Solarmodule sind in der Regel für einen Betrieb von 25 bis 30 Jahren ausgelegt. Die meisten der aktuell im Einsatz befindlichen Module werden noch viele Jahre funktionsfähig sein, und die wenigen, die aufgrund von Beschädigungen oder altersbedingt aussortiert werden, landen oft auf dem Müll. Experten zufolge ist es aufgrund der geringen Abfallmengen noch nicht rentabel, Glas, Aluminium, Kupfer, Silizium, Silber und Blei aus alten Modulen zu recyceln.

Das dürfte sich jedoch mit dem rasanten Ausbau der Solarenergie ändern. Die Gewinnung wertvoller Materialien aus alten Solarmodulen ist eine interessante Geschäftsidee, birgt aber auch technische Herausforderungen.

Laut dem Nachhaltigkeitsanalysedienst BloombergNEF wird das weltweite Volumen der jährlich anfallenden Solarmodulabfälle von 30.000 Tonnen im Jahr 2021 auf über eine Million Tonnen im Jahr 2035 und über zehn Millionen Tonnen im Jahr 2050 ansteigen. Die Internationale Organisation für Erneuerbare Energien geht davon aus, dass die wiedergewonnenen Materialien bis 2030 einen Wert von 450 Millionen Dollar und bis 2050 einen Wert von 15 Milliarden Dollar haben könnten.

"Wir müssen heute etwas tun, wenn wir in Zukunft keine Probleme bekommen wollen", sagte Agustín Delgado, Leiter der Abteilung für Nachhaltigkeit und Innovation beim spanischen Energieversorger Iberdrola, einem der weltweit größten Anbieter von Solarstrom.

Iberdrola kooperiert mit Entsorgungsunternehmen, um sich auf die in diesem Jahrzehnt zu erwartende größere Menge an verschrotteten Solarmodulen vorzubereiten, und erwäge die Gründung neuer Unternehmen für das Solar-Recycling, so Delgado.

In Zukunft rentabel

Das Unternehmen hält den Aufbau einer Recyclingbranche für Solarmodule in Spanien für rentabel, sobald die Menge an Solarmodulabfällen in dem Land 10.000 Tonnen pro Jahr übersteigt. Heute sind es weniger als 2.000 Tonnen. Delgado geht davon aus, dass diese Schwelle 2027 oder 2028 erreicht wird, wie aus Branchenprognosen hervorgeht. Doch Iberdrola verfüge über keine Schätzungen, wie viel Geld damit verdient werden könnte, so Delgado weiter.

Staatliche Auflagen werden erforderlich sein, um das Recycling von Solarmodulen rentabel zu gestalten. Denn der Wert der Materialien sei im Vergleich zu den Kosten für die Sammlung und Gewinnung gering, so Jenny Chase, Leiterin der Solaranalyse-Abteilung bei BloombergNEF. Die wiederverwertbaren Teile eines Moduls lagen auf Basis der Materialpreise vom September 2020 bei 551 Dollar pro Tonne. Die Sammlung der Module sowie die Entnahme und Reinigung der Materialien kosten jedoch oft mehr als das, so BloombergNEF.

Recyclingquote vorgeschrieben

"Heute würde es mehr einbringen, aber in kleinem Maßstab lohnt es sich immer noch nicht", so Chase. "Recycling findet dort statt, wo es eine entsprechende Gesetzgebung gibt." Die Europäische Union schreibt seit 2012 eine Sammelquote von 85 Prozent und eine Recyclingquote von 80 Prozent für Solarmodule vor. Sie fordert von den Unternehmen, die Module in die EU importieren, diese zu entsorgen. Der Großteil der Unternehmen beteiligt sich an Recyclingprogrammen der Branche.

Ausgediente Solarmodule gelten nach EU-Recht als Elektronikschrott und müssen entsprechend entsorgt werden. Delgado zufolge würden branchenspezifische Auflagen dazu beitragen, die Branche für Solarrecycling auszubauen.

Laut BloombergNEF können bis zu 95 Prozent der in einem Solarmodul enthaltenen Materialien nach aktuellem Stand der Technik recycelt werden. Der französische Abfallentsorger Veolia Environnement hat diese Quote nach eigenen Angaben 2018 in einer Pilotanlage erreicht. Das Sammeln des Glases und des Aluminiums sei relativ einfach, aber Silber und Blei könnten immer noch nicht effizient aus den Modulen entnommen werden, erklärt Delgado. Das in den meisten Halbleitern enthaltene Silizium könne wiedergewonnen werden, sagt er. Aber bei der Aufreinigung gebe es noch Probleme, an denen in der Forschung gerade noch gearbeitet werde.

In den USA werden die Recyclingvorschriften von den einzelnen Bundesstaaten festgelegt. Dort will der Solarmodulhersteller First Solar sein Recyclinggeschäft ausbauen. Die Fabriken des Unternehmens sind bereits für das Recycling von Solarmodulen ausgerüstet. First Solar mit Sitz in Tempe, Arizona, erwäge jedoch den Bau unabhängiger Recyclingzentren, da immer mehr Module das Ende ihrer Nutzungsdauer erreichen, so Patrick Buehler, Chief Quality and Reliability Officer des Unternehmens. "Wenn die Anzahl steigt und die Prognosen eintreffen, wird es auf dem Markt eine Reihe von Recyclingmöglichkeiten geben", so Buehler.

First Solar kann fast 95 Prozent der Materialien eines Moduls für die Verwendung in neuen Produkten zurückgewinnen, wie zum Beispiel die Halbleiter für neue Module, Glas für Flaschen und Laminat für Gummimatten und Fahrradlenker. Die restlichen fünf bis zehn Prozent des Materials, die größtenteils aus zermahlenem Glas bestehen, können nicht in neuen Produkten wiederverwendet werden, so das Unternehmen.

First Solar gibt an, bereits 2020 mehrere Tausend Tonnen an Modulen recycelt zu haben. Die meisten Kunden des Unternehmens, bei denen es sich in erster Linie um Energiefirmen und nicht um private Hausbesitzer handelt, sind bereit, eine Gebühr zu zahlen, wenn ihre Module recycelt werden müssen. Buehler geht davon aus, dass Recycling rentabel sein wird, wenn die Prozesse effizienter werden und die Nachfrage nach nachhaltigen Materialien steigt. "Ich bin sehr zuversichtlich, dass wir die Kosten für das Recycling unter die Deponiekosten senken werden", erklärt er.

Bereitschaft vorhanden

In über 90 Prozent der heute verwendeten Solarzellen wird ein Halbleiter aus Silizium eingesetzt. Die Dünnschichtmodule von First Solar verwenden stattdessen eine Verbindung namens Cadmiumtellurid im Halbleiter, die nach Angaben des Unternehmens zurückgewonnen und wiederverwendet werden kann. Der Cadmiumtellurid-Halbleiter kann laut First Solar bis zu 40 Mal wiederverwendet werden.

Laut Buehler prüft die Firma auch den Aufbau eines Recyclingservice für die meisten Siliziummodule. "Es ist schwer zu beziffern, aber ich weiß, dass es unsere Kunden zu schätzen wissen", sagt er. "Aus Gesprächen wissen wir, dass sie wirklich recyceln wollen. Sie können ein Modul zu einer Mülldeponie fahren und es dort entsorgen, aber das wollen sie nicht."

Übersetzung: Stefanie Konrad

INVESTOR-INFO

Iberdrola

Profitablere Zukunft

Der weltweit aktive Versorger Iberdrola gilt als einer der größten Produzenten von Strom aus Windkraftanlagen weltweit. Durch regulatorische Erleichterungen und Ausbau der Kapazität ist der Konzern auf einem guten Weg, seine Profitabilität zu steigern. Im ersten Quartal stieg der Umsatz um 20 Prozent auf 12,2 Milliarden Euro, der Gewinn legte um 3,2 Prozent auf 1,1 Milliarden Euro zu.

Empfehlung: Kaufen
Kursziel: 14,00 Euro
Stoppkurs: 8,50 Euro

Veolia

Goldgrube Müllentsorgung

Der französische Konzern ist ein globaler Champion im Entsorgungsgeschäft, sowohl bei Wasser als auch bei Müll. Mit der jüngst erfolgten Übernahme des Wettbewerbers Suez will Veolia Weltmarktführer für Umweltdienstleistungen werden. Aktuell ist das Unternehmen dabei, einzelne Geschäftszweige abzustoßen, um die Auflagen der EU-Kommission im Zusammenhang mit dem Suez-Kauf zu erfüllen. Veolia bietet solides Wachstum und gilt als Basisinvestment im Umweltbereich. Die schlechte Stimmung an den Märkten beschert Anlegern eine günstige Einstiegsgelegenheit.

Empfehlung: Kaufen
Kursziel: 38,00 Euro
Stoppkurs: 22,00 Euro

First Solar

Produktion mit Auftragsstau

Der US-Hersteller von Photovoltaik-Anlagen hat sich als eines der ersten Unternehmen der Branche mit Recycling auseinandergesetzt. Momentan profitiert First Solar von der erhöhten Nachfrage im Zusammenhang mit der Energiewende, das Auftragsbuch ist prall gefüllt. Allerdings leidet das Unternehmen unter Lieferkettenunterbrechungen für Rohmaterialien, was sich zuletzt auch in desaströsen Quartalszahlen niederschlug. Mutige Anleger setzen auf ein Comeback.

Empfehlung: Kaufen
Kursziel: 78,00 Euro
Stoppkurs: 57,00 Euro

Übersetzung: Stefanie Konrad