Die Europäische Union steht in der Ukraine-Krise vor ihren ersten Wirtschaftssanktionen gegen Russland. Damit folgt sie den USA, die bereits solche Strafmaßnahmen gegen ein Dutzend russische Firmen verhängt haben. Die EU wollen nach Aussagen von Diplomaten unter anderem die staatseigenen Banken, die Rüstungsindustrie und bestimmte Technologiebereiche treffen. In der deutschen Wirtschaft fürchtet man Vergeltungsmaßnahmen der russischen Seite.

Es folgt eine Zusammenstellung wichtiger Aktivitäten deutscher Großkonzerne in Russland:

E.ON

Der größte deutsche Energiekonzern hat seit 2007 rund sechs Milliarden Euro in den russischen Strommarkt investiert. Er hält knapp 84 Prozent an dem Kraftwerksbetreiber E.ON Rossiya OAO. Der Anteil des russischen Stromgeschäfts am Umsatz lag 2013 bei 1,5 Prozent und am operativen Gewinn bei gut sieben Prozent. E.ON beschäftigt rund 5000 Mitarbeiter in Russland. Der Versorger bezieht zudem 30 bis 40 Prozent seines Erdgases von dort. Die Düsseldorfer sind auch mit 25 Prozent an dem sibirischen Gasfeld Juschno Russkoje beteiligt und mit 15,5 Prozent an der Ostsee-Pipeline, durch die Gas - an der Ukraine vorbei - von Russland nach Deutschland fließt. Die Mehrheit an beiden Projekten hält der russische Gazprom -Konzern.

BASF

Der weltgrößte Chemiekonzern ist vor allem in seinem Öl- und Gasgeschäft kräftig in Russland engagiert. So ist der Konzern mit seiner Tochter Wintershall am Gas-Projekt ZAO Achimgaz, einem Joint Venture mit Gazprom, zu 50 Prozent beteiligt. ZAO Achimgaz produziert in Sibirien etwa 3.500 Kilometer nordöstlich von Moskau Erdgas. Ferner ist Wintershall über die Gesellschaft OAO Severneftegazprom nach eigenen Angaben mit insgesamt 35 Prozent an der Ausbeutung des sibirischen Gasfeldes Juschno-Russkoje beteiligt. Zusammen mit einer Tochter des russischen Erdölproduzenten Lukoil betreibt Wintershall zudem das Gemeinschaftsunternehmen Wolgodeminoil zur Förderung von Erdöl. Die BASF-Tochter hält daran 50 Prozent.

ENBW

Der drittgrößte deutsche Energiekonzern bezieht Gas vom russischen Lieferanten Novatek, der auf der US-Sanktionsliste steht. Mit einem Jahresvolumen von 1,9 Milliarden Kubikmetern für eine Summe von durchschnittlich 600 Millionen Euro ist Novatek einer der größten Gashandelspartner der Badener. Die Gaslieferungen seien von den US-Sanktionen aber nicht betroffen, erklärte ein Sprecher.

DEUTSCHE BAHN

Die Deutsche Bahn ist im Schienenverkehr sowie im Logistik-Geschäft mit insgesamt fünf Unternehmen in Russland vertreten: Vier davon sind 100-Prozent-Beteiligungen. An einer weiteren Firma, die Schienentransporte quer durch Russland von China nach Deutschland organisiert, hält die Bahn einen Anteil von gut einem Drittel. Es ist ein Gemeinschaftsunternehmen unter anderem mit der russischen Staatsbahn RZD. Bahnchef Rüdiger Grube hatte das Geschäftsvolumen in Russland zuletzt mit rund 250 Millionen Euro beziffert.

SIEMENS

Der Technologiekonzern ist vor allem im Energietechnik- und Bahn-Geschäft in Russland aktiv. Im vergangenen Geschäftsjahr setzten die Münchner knapp 2,2 Milliarden Euro mit Kundschaft aus dem Land um, vor allem mit Kraftwerksturbinen und Hochgeschwindigkeitszügen. Siemens unterhält mehrere Fabriken und Gemeinschaftsunternehmen vor Ort, vor allem im Eisenbahnbau. Lokal beschäftigt der Konzern gut 3000 Mitarbeiter. Vorstandschef Joe Kaeser traf sich auf dem Höhepunkt der Krim-Krise mit Präsident Wladimir Putin. Er erntete Kritik dafür, hatte aber die Rückendeckung von Bundeskanzlerin Angela Merkel. Immer wieder plädiert der Manager dafür, den Gesprächsfaden nicht abreißen zu lassen, betont aber auch: "Das Primat des Handelns liegt selbstverständlich bei der Politik."

DAIMLER

Der Autokonzern ist zusammen mit der Entwicklungsbank EBRD mit 15 Prozent an dem russischen Lkw-Bauer Kamaz beteiligt. Die Stuttgarter lassen in zwei Gemeinschaftsunternehmen in dem Land Lastwagen der Marken Mercedes-Benz und Fuso montieren, die besonders robust und damit an die dortigen Straßenverhältnisse angepasst sind. Im abgelaufenen Jahr wurden 5600 Lkw der beiden Marken in Russland ausgeliefert. Etwa die Hälfte davon wurde vor Ort gebaut, der Rest aus Deutschland importiert.

METRO

Russland ist für den Handelsriesen mit einem Jahresumsatz von rund 4,3 Milliarden Euro und 22.000 Mitarbeitern der wichtigste Auslandsmarkt. Der Konzern betreibt dort 73 Cash&Carry-Märkte und 57 Media-Saturn-Filialen. Den Börsengang seines russischen Großmarktgeschäfts hatte Metro im März wegen der Ukraine-Krise auf Eis gelegt.

HENKEL

Für den Konsumgüterkonzern ist Russland der weltweit viertgrößte Markt. Der Hersteller von Persil und Pritt hatte dort 2013 rund eine Milliarde Euro Umsatz erzielt. Die Ukraine zählt zu den zehn wichtigsten Wachstumsmärkten Henkels. Im ersten Quartal war Henkel trotz der politischen Unruhen währungsbereinigt in Russland "im mittleren einstelligen Prozentbereich gewachsen" und in der Ukraine "ganz leicht" geschrumpft.

ADIDAS

Für den Sportausrüster ist Russland einer der wichtigsten Wachstumsmärkte. Infolge der Ukraine-Krise hat dem Konzern bisher vor allem der Verfall des Rubel zu schaffen gemacht. Schuhe und Kleidung mit den drei Streifen, die in Russland seit Sowjetzeiten etabliert sind, waren dort weiter gefragt. Adidas ist in Russland Marktführer.