Irland habe dem US-Computerriesen unzulässige Vergünstigungen gewährt, begründete EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager die Entscheidung am Dienstag in Brüssel. So habe Apple 2014 auf seine in Europa erzielten und in Irland gebündelten Gewinne nur 0,005 Prozent Steuern gezahlt. Dazu seien fast alle Erträge mit Billigung Irlands in Verwaltungssitzen konzentriert worden, die nur auf dem Papier existiert hätten. Irland und Apple kündigten an, gegen die EU-Kommission zu klagen. Noch in der Schwebe sind ähnliche Prüfungen bei Amazon und McDonalds.

Die Steuernachzahlung von Apple ist die höchste, die die EU-Kommission bisher in ähnlich gelagerten Fällen verlangt hat. Das US-Finanzministerium kritisierte die Entscheidung: "Das Vorgehen der EU-Kommission könnte ausländische Investitionen und das Wirtschaftsklima in Europa untergraben", sagte ein Sprecher.

Die EU-Wettbewerbwächter untersuchen bereits seit Mitte 2013 die verschachtelten Firmenkonstrukte, mit denen internationale Unternehmen ihre Steuerlast in Europa minimieren. Besonders im Fokus sind so genannte Steuervorbescheide: Dabei beantragen die Firmen vorab eine Prüfung ihrer Pläne. Dies ist an sich nicht illegal, wird aus Sicht der EU-Kommission aber zum Problem, wenn der Fiskus einzelnen Firmen Sonderkonditionen gewährt - zum Beispiel, um Hauptsitze von Technologiefirmen ins Land zu holen.

Aus Sicht der EU-Kommission war das bei Apple der Fall. Zwei Steuervorbescheide hätten "in künstlicher Weise eine erhebliche Verringerung der von Apple ab dem Jahr 1991 in Irland gezahlten Steuern bewirkt". Dabei sei von den Steuerbehörden eine Firmen-Konstruktion gebilligt worden, "die nicht der wirtschaftlichen Realität entsprach". So sei fast der gesamte Gewinn der Apple-Töchter Apple Sales International und Apple Operations Europa in Europa in "Head Offices" (Verwaltungssitzen) gebündelt worden, die weder in irgendeinem Land niedergelassen gewesen noch eigene Mitarbeiter gehabt hätten. Nur ein Bruchteil des Gewinns sei der irischen Apple-Tochter zugewiesen und versteuert worden.

Als Beispiel rechnete die EU-Kommission das Jahr 2011 vor: Damals habe Apple Sales International einen Gewinn von rund 16 Milliarden Euro gemacht, davon auf Grundlage des irischen Steuervorbescheids aber nur 50 Millionen in Irland versteuert, während die übrigen 15,95 Milliarden Euro unversteuert blieben. Gewinn-Abführungen an die Konzern-Mutter in den USA liefen über Vergütungen für die dort durchgeführte Forschung und Entwicklung - und konnten in Irland deshalb steuermindernd abgesetzt werden.

EU-STAATEN KÖNNTEN EBENFALLS STEUERN VON APPLE FORDERN



Vestager sagte, im Ergebnis habe Apple über viele Jahre erheblich weniger Steuern zahlen müssen als andere Unternehmen. Die EU-Kommission kann die Rückforderung unerlaubter Beihilfen für einen Zeitraum von zehn Jahren anordnen. Im Fall Apple sind das für die Jahre 2003 bis 2014 13 Milliarden Euro, zuzüglich Zinsen. Eine Strafe kann die EU-Kommission nicht verhängen. Die Summe würde sich reduzieren, wenn andere EU-Staaten wegen der Prüfung der EU-Kommission entscheiden würden, ebenfalls Steuern zu fordern. Apple hatte seine Struktur in Irland 2015 geändert, womit auch die dortigen Steuervorbescheide obsolet wurden.

Der Fall Apple reiht sich ein in eine ganze Serie von ähnlichen Prüfungen: Im Oktober 2015 hatte die EU-Kommission Steuerabsprachen von Luxemburg und den Niederlande mit Fiat und Starbucks als illegal eingestuft. Der US-Kaffeeröster kam mit einer Nachzahlung von 30 Millionen Euro davon. Im Januar 2016 hatte die Kommission Belgien wegen seiner Regeln für "Mehrgewinne" von 35 multinationalen Unternehmen gerügt. Der schwedische Konzern Atlas Copco AB musste dieses Jahr deshalb 300 Millionen Euro an Belgien nachzahlen. Zurzeit laufen noch in Luxemburg Überprüfungen wegen Amazon und McDonalds.

Die irische Regierung will die Entscheidung aus Brüssel nicht hinnehmen. "Ich bin überhaupt nicht einverstanden mit der Kommission", sagte Finanzminister Michael Noonan. Er werde das Kabinett ersuchen, Widerspruch einzulegen: "Das ist notwendig, um die Rechtschaffenheit unseres Steuersystems zu verteidigen, Unternehmen Steuersicherheit zu geben und gegen das Vordringen der EU-Vorschriften für staatliche Beihilfen in die Steuerkompetenz souveräner Mitgliedsstaaten vorzugehen." Apple gab sich zuversichtlich, ein Gerichtsverfahren zu gewinnen. Die Apple-Aktien gaben im vorbörslichen Handel drei Prozent nach.

Dagegen sagte Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD), es sei absolut richtig, Konzerne wie Apple oder Google bei Steuern zur Verantwortung zu ziehen. Die EU-Mitgliedsstaaten hatten sich schon im Oktober 2015 auf einen automatischen Informationsaustausch über Steuervorbescheide geeinigt.

rtr