Neue Geldwäschevorwürfe haben die Aktienkurse der Geldhäuser in den vergangenen Tagen schwer belastet. In Deutschland liegt etwa die Deutsche Bank im Wochenvergleich elf Prozent im Minus, die Commerzbank 14 Prozent - trotz aller Dementis. Medienberichten zufolge nutzten Geldwäscher die Infrastruktur der Banken in den vergangenen Jahren intensiver als bislang bekannt, die internen Kontrollmechanismen hätten versagt.
Dabei setzen Niedrigzinsen und zuletzt die Corona-Krise den Instituten ohnehin immer schwerer zu. Durch den Konjunktureinbruch drohen Kreditausfälle, das Filialsterben beschleunigt sich. "Auf die meisten Banken wird noch einiges zukommen", warnt Bank-Chefaufseher Raimund Röseler von der Finanzaufsicht Bafin. "Wie bei Menschen gilt: Wer Vorerkrankungen hat, hat ein größeres Risiko, an Corona zu sterben." Nicht alle Häuser würden den Corona-Stress überleben.
Das alles verschärft den Konsolidierungsdruck unter Europas Geldhäusern. Medienberichten zufolge haben die beiden größten Schweizer Banken UBS und Credit Suisse gerade erst eine Fusion ausgelotet. Nicht zuletzt die Aktienkursentwicklung erschwere jedoch die Pläne. Inzwischen trommeln jedoch auch die Chefs selbst offen für Zusammenschlüsse."Bankenfusionen machen sehr viel Sinn", sagt etwa Credit-Suisse-Chef Thomas Gottstein. Für UBS-Chef Sergio Ermotti wiederum ist "eine Konsolidierung unvermeidlich". Und die Deutsche Bank bereitet sich laut Finanzchef James von Moltke mit ihrer Strategie auf mögliche Zusammenschlüsse vor: "Die Konsolidierung in Europa wird Fahrt aufnehmen." Alle drei Aussagen fielen auf einer Anlegerkonferenz am Dienstag in Frankfurt.
Commerzbank spanisch?
Derweil ist die Konsolidierung in einigen Ländern schon längst in vollem Gang. In Italien wirbt Intesa San Paolo um UBI Banca, in Frankreich gelten Société Générale und BNP Paribas als mögliche Partner, auch die niederländische ABN könnte grenzüberschreitend ein Wörtchen im Fusionskarussell mitreden. Und in Spanien verschmelzen gerade Caixabank und Bankia zum größten Institut des Landes. In Deutschland wiederum könnten die Fusionspläne zwischen Deutscher Bank und Commerzbank wieder aus der Schublade geholt werden. Dahin verschwanden sie, nachdem das politisch unterstützte Projekt im Frühjahr 2019 ergebnislos abgebrochen worden war.
Doch seitdem hat sich einiges geändert. Die Deutsche Bank arbeitet unter Konzernchef Christian Sewing ihre Baustellen ab. Bei der Commerzbank hat die alte Führung gerade hingeschmissen. Mit dem neuen Aufsichtsratschef Hans-Jörg Vetter ist einer angetreten, der Erfahrung mit harten Restrukturierungen hat - und das Geldhaus auch wieder auf Fusionskurs bringen könnte. Am Markt werden schon alle möglichen Paarungen durchgespielt: Commerzbank mit Unicredit, mit ING, mit BNP oder Société Générale. Die besten Synergien sehen die Analysten von Morgan Stanley zum Beispiel ausgerechnet bei einer Fusion mit der spanischen Großbank Santander.
Doch noch ist die Commerzbank mit sich selbst beschäftigt. Die Bank habe "viele althergebrachte Strukturen", sagt der neue Chefkontrolleur Vetter. "Und in Sachen Effizienz und Profitabilität Luft nach oben."
Derzeit wird ein Nachfolger für den scheidenden Konzernchef Martin Zielke gesucht. Firmenkundenchef Roland Boekhout sowie Finanzchefin Bettina Orlopp gelten als aussichtsreichste interne Kandidaten.