Statt des geplanten Verkaufs von - gemessen am gesamten Grundkapital - 5,2 Prozent, trennte sich die RAG-Stiftung von 5,4 Prozent und erlöste dadurch fast 633 Millionen Euro. Damit sinkt die Beteiligungsquote der Stiftung auf 58,9 Prozent. Im Rahmen einer Privatplatzierung wurden die Aktien zu 25,30 Euro verkauft. Dabei wurden von den Stiftungsmanagern zwei Gründe angegeben: die angestrebte Portfoliodiversifikation sowie die mögliche Refinanzierung bestehender Verbindlichkeiten. Von Bernd Tönjes (Vorstandsvorsitzender) und Jürgen-Johann Rupp war allerdings zu hören, dass man weiterhin vollumfänglich hinter der Strategie von Evonik stehe und ein langfristig signifikanter Anteilseigner bleiben wolle. Außerdem würde sich durch die Platzierung der Streubesitz und die Liquidität der Evonik-Aktie erhöhen. Den anderen Aktionären hat die Meldung dennoch nicht gefallen, was sich an der massiven Verkaufswelle ablesen lässt.

Obwohl die im November veröffentlichten Umsätze und Ergebnisse rückläufig und teilweise schlechter als erwartet ausgefallen waren, reagierten die Börsianer erleichtert, dass keine Gewinnwarnung ausgesprochen wurde. Angesichts der trüben Konjunkturperspektiven sorgte der Geschäftsausblick des Evonik-Managements an den Börsen daher für erhebliche Kaufinteresse. Mit 27,36 Euro erreichte der MDAX-Wert sogar den höchsten Stand seit Herbst 2018. Eine markante Kauflaune gab es im vergangenen Jahr auch unter den Evonik-Managern zu beobachten. Zwei Vorstände und ein Aufsichtsratsmitglied kauften nämlich insgesamt 13.730 Aktien und bezahlten hierfür fast 350.000 Euro. Für mehr als die Hälfte dieser Investitionssumme stand Vorstandschef Christian Kullmann, der für über 200.000 Euro mehr als 7.300 Evonik-Aktien erwarb.

Unter den Analysten hält sich der Optimismus aber in Grenzen. Bei 25 von Vara Research erfassten Analystenurteilen gibt es vier negative und sechs neutrale Einschätzungen. Das heißt: Immerhin 40 Prozent der Experten sieht den Wert als nicht kaufenswert an. Die erfassten Kursziele reichen von 21 bis 40 Euro und ergeben einen Durchschnittswert von 28,50 Euro. Auf Basis des aktuellen Aktienkurses von 25,25 Euro errechnet sich somit ein Kurspotenzial in Höhe von fast 13 Prozent.

Charttechnisch: Molltöne überwiegen


Unter charttechnischen Gesichtspunkten überwiegen derzeit ganz klar die negativen Aspekte. So scheiterte zum Beispiel die Aktie an der oberhalb von 27 Euro angesiedelten massiven Widerstandszone. Nun droht ein Test der langfristigen 200-Tage-Linie, die im Herbst einen Trendwechsel nach oben vollzogen hat. Sollte die bei fast 25 Euro verlaufende Durchschnittslinie signifikant verletzt werden, könnte weiterer chartinduzierter Verkaufsdruck aufkommen. Den Blick nach unten gerichtet, wartet die nächste massive Unterstützungszone unterhalb von 21 Euro. Spätestens hier sollte sich der MDAX-Wert jedoch stabilisieren, da sonst ein neues Allzeittief drohen würde.

Einen kleinen Lichtblick liefert allerdings der Timingindikator Relative-Stärke-Index (RSI). Mit aktuell 35 Prozent fehlt nämlich nicht mehr viel, um eine überverkaufte Lage anzuzeigen. Zur Erinnerung: Ein Kaufsignal entsteht bei diesem Indikator immer dann, wenn die Marke von 30 Prozent überschritten wird. Ein solches RSI-Einstiegssignal erwies sich Mitte August als "goldrichtig", schließlich verteuerte sich der Titel danach um rund 15 Prozent. Für langfristig orientierte Investoren bietet sich auf dem reduzierten Kursniveau zwar eine interessante Einstiegschance an, spekulativere Naturen sollten hingegen erst einmal abwarten und die weitere Entwicklung beobachten.