Ein Trend ist erst dann ein Trend, wenn die Deutsche Bahn ihn erkennt. Noch besser ist es, wenn sie ihn schon umgesetzt hat. Seit einigen Wochen gibt es zusätzliche ICE-Verbindungen Richtung Ost- und Nordsee. Der Grund: Deutschlands Norden erlebt einen Ansturm von Touristen. Nachdem die erste Welle der Corona-Infektionen hierzulande überstanden zu sein scheint, zieht es Urlauber vermehrt in heimatliche Gefilde. Eine Reise in ein Nachbarland oder gar eine Fernreise halten viele für zu riskant.
Damit aber nicht genug: Vielen Reisenden scheint es an ihren neuen, inländischen Urlaubsorten mitunter so gut zu gefallen, dass sie überlegen, dort sesshaft zu werden, sich also eine eigene Ferienwohnung oder gleich ein ganzes Haus zu kaufen. Der charmante Hintergedanke: Man hätte einen schönen und sicheren Rückzugsort für den Urlaub oder den nächsten Lockdown und könnte die Immobilie den Rest des Jahres über vermieten. Der Kauf würde sich auf diese Weise quasi selbst tragen.
Diese Art von Überlegungen sind weit mehr als virusinduzierte Urlaubsfantasien. 30 Prozent der Deutschen denken darüber nach, eine Ferienimmobilie zu kaufen, fünf Prozent haben das fest vor. Das zeigt eine repräsentative Umfrage von YouGov im Auftrag von Primus Immobilien. "Die Corona-Krise wirkt wie ein Katalysator für einen Trend, den wir seit Jahren beobachten: den Urlaub im eigenen Land", sagt Sebastian Fischer, Vorstand von Primus. Der Bauträger entwickelt unter anderem Ferienwohnungen und Hotels an der Ostsee.
"Der Trend zum Inlandstourismus wird sich mittelfristig fortsetzen. Neben kurzen Anfahrtszeiten spielt auch das wachsende Interesse an klimafreundlichem Verhalten mit hinein", führt Fischer aus. "Davon profitieren ganz besonders inländische Ziele mit Alleinstellungsmerkmalen." Knapp ein Drittel der Interessenten würde die Ferienimmobilie laut Erhebung am liebsten selbst nutzen, gut ein Viertel will durch Vermietung Geld verdienen. Wichtigste Kriterien für das perfekte Feriendomizil sind für die Umfrageteilnehmer: gute Vermietbarkeit, Strandnähe und ruhige Lage.
Küstenregionen am beliebtesten
Diese Kriterien spiegeln sich auch in den beliebtesten Urlaubsorten der Deutschen wider: Knapp zwei Drittel der Deutschen können sich generell vorstellen, an der Ostseeküste Urlaub zu machen. Die Nordseeküste liegt mit 60 Prozent knapp dahinter auf dem zweiten Platz. Dann folgen der Bodensee, das Allgäu und der Schwarzwald. Grundsätzlich gilt: Je beliebter eine Urlaubsregion, desto höher sind die Chancen für eine gute Auslastung der Immobilie und hohe Mieteinnahmen. Gleichzeitig sind aber auch die Kaufpreise in den vergangenen Jahren in die Höhe geschnellt - besonders in Spitzenlagen. Am teuersten ist die Insel Sylt. Bis zu 15 Millionen Euro kostet hier nach Angaben von Engel & Völkers ein Haus mit Blick aufs Meer und erstklassiger Ausstattung.
Aber auch in anderen Ferienorten haben die Preise deutlich angezogen. "Wir beobachten derzeit ein zunehmendes Interesse an Ferienwohnungen, sowohl zur ausschließlichen Eigennutzung als auch zur Vermietung", erläutert Mirjam Mohr, Vorständin für das Privatkundengeschäft des Kreditvermittlers Interhyp. Der Trend werde durch die anhaltenden Niedrigzinsen verstärkt: Immobilienmakler locken Interessenten mit Mietrenditen von rund vier Prozent. Die Risiken werden dabei häufig ausgeblendet - verlockende Mieteinnahmen sind aber alles andere als ein Selbstläufer.
Besonderheiten bei Finanzierung
Expertin Mohr warnt eindringlich vor den Besonderheiten bei der Finanzierung von Ferienhäusern: "Vom Eigenkapital bis hin zum laufenden Kapitaldienst sollte der Kredit für eine Ferienwohnung mit Blick auf mögliche Leerstandszeiten und laufende Kosten vorsichtiger kalkuliert werden." Ein verregneter Sommer könne andernfalls die ganze Planung ruinieren. Käufer sollten daher in der Lage sein, die monatlichen Kreditraten aus Zins und Tilgung auch mit dem normalen Einkommen zu stemmen - ohne Einberechnung der Mieteinnahmen.
Rund 40 Prozent Eigenkapital, rät Interhyp, sollten Interessenten bei einem Kauf mitbringen, mehr als doppelt so viel wie bei einem normalen Wohnungs- oder Hauskauf. Hinzu kommen die Kaufnebenkosten wie etwa Makler- und Notargebühren und die Grunderwerbsteuer. Diese machen, je nach Bundesland, nochmal sechs bis 16 Prozent des Kaufpreises aus.
Wer ein passendes Objekt gefunden und die Finanzierung geklärt hat, sollte sich im Klaren darüber sein, dass auch die Vermietung eine Menge Arbeit bedeutet: Wer etwa nicht in unmittelbarer Nähe der Immobilie wohnt, braucht zwangsläufig eine Vertrauensperson vor Ort oder muss eine Agentur mit der Verwaltung beauftragen. Für ein Rundum-sorglos-Paket müssen Vermieter mit Kosten von mindestens 20 Prozent des Gesamtumsatzes rechnen. Damit sind anfallende Arbeiten wie Reinigung, Schlüsselübergabe und Gartenpflege sowie die Abwicklung der Buchungen abgedeckt. Um den Überblick anfangs nicht zu verlieren, sollten Käufer frühzeitig einen Businessplan erstellen und dabei großzügig kalkulieren.
Rechtliche Hürden
Wegen der starken Nachfrage ist es in manchen Orten, unter anderem an der Nordsee, nicht mehr möglich, ein Haus oder eine Wohnung als klassischen Zweitwohnsitz zu nutzen und gelegentlich zu vermieten. Das liegt daran, dass viele Gemeinden verhindern wollen, während der Winterzeit zu Geisterorten zu verkommen, wie das etwa auf Sylt der Fall ist. In manchen Wohngebieten muss daher die dauerhafte Wohnnutzung überwiegen.
Anders sieht es bei Immobilien aus, die von vornherein als Ferienhäuser oder Ferienwohnungen geplant waren: Diese dürfen weiterhin unbeschränkt als solche vermietet werden. Interessenten sollten sich daher frühzeitig vor dem Kauf ihres Feriendomizils über die gesetzlichen Vorschriften vor Ort informieren - sonst drohen eine böse Überraschung und viel Ärger.
Wie vermiete ich?
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Organisation: Wer nicht in der Nähe seiner Ferienimmobilie wohnt, braucht eine Vertrauensperson vor Ort oder muss eine Agentur mit der Verwaltung beauftragen. Das geht schnell ins Geld: Eine Agentur verlangt gut und gerne 20 Prozent der Mieteinnahmen. Je nach Kaufpreis sollten sich Interessenten daher frühzeitig überlegen, wie viel Miete sie verlangen können und wann sich der Kauf rechnet.
Ausstattung: Wer teuer vermieten will, muss seinen Kunden einiges bieten können: Einbauküche, Fernseher und WLAN gehören zum Standard. Viele Urlauber erwarten zudem eine hochwertige Möblierung, einen tadellosen Gesamtzustand und Extras wie Haustierfreundlichkeit, Pool oder Sauna.
Verwaltung: Unabhängig vom Standort der Immobilie fallen laufende Kosten für Steuern, Versicherungen und Instandhaltung sowie kommunale Gebühren an. Die Bausparkasse Schwäbisch Hall rät, für solche Nebenkosten pro Monat und Quadratmeter mindestens drei Euro einzukalkulieren.