Ottonova, der sich als erster digitaler Krankenversicherer Deutschlands sieht, bietet oft nur unterdurchschnittliche Leistungen und Prämien. Das zeigt ein branchenweiter Vergleichstest des auf private Krankenversicherer spezialisierten Analysehauses KVpro.de im Auftrag des Wirtschaftsmagazins "Euro" (Ausgabe vom 26. September).
Untersucht wurde der jeweils leistungsstärkste Tarif eines Anbieters in vier Kategorien. Bei Ottonova kam der Tarif "First Class 2" in zwei der vier Testkategorien in in die Wertung: bei Policen mit einem jährlichen Selbstbehalt zwischen einem und 1000 Euro, und mit einem jährlichen Selbstbehalt von mehr als 1000 Euro. Bei Policen ohne Selbstbehalt und bei Beihilfetarifen für Beamte, den beiden anderen Kategorien, hatte Ottonova zum Testzeitpunkt keine Angebote.
Ergebnis: Bei einem Selbstbehalt zwischen einem und 1000 Euro liegt Ottonova bei den Leistungen auf dem 19. von 28 Plätzen. Erhebliche Schwächen gibt es beispielsweisen bei den Leistungen rund um die Zähne und bei Zahlungen für Privatkliniken. Bei den Prämien rangiert Ottonova auf Platz 15. Einen Platz höher rückt der Versicherer, wenn man die Prämien und die maximale Selbstbeteiligung zusammenrechnet.
Bei einem Selbstbehalt von mehr als 1000 Euro liegt Ottonova bei den Leistungen zwar auf dem 12. von 22 Plätzen. Doch handelt es sich um den viertteuersten Tarif in diesem Segment (Platz 19), wenn man ausschließlich die Prämie betrachtet. Rechnet man die Prämie und die maximale Selbstbeteiligung zusammen, ist der Ottonova-Tarif immer noch am siebtteuersten (Platz 16).
Eine Gesamtnote wurde für Ottonova nicht vergeben. Grund: In dem Vergleichstest von Kvpro.de und "Euro" musste für eine komplette Bewertung eine dreijährige Firmenhistorie vorliegen. Ottonova war erst 2017 an den Start gegangen.
Testsieger im Segment "ohne Selbstbeteiligung" ist die Hallesche (Tarif "NK. Bonus"), gefolgt von HanseMerkur ("AZP, PS3, PSV") und Signal Iduna ("Exklusiv-Plus 0"). Bei einer jährlichen Selbstbeteiligung zwischen einem und 1000 Euro gewinnt die Debeka ("N, NC") vor HanseMerkur ("KVT1000, PSV") und SDK ("AM30, S1, Z9"). Bei einem jährlichen Selbstbehalt von mehr als 1000 Euro liegen Debeka ("N-SB, NC"), Hallesche ("NK.1") und SDK ("AM32, S1, Z9") vorne. Bei den Beihilfetarifen machen Debeka, Continentale und Alte Oldenburger das Rennen.
Nachträge vom 2. Oktober:
Stellungnahme von Bernhard Brühl, Aktuar und Vorstandsmitglied von Ottonova:
"Wir verstehen uns als Gesundheitspartner unserer Versicherten. Ganz bewusst fördern wir in einigen Bereichen wie dem Zahnersatz die proaktive Vorsorge. Zur Vorbeugung erstatten wir zwei professionelle Zahnreinigungen im Jahr und erinnern unsere Versicherten aktiv daran, sie in Anspruch zu nehmen. Solche innovativen Services, durch die sich Ottonova deutlich von anderen etablierten Versicherern unterscheidet, waren leider kein Bewertungskriterium der Tester von kvpro.de. Die Tester sind lediglich von einer Erstattung des Zahnersatzes in Höhe von 60 % ausgegangen, obwohl unser First Class Tarif bis zu 90 % der Kosten abdeckt, wenn unsere Versicherten einmal pro Jahr eine professionellen Zahnreinigung in Anspruch nehmen. Zudem sind unsere Tarife vorausschauend mit einem Rechnungszins von 1.25 % kalkuliert, der zwar aktuell zu etwas höheren Beiträgen führt, uns aber eine außerordentliche Beitragsstabilität ermöglicht. Das zahlt sich für Versicherte mittel- und langfristig deutlich stärker aus als kurzfristig niedrigere Beiträge."
Stellungnahme von Gerd Güssler, Geschäftsführer von kvpro.de:
"Der Tarif der Ottonova erstattet in einigen Bereichen in der Tat relativ großzügig, beispielsweise beim Zahnersatz - aber nur dann, wenn der Kunde aktiv mitarbeitet. Vergisst er das, warum auch immer, verletzt er eine Mitwirkungspflicht und erfährt im Leistungsfall eine unter Umständen nicht unerhebliche Kürzung seiner Erstattungsanspruches. Unter www.kvpro.de/Gütesiegel und www.kvpro.de/Tarifrating lassen sich die Vorgehensweise unserer inhaltlichen Analysen von Krankenversicherungstarifen nachvollziehen. Wir nehmen dabei immer den Kundenstandpunkt nach realistischen Szenarien ein. In Sachen Rechnungszins: Der von Ottonova zugrundegelegte Wert kann in der Tat ein Vorteil für die Beitragsstabilität sein."