"Es ist schade, dass Ihr einen Pastor Eurem strategischen Nato-Partner vorzieht", sagte er am Samstag auf einer Kundgebung in der Schwarzmeer-Stadt Unye an die Adresse der US-Regierung. Zugleich forderte er seine Landsleute erneut auf, Euro und Dollar in die Landeswährung zu tauschen.

In der "New York Times" warnte Erdogan, wenn die USA die Souveränität der Türkei nicht respektierten, "könnte unsere Partnerschaft in Gefahr geraten". Dann könnte es für die Türkei nötig werden, sich "nach neuen Freunden und Verbündeten umzuschauen". Die Türkei habe Alternativen.

Inmitten der Währungskrise in der Türkei hatten die USA am Freitag den Druck auf Erdogan erhöht. Wegen des Streits um Brunson ordnete Trump eine Verdoppelung der Sonderzölle auf Stahl und Aluminium aus der Türkei an. "Unsere Beziehungen zur Türkei sind derzeit nicht gut", twitterte Trump.

Wie schon am Vortag rief Erdogan die Türken auf, "in diesem Krieg um Unabhängigkeit und Zukunft" Dollar und Euro in Lira zu tauschen. "Denn das ist die Sprache, die sie verstehen", sagte er. Am Vortag hatte Erdogan von einem Wirtschaftskrieg gesprochen, den die Türkei gewinnen werde. Während seiner Rede am Freitag war die Lira allerdings weiter abgesackt. Die türkische Währung brach zeitweise um etwa ein Fünftel ein.

MEHRERE SPANNUNGSFELDER IN DEN BEZIEHUNGEN ZU DEN USA



Die Ermittler werfen Brunson Verbindungen zu dem in den USA lebenden Prediger Fethullah Gülen vor, der nach Darstellung der Regierung in Ankara hinter dem Putschversuch vor zwei Jahren steht. Wegen des Streits haben die Nato-Partner bereits Minister des jeweils anderen Staates mit Sanktionen belegt. Zudem sind die Beziehungen wegen unterschiedlicher Auffassungen zum Syrien-Konflikt und des Kaufs eines russischen Flugabwehrsystems für die türkische Armee gespannt.

Die Türkei ist seit 1952 Nato-Partner der USA. Die türkische Luftwaffenbasis in Incirlik wird von US-Streitkräften genutzt. Zudem ist in der Türkei eine für das Raketenabwehrsystem der Nato gegen den Iran wichtige Radaranlage installiert.

Erdogan verwies in seinem Gastbeitrag ausführlich auf die Weigerung der USA, Gülen auszuliefern. Zudem forderte er Respekt für das Vorgehen der türkischen Justiz gegen Brunson ein, wozu er Trump im persönlichen Gespräch mehrfach aufgefordert habe. Als weiteren "Grund für Frustration" führte er die US-Unterstützung für die kurdischen Rebellen in Syrien an, die die Türkei als Ableger der verbotenen Kurdischen Arbeiterpartei PKK sieht. Alle Argumente der Türkei zu diesen Punkten stießen in den USA auf taube Ohren, beklagte Erdogan.

Gerade auch im Syrien-Konflikt und in Energiefragen sucht Erdogan die Nähe zu Russland. Nach Trumps Ankündigung der neuen Strafzölle telefonierten Erdogan und der russische Präsident Wladimir Putin am Freitag miteinander. In dem Gespräch sei es um strategische Projekte bei der Zusammenarbeit im Energiesektor und die wirtschaftlichen Beziehungen gegangen, teilte das russische Präsidialamt mit. Aus Erdogans Staatskanzlei verlautete, es sei auch über die Zusammenarbeit im Rüstungsbereich und über Syrien gesprochen worden. Beide hätten sich erfreut über die positive Entwicklung der Handels- und Wirtschaftsbeziehungen geäußert. Von wem die Initiative zu dem Telefonat ausging, wurde nicht mitgeteilt.

rtr