Erich Sixt führt den Autovermieter bereits in der dritten Generation. Aber erst unter seiner Regie gelang es, die 1912 gegründete Firma zu einer weltweit bekannten Marke zu machen. Begonnen hatte die Sixt-Story mit drei Limousinen, die Erich Sixts Großvater Martin in der Münchner Innenstadt stationierte und die er an wohlhabende Kunden oder Touristen verlieh, die aufs Land fahren wollten. Während des Ersten Weltkriegs wurden die Fahrzeuge konfisziert, aber Sixt fing nach dem Kriegsende wieder von vorn an. Auch 1939 beschlagnahmten die Nationalsozialisten die Flotte - der Neffe von Martin hatte jedoch drei Wagen versteckt, bevor er an die Front musste. Mit diesen Autos startete der Vater von Erich Sixt nach 1945 zunächst eine Taxifirma und 1951 den Vermieter "Auto Sixt".
In den 60er-Jahren stieß Erich Sixt zum Unternehmen. 1944 wurde er in der österreichischen Kleinstadt Mistelbach geboren, hatte in München BWL studiert, brach das Studium nach vier Semestern ab: "Ein sinnloses Studium."
Die 60er-Jahre waren in Europa der Beginn großer Veränderungen. Die Jugend erhob sich gegen die verkrusteten Ideale der Vätergeneration. Sie demonstrierte gegen den Vietnamkrieg und die Kirche, an den Universitäten streikten die Studenten, Kommunen bildeten sich.
Auch Erich Sixt war damals ein Rebell - "aber nicht im 68er-Sinn". Während viele seiner Kommilitonen mit dem VW-Bus nach Indien oder Nepal reisten, interessierte er sich für den französischen Existenzialismus. Er las Jean-Paul Sartre und Albert Camus. Und schon sehr früh, bereits als Teenager, musste er im väterlichen Betrieb mitarbeiten, wenn es dort mal eng wurde.
1964, er war gerade mal 20 Jahre alt, stieg er in das Unternehmen ein und übernahm 1969 das Geschäft von seinem kranken Vater. Damals zählte der Fuhrpark 200 Wagen. "Mein Traum war: Ich möchte 1000 Autos vermieten." Er führte damals das Autoleasing in Deutschland ein und erhielt schon bald den ersten Auftrag: Das Münchner Unternehmen Krauss-Maffei bestellte bei ihm 200 Mercedes-Limousinen. Erich Sixt sagte später in einem Interview mit dem "Spiegel": "Ich hatte bei der Bestellung verdrängt, dass ich die Autos auch bald bezahlen musste. Es blieb mir nichts anderes übrig, als die Banken abzuklappern. Bis ein Banker sagte: ‚Mensch, Sixt, wenn ich Sie mir so anschaue, Sie packen das.‘ Vertrauen spielte damals noch eine ganz andere Rolle. Der Mann gab mir 20 Millionen Mark." Bereits 1971 gehörten ihm 2000 Autos.
Lebensfreude wichtiger als Geld
Lange haftete der Unternehmer mit seinem Privatvermögen und hatte zeitweise bis zu 500 Millionen Mark an Verbindlichkeiten. Ein Problem für ihn? "Man sollte schon auch an Alexis Sorbas denken, wie der zu tanzen beginnt, als die Seilbahn zusammenkracht", sagte er in Anspielung an die Oscar-prämierte Verfilmung des Romans von Nikos Kazantzakis. Die Figur des Sirtaki tanzenden Lebenskünstlers Alexis Sorbas wurde damals zum Klassiker. Sixts Fazit: "Die Lebensfreude ist wichtiger als das Geld." Sein Vater sei ein klassischer Unternehmer gewesen, geprägt von den Kriegsjahren. "Der hat nie eine Versicherung abgeschlossen, nicht einmal eine Krankenversicherung. Nichts. Er sagte: ‚Du hast doch überhaupt keine Ahnung, was Krise heißt.‘"
Zusammen mit seiner Ehefrau Regine baute er nun das Unternehmen kontinuierlich aus. Eigentlich sollte sie nach dem Wunsch ihrer Eltern Diplomatin werden und studierte deshalb Englisch und Französisch. 1976, in den Semesterferien, jobbte sie am alten Münchner Flughafen Riem hinter dem Schalter von Sixt. Dort trat, wie das "Manager Magazin" verriet, eines Tages ein Mann vor sie, starrte sie an und sagte: "Sie werden meine Frau. Ich werde Sie heiraten." Nach zwei Tagen Bedenkzeit sagte sie Ja, und ein halbes Jahr später trat das Paar vor den Traualtar - der forsche junge Mann war Erich Sixt.
Das Paar eröffnete Niederlassungen an allen deutschen Flughäfen, knüpfte Beziehungen zu Hotels und Fluggesellschaften weltweit und führte Anmietautomaten ein. 1986 wandelte Sixt das Unternehmen in eine Aktiengesellschaft um und brachte es im gleichen Jahr an die Börse. Seitdem leitet er das Unternehmen als Vorstandsvorsitzender, während sich seine Frau um das internationale Marketing kümmert.
Der Schritt an den Kapitalmarkt habe maßgeblich zu seinem Erfolg beigetragen. Er könne sich noch gut an die Situation im Jahr 1986 erinnern. "Ich musste entscheiden: Bleibe ich ein kleiner Mittelständler mit der totalen Freiheit? Oder verfolge ich mit fremdem Kapital ehrgeizigere Ziele?" Er hat sich für die zweite Möglichkeit entschieden, aber habe sich "gequält wie ein Hund, bis ich mich zur Entscheidung durchgerungen habe, an die Börse zu gehen", zitiert ihn die "Welt". Aber er habe es nie bereut. "Ohne den Kapitalmarkt wären wir nicht dort, wo wir heute stehen", sagt Sixt. Die Einnahmen aus dem Börsengang investierte er restlos ins Unternehmen, das er noch heute als Mehrheitsaktionär kontrolliert. Im weltweit größten Vermietermarkt USA ist Sixt mittlerweile die Nummer 4. "Im Sixt-Imperium geht die Sonne nicht mehr unter", sagt der Patriarch deshalb stolz - in Anlehnung an einen Spruch von Kaiser Karl V., der im 16. Jahrhundert über ein Weltreich herrschte.
Mit provokanten Werbemotiven hat Erich Sixt ("Werbung ist bei Sixt Chefsache") immer wieder für Schlagzeilen gesorgt. So mussten sich die Griechen 2011 anhören, Sixt akzeptiere wieder Drachmen. Lokführer-Gewerkschafter Claus Weselsky machte Sixt während des Bahnstreiks zum "Mitarbeiter des Monats". Berühmt ist das Motiv mit Angela Merkel. Sie wurde mit dem Spruch "Lust auf eine neue Frisur?" aufs Korn genommen, illustriert mit einer Fotomontage der Kanzlerin im Cabrio. Zu der "Ibiza-Affäre" und dem durch ein Misstrauensvotum abgewählten österreichischen Bundeskanzler Kurz fiel den Werbern der Spruch "Perfekt für den Kurz-Urlaub - diesem Angebot braucht man nicht zu misstrauen" ein. Inspirator für diese berühmt-berüchtigten Motive ist der Werber Jean-Remy von Matt.
Vorbild Warren Buffett
Erich Sixt ist ein großer Anhänger des Philosophen und römischen Kaisers Marc Aurel ("Lebe so, als müsstest du sofort Abschied vom Leben nehmen, als sei die Zeit, die dir geblieben ist, ein unerwartetes Geschenk"). "Seit meiner Studentenzeit liegen seine Schriften auf meinem Nachttisch", sagt Erich Sixt. "Wenn ich nicht schlafen kann, lese ich Marc Aurel." Wie wichtig ist Geld für ihn? "Wenn nur Geld und Besitz Ihre Ziele sind, haben Sie keine Chance, Glück zu finden." Der Patriarch ist jetzt 75. Ans Aufhören oder gar an Rente denkt er noch lange nicht. Er arbeitet nach wie vor sieben Tage die Woche. Sein großes Vorbild ist der Starinvestor Warren Buffett, der mit 88 Jahren noch immer aktiv ist. Wann wird er aufhören? "Ich mache Schluss, wenn ich sage: Das haben wir immer schon so gemacht."