Der Visionär Jeffrey Skoll ist kein traditioneller Wohltäter, der lediglich Schecks über hohe Summen ausstellt. 1965 in Montreal geboren, investiert Skoll in Projekte, die einen konkreten gesellschaftlichen Nutzen haben, jedoch gleichzeitig finanzielle Erträge erzielen. "Impact investing" nennt er das. Er nutzt sein Gespür für aussichtsreiche Geschäftsideen, das er schon bei der Entwicklung von Ebay bewiesen hat, um einige der dringlichsten und schwierigsten globalen Probleme anzugehen.

Er gründete die "Skoll Foundation for Social Entrepreneurship", eine Stiftung, die soziales Unternehmertum unterstützt, er gründete ein Medienunternehmen, das Oscar-prämierte Filme produziert, er finanziert eine Vielzahl von Projekten - von einer manuell betriebenen Wasserpumpe für afrikanische Bauern bis zu Kunsterziehungszentren für benachteiligte amerikanische Kinder.

Ein Wendepunkt in seinem Leben war die Krebserkrankung seines Vaters. Skoll war damals 14, aber er nahm sich vor, in seinem Leben Gutes zu tun. Er träumte davon, Schriftsteller zu werden und die Menschen davon zu überzeugen, dass die Welt ein gefährlicher Ort geworden sei, bedroht von Überbevölkerung, von neuen Waffen und neuartigen Krankheiten.Nach dem College bereiste er als Backpacker die Welt, besuchte unter anderem Pakistan und sah, wie die Menschen dort lebten. Verzweifelt. Ohne Hoffnung. "Mir wurde klar, dass, wenn wir Ländern wie Pakistan nicht helfen, schließlich die ganze Welt von dieser Hoffnungslosigkeit infiziert wird."

Um sein Ingenieurstudium an der Universität von Toronto zu finanzieren, arbeitete er als Tankwart. Nach dem Studienabschluss versuchte er sich als Unternehmensgründer, sah jedoch ein, dass er wenig Talent zum Verkäufer hatte und es ihm zudem an den nötigen unternehmerischen Grundkenntnissen fehlte. Also zog er nach Kalifornien, schrieb sich an der renommierten Stanford University ein und schloss 1995 sein Betriebswirtschaftsstudium mit einem MBA ab.

Kurz darauf traf er sich mit seinem Studienkollegen Pierre Omidyar, der als Programmierer arbeitete und der ihn zu überzeugen versuchte, dass die Welt eigentlich eine Art Online-Marktplatz brauche. Omidyar, der in Paris geborene und in Maryland aufgewachsene Sohn eines iranischen Chirurgen, war gerade mal 28, als er an einem langen Wochenende das Ebay-Prinzip erfand.

Skoll war skeptisch, als Omidyar ihm seine Pläne erklärte. "Meine erste Reaktion war: ‚Pierre, das ist eine wirklich blöde Idee. Das wird nie funktionieren.‘" Aber irgendwann änderte er seine Meinung. Omidyar und Skoll gaben nun ihre Jobs auf und arbeiteten an der Umsetzung der Ebay-Idee. Am 4. September 1995 starteten sie im kalifornischen San José die Plattform. Was als kleine Auktionswebsite begann und anfänglich den etwas miefigen Ruf eines Flohmarktes hatte, auf dem private Anbieter ihre alten Kleider für ein paar Cents verhökerten, entwickelte sich über die Jahre zu einem weltweiten Imperium und zum größten virtuellen Auktionshaus der Welt.

Skoll war der erste Präsident des Onlinehändlers. Nach der Gründung expandierte das Unternehmen stark, und 1997 investierte die kalifornische Beteiligungsgesellschaft Benchmark Capital 6,7 Millionen Dollar in Ebay, das zum besten Investment in der Silicon-Valley-Geschichte wurde. Zwei Jahre später waren diese Anteile fünf Milliarden Dollar wert.

Nach sechs Monaten nahm das Unternehmen über die Verkaufsprovisionen genug ein, um die Serverkosten zu begleichen. Und nach neun Monaten liefen auf Ebay im Durchschnitt etwa 800 000 Auktionen gleichzeitig.

Gestern Resteesser, heute Milliardär



1998 ging Ebay an die Börse, nur drei Jahre nach der Gründung. Im Halbjahr vor dem Börsengang hatte das Unternehmen gerade einmal 348 000 Dollar verdient, bei einem Umsatz von 14,9 Millionen Dollar. Bei einem Ausgabepreis von 18 Dollar schoss die Aktie am ersten Tag auf über 47 Dollar hoch. Omidyar und Skoll wurden auf einen Schlag zu Milliardären. Heute hat das Unternehmen einen Börsenwert von über 40 Milliarden Dollar.

Skoll: "Ich lebte damals in einem Haus mit fünf anderen Typen, ich aß ihre Essensreste, wenn sie nicht hinschauten, und nun hatte ich plötzlich auf dem Papier über eine Milliarde Dollar." Sein Vermögen wird von "Forbes" heute auf fünf Milliarden Dollar geschätzt.

2001 verließ Skoll das Unternehmen. Er war nun frei, sich um seine sozialen Aktivitäten zu kümmern. Bereits zwei Jahre vorher hatte er seine Stiftung gegründet, mit der er soziale Unternehmer fördert - jene "Change Agents" der Gesellschaft, die den unbefriedigenden Status quo überwinden und die Welt zum Besseren verändern wollen. Seine Stiftung unterstützt heute 74 Organisationen in über 100 Ländern. Über seinen Skoll Global Threats Fund stellt er sich zudem so wichtigen und drängenden Problemen wie dem Klimawandel, dem Wassermangel, der Entstehung von Seuchen, der nuklearen Aufrüstung oder dem Nahostkonflikt.

Um seine Wohltätigkeitsaktivitäten zu finanzieren, ging Jeffrey Skoll unter die Hollywoodproduzenten: Er finanzierte über seine Firma Participant Media über 40 Filme. Skoll, ein kompromissloser Optimist, glaubt an die Möglichkeit von Veränderung und Fortschritt.

Im Frühjahr 2005 ließ Skoll den Film "Gandhi" mit arabischen Untertiteln versehen und zeigte ihn in palästinensischen Flüchtlingslagern, mit dem Ziel, einer Million Arabern das Leben dieses Helden der Gewaltlosigkeit nahezubringen. "Mein Freund sah das Projekt und zeigte sich bereit, meine Stiftung zu unterstützen."

Skoll ist einer der Granden im Silicon Valley. Trotz seines Reichtums, seiner globalen Ambitionen und seines Lifestyles - er kann sich an einem Tag mit der Schauspielerin Natalie Portman, der jordanischen Königin Nur oder dem ehemaligen US-Vizepräsidenten und Friedensnobelpreisträger Al Gore unterhalten und am nächsten Tag in Brasilien Mitglieder des Xingu-Stamms beim ersten Umgang mit GPS-Geräten beobachten - ist er sehr bodenständig geblieben. Er lebt im kalifornischen Palo Alto, im Herzen des Silicon Valley. Für seine Freundin hat der ehemalige Rocker ein Lied komponiert, er verfolgt noch immer im TV die Eishockey-Spiele in seiner Heimat. Inzwischen ist er auch US-Staatsbürger. Aber auf die Frage nach seiner Nationalität antwortet der Doppelbürger noch immer mit Kanada - "es sei denn, es ist ein amerikanischer Einwanderungsbeamter ..."