Die Übernahmeschlacht beim bayerischen Autozulieferer Grammer ist vorerst abgeblasen. Die Angreifer, die deutsch-bosnische Prevent-Gruppe, gab am Donnerstag über ihre Investmentfirmen Cascade und Halog bekannt: "Wir streben derzeit weder Übernahme noch Mehrheit an." Cascade-Anwalt Franz Enderle machte jedoch deutlich, dass er gegen die Beschlüsse der vorangegangenen Hauptversammlung Widerspruch einlegen wolle und eine weitere Versammlung im Sommer fordere.
Auf dem Aktionärstreffen des oberpfälzischen Autositzherstellers war es tags zuvor ordentlich zur Sache gegangen. Prevent plante, drei Aufsichtsratsmitglieder auszutauschen und durch eigene Leute zu ersetzen. Zudem sollte drei Vorständen das Vertrauen entzogen werden, auch Vorstandschef Hartmut Müller. Doch zwei Drittel der Aktionäre - darunter der neue chinesische Großaktionär Ningbo Jinfeng - lehnten die Anträge ab.
Großaktionär Prevent, der 23 Prozent der Anteile hält und hinter dem die bosnische Investorenfamilie Hastor steht, sparte nicht mit Kritik. Anwalt Enderle warf dem Vorstand angesichts üppiger Abfindungsregelungen vor, er denke nur an seine eigene Position. Laut Sitzungsprotokollen des Grammer-Aufsichtsrats von Januar 2017, die €uro am Sonntag vorliegen, hat sich Vorstandschef Müller für den Fall eines "unerwünschten" Kontrollwechsels ein Sonderkündigungsrecht zusichern lassen, das ihm eine Abfindung von drei Jahresgehältern zusichert.
Abhängig von VW
Enderle hielt der Grammer-Spitze zudem vor, sich auch mithilfe des Großkundens Volkswagen gegen Hastor gewehrt zu haben. Weil die Wolfsburger Müller "den Sattel gehalten" hätten, seien ernsthafte Preisverhandlungen künftig nicht mehr möglich. Müller wies dies zurück. Viele Großkunden seien wegen des Hastor-Einstiegs besorgt. Dem Konzern seien Neuaufträge in Millionenhöhe weggebrochen. Laut Aufsichtsratschef Klaus Probst haben sich die Auftragseingänge im ersten Quartal zum Vorjahreszeitraum halbiert. "Uns fehlen Aufträge von 300 Millionen Euro", so Probst.
Viele der rund 500 Grammer-Aktionäre stärkten dem Zulieferer den Rücken: "Das Unternehmen darf keinesfalls unter die Kontrolle undurchsichtiger Machenschaften geraten", sagte Günther Hausmann vom Anlegerschutzverband DSW. "Raubtierkapitalismus der übelsten Sorte", urteilte ein anderer Eigner. Die Hastor-Familie hatte Grammer vorgeworfen, dass die Gewinnmarge bei steigenden Umsätzen erodiere, was von der Firmenspitze nicht angegangen werde. Trotz der Schlappe will Prevent bei Grammer dranbleiben. "Wir wissen genau, was bei Grammer getan werden muss", heißt es. Der Sieg der Oberpfälzer könnte also bloß ein Etappensieg sein.