die Saisonalität. Wir trauen dem Edelmetall den Wiederanstieg auf 1.150 Dollar je Feinunze zu. Die ursprünglich angesetzten 1.275 Dollar scheinen aktuell unrealistisch."

Auf Seite 3: Implizierte jährliche Goldkäufe der chinesischen Notenbank enttäuschen





Implizierte jährliche Goldkäufe der chinesischen Notenbank enttäuschen



Auf Sicht eines Jahres überwiegen nach Ansicht von Vogel aber klar die negativen Argumente. Dafür spreche unter anderem die Erkenntnis, wonach die chinesische Zentralbank seit Jahren offenbar viel weniger Gold gekauft habe als vermutet. Zumindest wenn man jüngst veröffentlichten Daten zugrunde legt, welche die chinesische Zentralbank offengelegt hat. Diesen Angaben wurden gemäß dem ersten Update seit 2009 zufolge in den vergangenen sechs Jahren die Goldreserven um 604 Tonnen auf 1.658 Tonnen aufgestockt. Damit ist die chinesische Notenbank zwar weltweit der sechstgrößte Goldhalter, allerdings liegen die implizierten jährlichen Goldkäufe bei etwa 100 Tonnen, was den Goldmarkt enttäuschte, so Vogel. Marktschätzungen seien davon ausgegangen, dass China seine Reserven jährlich um etwa 300 Tonnen erhöht habe. Der Goldpreis ist daraufhin wie bereits erwähnt auf den tiefsten Stand seit März 2010 zurückgefallen. Damit sei beinahe die Hälfte der Aufwärtsbewegung von 1999 bis 2011 (Goldpreisanstieg von 250 Dollar auf 1.920 Dollar) "rückabgewickelt" worden.



Die Zentralbanken weltweit (exklusive China) sind laut Vogel Nettokäufer und erwarben 2014 588 Tonnen Gold. Der Goldmarkt habe im Jahr 2014 einen Angebotsüberhang von 174 Tonnen ausgewiesen. Auf dieser Basis werde deutlich, wie stark die 200 Tonnen an fehlender China-Nachfrage ins Gewicht fallen. Zudem gebe es aktuell keinen Grund zur Annahme, dass sich die Kaufmenge in den nächsten Jahren signifikant erhöhen werde. Diese Enttäuschung reihe sich ein in die Liste der negativen Faktoren für den Goldpreis und ist nach Ansicht der DZ Bank die wichtigste Erklärungsvariable für den jüngsten Gold-Preisverfall.



Auf Seite 4: Mittelfristige Preistreiber ebenfalls negativ





Mittelfristige Preistreiber ebenfalls negativ



Daneben gebe es eine Reihe weiterer Argumente, die mittelfristig für noch niedrigere Goldnotierungen sprechen würden. Vogel nennt hier erstens den starken Dollar, zweitens die geringen Inflationssorgen, drittens die rückläufigen Griechenland-Unsicherheiten (geringere Attraktivität als sicherer Hafen) und viertens die bevorstehende US-Leitzinswende (Opportunitätskostenanstieg des Goldbesitzes).



Während die beiden erstgenannten Faktoren bekannt seien und sich nach Einschätzung der DZ Bank zunächst auch nicht ändern, und die Griechenlandthematik in hinreichendem Maße eingepreist sein dürfte, werde sich der Anstieg der Opportunitätskosten der Goldhaltung im kommenden Jahr wohl tatsächlich einstellen und somit zu einem belastenden Faktor für den Goldpreis werden. Dabei sei es zweitrangig, ob die Zinserhöhung der FED nun noch 2015 kommen werde (US-Notenbankpräsidentin Janet Yellen schließt das nicht aus), oder wie hausintern erwartet erst Anfang 2016.

Dass der Goldmarkt äußerst sensitiv auf diesen Aspekt reagiere, lasse sich an der Reaktion der ETF-Investoren im Jahre 2013 ablesen. Diese Investoren hatten damals ihre Positionen alleine im März 2013 um 174 Tonnen reduziert, als die Diskussion um ein mögliches "Tapering" der FED aufkam. Zwar erwartet die DZ Bank 2016 keinen Ausverkauf in derselben Größenordnung, weil das Überraschungsmoment der tatsächlich ersten Zinserhöhung geringer ausfallen dürfte als die Äußerung des vorherigen US-Notenbankpräsidenten Bernanke vor zwei Jahren. Zusammen mit einem absehbar auslaufenden quantitativen Lockerungsprogramm der EZB dürfe ein weiterer ETF-Bestandsabbau jedoch programmiert sein und zusammen mit der neuen chinesischen Nachfragerealität preisdrückend wirken.

Das Urteil von Vogel lautet deshalb wie folgt: "Auf Sicht eines Jahres überwiegen unseres Erachtens klar die negativen Argumente, insbesondere der Anstieg der Opportunitätskosten, weshalb wir einen weiteren Kursrückgang erwarten, der die Goldnotierung unter die Marke von 1.000 Dollar je Feinunze führen sollte. Unsere neue Prognose auf Sicht von zwölf Monaten lautet daher 990 Dollar nach zuvor 1.100 Dollar."