61 Prozent der griechischen Wähler hatten sich am Sonntag gegen die Sparforderungen der Geldgeber ausgesprochen und damit Ministerpräsident Alexis Tsipras den Rücken gestärkt. Die Geldhäuser der Halbinsel blieben wie in der vergangenen Woche größtenteils geschlossen. Damit soll vermieden werden, dass die Griechen ihre Konten komplett leer räumen und die Banken dadurch in die Pleite trudeln. "Das Bankensystem wird sehr wahrscheinlich eingefroren bleiben und der paralysierte griechische Zahlungsverkehr beeinträchtigt die Realwirtschaft in den kommenden Wochen zunehmend", sagte Citi-Analyst Ronit Ghose.
Wegen der drohenden Bankenpleiten in Griechenland warfen Investoren Bankenaktien in hohem Bogen aus ihren Depots. "Die Angst vor Ansteckungseffekten ist da", sagte ein Börsianer. Der Index für die Geldhäuser der Euro-Zone sackte um bis zu 3,8 Prozent ab. Vor allem Papiere südeuropäischer Institute wie der italienischen Banco Popolare, der spanischen Banco de Sabadell oder der portugiesischen BCP fielen bei den Anlegern in Ungnade. Ihre Aktien verloren zwischen vier und sechs Prozent. In Frankfurt büßten Deutsche Bank und Commerzbank jeweils mehr als dreieinhalb Prozent ein.
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DAS GROS DER ANLEGER BLEIBT COOL
Insgesamt blieben die Anleger allerdings relativ ruhig. Der Dax grenzte seine Verluste von bis zu 2,1 Prozent ein und lag am Nachmittag nur noch 1,3 Prozent tiefer bei 10.910 Punkten. Der EuroStoxx50 verlor zwei Prozent. Nach der überraschenden Ankündigung des Referendums in Griechenland vor gut einer Woche waren die Kurse mehr als doppelt so stark eingebrochen.
"Die Kapitalmärkte reagieren gelassen auf die griechische Volksabstimmung: Richtig so!", urteilte Analyst Markus Glockenmeier von der Essener National-Bank. Eine griechische Staatspleite bedeute zwar zusätzliche finanzielle Belastungen für alle Euro-Länder. Diese seien aber über lange Zeiträume gestreckt. "Zudem kann die EZB immer noch stabilisierend eingreifen und den besonders betroffenen Ländern damit Luft verschaffen." Die Europäische Zentralbank (EZB) wollte am Montag über eine Verlängerung der Notfall-Kredite für die griechischen Geschäftsbanken beraten.
Die Verluste des Euro am Devisenmarkt hielten sich in Grenzen. Die Gemeinschaftswährung verbilligte sich um einen Dreivierte US-Cent auf 1,1022 Dollar. Anleger verkauften auch Anleihen Italiens, Spaniens und Portugals und trieben damit die Renditen der zehnjährigen Titel dieser Länder in die Höhe. Mit 2,310 bis 3,05 Prozent lagen die Zinsen, die die Länder Investoren bezahlen müssen, aber nur etwa halb so hoch wie zum Höhepunkt der europäischen Schuldenkrise 2012 und weit unterhalb eines Niveaus, das von Volkswirten als kritisch gesehen wird. Investoren schichteten ihr Geld dennoch in die als sicher geltenden Bundesanleihen um. Sie verhalfen dem Bund-Future damit zu einem Plus von 72 Ticks auf 152,53 Punkte.
Gegen den Trend legten Papiere der Deutschen Post zu und waren in Dax und EuroStoxx50 einziger Gewinner. Equinet-Analyst Jochen Rothenbacher wertete die Einigung im Tarifstreit positiv. Zum einen sei der Streik vorüber und zum anderen blieben die umstrittenen neu gegründeten Gesellschaften, in denen Zusteller zu schlechteren Konditionen als ihre Konzern-Kollegen arbeiten, erhalten. Dies sei ein wichtiger Punkt für das Unternehmen. Die "Aktie Gelb" verteuerte sich um 2,9 Prozent.
Reuters