von Bodo Gauer, Head of Structured Retail Products bei Credit Suisse

Die Wünsche der privaten Anleger sind klar: Sie präferieren einen hohen Zinskupon, der zumindest einen Ausgleich der aktuellen Teuerung gewährleistet, und das bei geringem Risiko und kurzer, überschaubarer Produktlaufzeit. Das ist gerade in der aktuellen Zinslandschaft kein leichtes Unterfangen. Denn der extrem niedrige Zins limitiert auch die Möglichkeiten strukturierter Produkte.

Nicht viele Anleger nutzen Expresszertifikate. Gemäß der aktuellen Statistik des Deutschen Derivate Verbands beträgt ihr Marktvolumen in Deutschland rund 4,8 Milliarden Euro. Daraus errechnet sich ein Anteil von lediglich 5,6 Prozent an den Anlagezertifikaten. Investiert sind die Anleger weiterhin vor allem in Produkten mit vollständigem Kapitalschutz, die rund zwei Drittel des Marktvolumens ausmachen. Diese bieten jedoch, so wie strukturierte Anleihen, aktuell nur eine sehr niedrige Verzinsung.

Daher lohnt sich der Blick auf Expressstrukturen. Diese liefern derzeit adäquate Lösungen für die Bedürfnisse der Anleger - und sind bei näherem Hinsehen auch keineswegs so komplex, wie sie zunächst vielleicht scheinen. Das gilt insbesondere für Expresszertifikate auf transparente Basiswerte wie den Euro Stoxx 50. Vor diesem Hintergrund dürfte der Marktanteil dieser Produkte in Deutschland künftig zulegen.

Drei Elemente sind bei Expresszertifikaten bedeutsam. Erstens verfügen diese Produkte im Gegensatz zu einem "Straight-Bond" nicht über eine vorab fixierte Laufzeit. Denn sie beinhalten eine sogenannte Expressfunktion. Diese führt - nach in den Produktbedingungen genau festgelegten Beobachtungstagen, zum Beispiel nach einem Jahr, zwei Jahren oder drei Jahren Laufzeit - bei Überschreiten einer bestimmten Schwelle (häufig 100 Prozent des Startwerts) zur vorzeitigen Rückzahlung des Zertifikats. In der Regel werden 100 Prozent des Ausgabepreises zurückgezahlt. Wird die Expressfunktion ausgelöst, kommt es zu einem schnelleren Rückfluss des eingesetzten Geldes. Dann liegt die von Anlegern im Allgemeinen gewünschte kurze Laufzeit vor, und dies bei einer in der aktuellen Zinslandschaft attraktiven Rendite.

Denn, und das ist das zweite bedeutsame Element, Expresszertifikate bieten Kupon- oder Bonuszahlungen, die wesentlich höher liegen als bei reinen Kurzläufern. Es rechnet sich also für den Anleger, wenn nach ein, zwei oder drei Jahren vorzeitig der Express in Kraft tritt. Bei einer herkömmlichen Expresskonstruktion werden die Kupons erst bei Fälligkeit gezahlt und addieren sich dann. Zertifikateprofis sprechen daher von einem "Snowball-Kupon". Liegt der Kupon zum Beispiel nach einem Jahr Laufzeit bei fünf Prozent, sind es nach zwei Jahren zehn, nach drei Jahren 15 und nach vier Jahren 20 Prozent.

Drittens berücksichtigen die meisten Expresszertifikate auch das Sicherheitsbedürfnis der Anleger. Ist es nicht bereits vorher zu einer - vorteilhaften - Rückzahlung gekommen, sind sie bei Endfälligkeit oft mit einem hohen Risikopuffer gegenüber Rückschlägen des Basiswerts ausgestattet. Auf diesen Aspekt sollten Anleger unbedingt achten. Zu niedrige Puffer von zum Beispiel nur 20 Prozent beim Euro Stoxx 50 bergen die Gefahr unvorteilhafter Barrierebrüche am Laufzeitende und führen so zu Verlusten.

Wichtig sind möglichst tiefe, endfällige Barrieren, die bei einer Laufzeit von maximal fünf oder sechs Jahren einen Risikopuffer von 40 Prozent und höher gegenüber einem möglichen Kursrückgang des Euro Stoxx 50 aufweisen. Nur dann ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass das Zertifikat zu 100 Prozent zurückgezahlt wird und sich für den Anleger auch rechnet. Und wie bei allen Zertifikaten sollten Anleger auf die hohe Bonität des Emittenten achten. Dann können aktuell gerade Expressstrukturen eine interessante Alternative sein.

Bodo Gauer

Gauer ist bei der Credit Suisse Head of Structured Retail Products für Deutschland und Österreich. Die Philosophie des 47-jährigen gelernten Bankkaufmanns und studierten Diplomkaufmanns ist es, für Anleger Produkte zu entwickeln, die Nutzen stiften und sich erfolgreich entwickeln. So war Gauer einer der Protagonisten, als vor der Jahrtausendwende erstmals Kapitalschutzprodukte in Deutschland emittiert wurden.