Anlegern wird laut Börsianern nun klar, dass die Regierung in Rom es mit ihren Ausgaben-Plänen ernst meint und sich nicht so leicht von der EU einschüchtern lassen wird. "Wir erwarten ein monatelanges Ringen zwischen Italien, der EU-Kommission und den Ratingagenturen um die Budgetpläne", warnte denn auch Investmentstratege Matteo Ramenghi vom Vermögensverwalter UBS Global Wealth Management. "Investoren werden sich wohl zurückhalten, bis es mehr Klarheit gibt."
Schon am Freitag hatte die Entscheidung der Regierung in Rom für ein höheres Defizitziel Schockwellen durch die Märkte gejagt. Seither sind die Renditen italienischer Staatsanleihen und damit die Kosten für die Refinanzierung des italienischen Staates gestiegen. Die Verzinsung zehnjähriger Titel ereichte mit 3,44 Prozent am Dienstag den höchsten Stand seit März 2014. Der Abstand zu den entsprechenden Bundesanleihen stieg auf den höchsten Stand seit rund fünf Jahren.
Am Devisenmarkt rutschte der Euro um etwa einen halben US-Cent auf 1,1504 Dollar ab. An der Mailänder Börse standen Bankenwerte zeitweise unter Druck. Eine mögliche Herabstufung der Kreditwürdigkeit des drittgrößten Euro-Landes durch Ratingagenturen hätte für die Häuser schwere Folgen, da ihre Bilanzen voll sind mit Staatsanleihen ihres Landes. Die Aktien der HVB-Mutter UniCredit und der im EuroStoxx50 gelisteten Intesa Sanpaolo fielen zeitweise um je vier Prozent. Der Mailänder Leitindex gab zwei Prozent nach.
Kurz vor der Rede von Ex-Außenminister Boris Johnson auf dem Parteitag der Konservativen in Großbritannien verlor das Pfund Sterling rund einen US-Cent auf ein Drei-Wochen-Tief von 1,2942 Dollar. "Der Parteitag ist für das Pfund ein Minenfeld", sagte Währungsanalyst Jeremy Cook vom Finanzdienstleister WorldFirst in London. Johnson gilt als Verfechter eines harten Bruchs der Briten mit der EU.
ÖL WIEDER ETWAS BILLIGER
Der Anstieg der Ölpreise kam derweil ins Stocken. Zeitweise verbilligte sich ein Fass (159 Liter) der Nordsee-Sorte Brent um 0,8 Prozent auf 84,31 Dollar. Damit lag es aber immer noch nahe des am Montag erreichten Vier-Jahres-Hochs von 85,45 Dollar.
Papiere von Fluggesellschaften standen dennoch erneut auf den Verkaufszetteln, da Anleger von steigenden Kosten für Treibstoff und dadurch sinkende Profite bei den Airlines ausgehen. Lufthansa verloren im Dax zeitweise drei Prozent. Air France KLM bis zu zwei Prozent.
Die Einigung der Koalitionsspitzen im Diesel-Streit gab den Aktien der Autohersteller etwas Rückenwind. Daimler stiegen um bis zu 2,3 Prozent, Volkswagen und BMW legten zeitweise je ein Prozent zu.
Schlusslicht im Dax waren Siemens mit einem Abschlag von über drei Prozent, nachdem die Analysten der HSBC ihre Kaufempfehlung kassiert hatten.
rtr