Der Konzern fordert vor dem Landgericht Hannover rund 382 Millionen Euro Schadenersatz, weil er 2011 nach der Atomkatastrophe von Fukushima mehrere Meiler für drei Monate abschalten musste. Der Richter begründete seine Zweifel damit, dass das Unternehmen diesen Stopp mit einer Anfechtungsklage hätte verhindern können. Dem widersprach E.ON: Ein solches Verfahren hätte länger gedauert als die Zwangspause, sagte Anwalt Detlef Schmidt. E.ON halte an der Klage fest. Am 04. Juli will Richter Schulz eine Entscheidung verkünden.

E.ON verlangt Entschädigung für die Anordnung Niedersachsens und Bayerns, die Kernkraftwerke Isar 1 und Unterweser nach Fukushima für drei Monate abzuschalten. Der Konzern klagt auch gegen den Bund, der hinter dem Moratorium stand.

Diesen Betriebsstopp habe E.ON nicht sofort angefochten, obwohl dies nicht ohne Aussicht auf Erfolg gewesen wäre, führte der Richter weiter aus. Eine Anfechtungsklage hätte einen Schaden vollständig abwenden können. Schulz gab E.ON bis zum 10. Juni Zeit, um zu seinen Einwänden Stellung zu nehmen.

E.ON-ANWALT: EIN ATOMKRAFTWERK IST KEINE WÜRSTCHENBUDE



E.ON ließ die Darstellung der 19. Zivilkammer des Landgerichts nicht gelten. Ein langwieriges Verfahren wäre bei einer zeitlich befristeten Maßnahme wie dem Atommoratorium sinnlos gewesen, argumentierte Anwalt Schmidt. Zudem habe die Bundesregierung Sicherheitsbedenken vorgetragen, die nicht einfach zu ignorieren gewesen wären. "Sie können ein Atomkraftwerk, eine Industrieanlage mit bestimmten Risiken wie auch ein Chemiewerk, nicht einfach fortführen wie eine Würstchenbude."

E.ON-Chef Johannes Teyssen hatte in der aufgeheizten politischen Debatte nach Fukushima einen Ausgleich mit der Politik gesucht und auf eine Klage gegen das Atommoratorium zunächst verzichtet. Dagegen war der von Kritikern als "Atom-Rambo" bezeichnete ehemalige RWE -Chef Jürgen Großmann in der Frage rasch auf Konfrontationskurs gegangen. Nachdem RWE von zwei Gerichten Recht bekam, zogen E.ON und auch EnBW nach. Anfang des Monats wies das Landgericht Bonn die EnBW-Schadenersatzklage mit der Begründung ab, der Versorger habe nicht sofort gegen die Abschaltung geklagt.

Unter dem Eindruck des Fukushima-Unglücks war den sieben ältesten deutschen Atomkraftwerken der Betrieb vorübergehend verboten und der Meiler Krümmel geschlossen worden. Das Moratorium lief von März bis Juni 2011 und mündete schließlich in den endgültigen Ausstiegsbeschluss. Auf das dauerhafte Aus reagierten E.ON, RWE und Vattenfall mit milliardenschweren Schadenersatzforderungen, über die das Bundesverfassungsgericht Mitte März verhandelt hatte. Ein Urteil wird hier in einigen Monaten erwartet.

Reuters