EZB-Chef Mario Draghi hat Spekulationen auf eine weitere Lockerung der Geldpolitik einen Dämpfer verpasst und damit den Euro am Donnerstag auf den höchsten Stand seit Ende Dezember getrieben. Die Anleger an den europäischen Aktienmärkten reagierten dagegen enttäuscht. "Die EZB hat heute keine neuen unorthodoxen Maßnahmen beschlossen und ihren Leitzins nicht angetastet", schrieb Thomas Meißner, Chef-Anleihenanalyst der DZ Bank. "In den zurückliegenden Tagen hatte es am Markt Hoffnungen in diese Richtung gegeben."

Der Euro stieg auf 1,3828 Dollar und lag damit rund einen US-Cent über dem New Yorker Vortagesschluss. Dax und EuroStoxx50 gaben ihre Gewinne weitgehend ab und notierten nur noch knapp im Plus bei 9552 beziehungsweise 3145 Punkten.

Draghi betonte auf der Pressekonferenz im Anschluss an die Zinsentscheidung, dass die Europäische Zentralbank (EZB) an ihrer lockeren Geldpolitik festhalten werde. Für zusätzliche Maßnahmen gebe es derzeit aber keinen Grund. Verhalten optimistisch äußerte er sich über die Aussichten für die Konjunktur der Euro-Zone. Die jüngsten Konjunkturdaten seien "im Großen und Ganzen auf der positiven Seite".

KRIM-PARLAMENT STIMMT FÜR LOSLÖSUNG VON DER UKRAINE

Für Gesprächsstoff an den Finanzmärkten sorgte außerdem das Votum des Parlaments der Krim für eine Abspaltung von der Ukraine. "Die Regierung der autonomen Region Krim will Teil der Russischen Föderation werden", sagte Aktienhändler Michael Kantolinski vom Finanzdienstleister Uralsib. "Kiew ist natürlich dagegen und das bedeutet, dass ein bewaffneter Konflikt unausweichlich werden könnte."

Die Leitindizes der Moskauer Aktienbörse gaben daraufhin ihre Gewinne wieder ab und verloren jeweils mehr als ein Prozent. Die Aktien des Gasförderers Gazprom rutschten sogar um 2,3 Prozent ab. Die russische Währung geriet ebenfalls unter Druck. Der Dollar gewann 0,4 Prozent auf 36,19 Rubel, der Euro 0,9 Prozent auf 50 Rubel.

TELEKOM UND MERCK ENTTÄUSCHEN - ORANGE UND BOUYGUES GEFRAGT

Mit Verkäufen reagierten Anleger auf den Ausblick der Deutschen Telekom. Der Bonner Ex-Monopolist kassierte sein Ziel, 2015 sechs Milliarden Euro an frei verfügbaren Mitteln (Free Cash Flow) zu erwirtschaften. Grund sind unter anderem die Kosten für den Umbau der IT-Sparte. Das sei ein herber Rückschlag für diejenigen, die auf einen Anstieg der Dividende auf etwa 0,70 Euro je Aktie gehofft hatten, schrieb Equinet-Analyst Adrian Pehl in einem Kommentar. Für 2013 will die Telekom 0,50 Euro ausschütten. Die T-Aktie fiel um 3,3 Prozent auf 11,79 Euro und war damit Schlusslicht im EuroStoxx50.

Spitzenreiter war hier Telekom-Konkurrent Orange, dessen Aktien um bis zu 10,3 Prozent auf ein Vier-Monats-Hoch von 10,11 Euro stiegen. Die ehemalige France Telecom hatte eine Stabilisierung der operativen Gewinnmarge in Aussicht gestellt.

Gefragt war auch Bouygues. Der französische Mischkonzern will SFR, die Mobilfunktochter von Vivendi übernehmen und damit an Orange vorbei zur Nummer sieben der umsatzstärksten europäischen Mobilfunker aufsteigen. Bouygues-Papiere verteuerten sich um 6,4 Prozent auf 30,61 Euro.

Ein überraschend schwacher Ausblick schickte Merck auf Talfahrt. "Wir erwarten auch weiterhin nur geringes Gewinnwachstum", schrieb Berenberg-Analyst Alistair Campbell in einem Kommentar. Außerdem sein die Aktien des Pharma- und Spezialchemiekonzerns vergleichsweise teuer. Die Titel gaben 3,2 Prozent auf 121,05 Euro nach.

Reuters