Auf eine Verlängerung mit Zetsche deutet auch die Begründung hin, die Renschler dem "Wall Street Journal" für seinen Weggang gab. Die für eine Nachfolge infrage kommenden Kandidaten seien alle etwa in einem Alter. "Sollte Dieter sechs Jahre arbeiten wollen, würde ich in meinem Job nicht glücklich", sagte Renschler.
Die Entscheidung über Zetsches Zukunft fällt voraussichtlich Ende 2015. Sein Vertrag läuft Ende 2016 aus. Zetsche selbst hat sich zu seiner Zukunft bislang nicht geäußert. Viele Beobachter halten Zetsches Ausscheiden Ende 2016 für besiegelt, denn auf Druck der Arbeitnehmerseite im Aufsichtsrat war sein Vertrag 2013 nur um drei statt wie üblich um fünf Jahre verlängert worden. Die Betriebsräte hatten Zetsche schlechten Führungsstil und fehlende Absprachen etwa über das jüngste Sparprogramm vorgeworfen. Diese Klippe will Zetsche künftig offenbar umschiffen: Inzwischen gehe er mit einer Charme-Offensive auf die Beschäftigten zu, die zurzeit ein enormes Arbeitspensum bewältigen, hieß es in Kreisen des Betriebsrats. So besuche der Daimler-Chef spontan die Produktion oder stelle sich im Intranet-Chat den Fragen der Mitarbeiter.
ZWISCHEN BERNHARD UND BETRIEBSRAT KLEMMT ES
Gleichzeitig mit der verkürzten Verlängerung von Zetsches Vertrag hatten die Arbeitnehmervertreter durchgesetzt, dass Wolfgang Bernhard, bis dahin Produktions-Vorstand für Mercedes-Benz Cars, den Vorstandsposten mit Renschler, damals Lkw-Chef, tauschen musste. Das angespannte Verhältnis des Effizienztrimmers Bernhard mit den Arbeitnehmervertretern, allen voran mit dem noch bis zur Betriebsratswahl im Frühjahr amtierenden Gesamtbetriebsrats-Chefs Erich Klemm, gilt als größtes Hindernis für seinen Weg an die Daimler-Spitze.
Zetsche hatte Bernhard 2009 zurückgeholt, nachdem er 2004 nach nur zwei Jahren den Daimler-Vorstand verlassen musste - vorausgegangen war ein Krach mit dem damaligen Vorstands-Chef Jürgen Schrempp. Von 2005 bis 2007 war Bernhard bei Volkswagen Markenvorstand. Wer ihn in dieser Zeit erlebt habe, sei noch heute ein Bernhard-Bewunderer, schreibt Max Warburton, Analyst von BernsteinResearch in Singapur. Er habe einen großen Beitrag geleistet, VW zu dem Powerhaus zu machen, das es heute sei. Am Finanzmarkt kommt der eiserne Sparkurs des ehemaligen McKinsey-Beraters gut an. "Wenn Wolfgang den Job bekommt, wird die Aktie an diesem Tag um zehn Prozent steigen - aber wenn Renschler ihn bekommt, wird er um zehn Prozent fallen", zitiert Warburton einen Hedge-Fonds-Manager.
DIETER, WOLFGANG, BODO, HUBERTUS
Die Autoexperten vom Analysehaus International Strategy & Investment (ISI) in London sehen unterdessen Finanzchef Uebber "in der Pole Position", Zetsche zu beerben. Da Uebber jedoch kein Ingenieur ist, müsste ihm ein Vorstandsvorsitzender für Mercedes-Benz Cars zur Seite gestellt werden. Neben Bernhard sei auch der 2013 eingesetzte China-Vorstand Hubertus Troska ein Kandidat, erklärt Arndt Ellinghorst von ISI.
Anders als in London oder Singapur sehen Beobachter in Daimlers Heimatstadt Stuttgart noch keine Favoriten. "Diese Frage ist ganz offen", sagt Frank Biller, Analyst der Landesbank Baden-Württemberg. Es sei nicht auszuschließen, dass Zetsche den Vorsitz behalten wolle. Das werde sich erst Ende nächsten Jahres zeigen. "Dann werden die Erfolge der jüngeren Zeit wahrscheinlich den Ausschlag geben", sagt Biller. Auch der Gesamtbetriebsrat von Daimler will sich an den Spekulationen nicht beteiligen. Die Arbeitnehmer bedauern Renschlers Ausscheiden. Dieser soll nach einem Bericht der "Stuttgarter Zeitung" ein Angebot haben, die Lkw-Sparte von Volkswagen zu übernehmen. Dann müsste er zumindest eine Zeit lang pausieren, denn sein Vertrag enthält einer Daimler-Sprecherin zufolge eine branchenübliche Sperre. Wie lange diese ist, will der Konzern nicht offenbaren. VW will sich dazu nicht äußern. rtr