Mit dem Abschuss von MH17 durch prorussische Separatisten fing es an. Dann folgte der Vorstoß eines russischen Militärkonvois auf ukrainisches Gebiet durch ein "Loch im Zaun". Danach Panzerkolonnen, Tausende russischer Soldaten, die Invasion und gestern schließlich der "große vaterländische Krieg" und die Drohung Moskaus mit dem Einsatz von Atomwaffen gegen die Ukraine.
Da wir alle nicht in der Ukraine sind, wissen wir auch nicht, was von diesen Anschuldigungen Kiews gegen Moskau stimmt und was nicht. Aber andere sind vor Ort. Beispielsweise die OSZE, die sich nach eigenen Angaben mittlerweile mit 250 Beobachtern weitgehend frei in der Ost-Ukraine bewegen und auf vertrauenswürdige Netzwerke zugreifen kann. Und von dort kam vom Sprecher des OSZE-Vorsitzlandes Schweiz vorgestern folgende, klare Aussage: "Die OSZE hat aufgrund ihrer Beobachtungen keine Hinweise auf eine Präsenz von russischen Truppen auf ukrainischem Boden." "Wenig wahrscheinlich" sei es nach ihren Erkenntnissen auch, "dass von irgendwoher Nachschub an Waffen oder Munition geliefert werde". Das steht im krassen Widerspruch zu den Aussagen der NATO und der EU, die die OSZE immer nur dann hören, wenn es zum politisch Gewollten passt.
Gut: Zehn russische Fallschirmjäger hatten sich auf ukrainisches Gebiet "verirrt". Das klingt nun wirklich nicht sonderlich glaubwürdig. Aber wenn das die "Invasion" war, dann waren die 60 ukrainischen Soldaten, die von Russland gegen die zehn Fallschirmjäger ausgetauscht wurden, eine sechsmal größere Invasion.
Was aber hat sich denn nun zum Positiven verändert? Ganz einfach: In der Berichterstattung über die ukrainischen Meldungen beständig massiverer russischer Interventionen fand sich in den vergangenen Tagen immer häufiger das Wort "angeblich". Und nachdem sich Kiews bisherige Anschuldigungen gegen Moskau (bis auf besagte zehn Fallschirmjäger) allesamt in Luft auflösten, dürfte das klare Statement der OSZE die Nibelungentreue der Medien gegenüber den Aussagen des ukrainischen Präsidenten wohl noch ein wenig mehr ins Wanken bringen. Setzt sich in der Berichterstattung und erst recht in der EU und der NATO der Wille durch, Entscheidungen einzig aufgrund belegbarer Fakten zu treffen, gerät die derzeitige Kriegsrhetorik vermutlich rasch ins Wanken. Hoffen wir darauf. Auch als Börsianer. Denn die EU exportiert mehr nach Russland als sie von dort importiert. Weitere Sanktionen, die ja auch von Tschechien, der Slowakei, Zypern und Ungarn abgelehnt werden, sind also ein Schuss, der eher nach hinten losgeht.
Auf Seite 2: EZB: Druck auf den Euro
EZB: Druck auf den Euro
Ob er will oder nicht, machen muss EZB-Chef Mario Draghi morgen irgendetwas. Denn ohne Gesichtsverlust kommt er aus den in der vergangenen Woche in Jackson Hole gemachten Ankündigungen nicht mehr heraus. Nur was?
Er kann Staatsanleihen kaufen, was er nach den EZB-Statuten aber nicht darf. Aber das umgeht der Mario ja, indem er wie ein Minderjähriger den Wodka gar nicht bei den Staaten selbst, sondern am sgn. Sekundärmarkt (also den Anleihemärkten) kauft. Ihren dreizehnjährigen Jungs sollten Sie diesen Trick nicht verraten. Und ihnen schon einmal gar nicht sagen, dass Notenbanken heute auf diese Art vorgehen. Weltbild und so, Sie wissen schon.
Er kann den Leitzins von jetzt 0,15 auf 0,00 Prozent senken. Liebe Leute, dann wird aber der Punk abgehen, Helmut Kohls blühende Landschaften werden sich im Spätsommer auf ganz Europa ausdehnen und Arbeitslosigkeit wird zum Jahreswechsel kein Thema mehr sein. Schon mal gar nicht mehr bei den Euro-Opfern am Mittelmeer. Uns geht es ja bereits blendend. Schöner Arbeitsmarkt und bis zum letzten GfK-Bericht auch bestens gelaunte Verbraucher. Steht da. Aber jede uns vorgelegte Medaille verdient es, auch einmal umgedreht zu werden. Drehen wir sie also herum.
Quelle: www.querschuesse.de
Im Chart sehen Sie in Blau die Anzahl der in Deutschland Erwerbstätigen und in Rot die Anzahl der von diesen Menschen geleisteten Arbeitsstunden. Das Hurra bleibt einem da ein wenig im Halse stecken. Des Rätsels Lösung:
Teilzeitarbeit, Niedriglöhne, Unterbeschäftigte, geringfügig Beschäftigte. Wer wenig arbeitet, ist a) nicht mehr arbeitslos, was toll für die Statistik ist und b) in der Regel etwas, was vom Volksmund gemeinhin als "arme Sau" benannt wird. Auch dazu hat www.querschuesse.de ein paar interessante Daten: Die realen, preis- saison- und kalenderbereinigten gemittelten Nettolöhne pro Arbeitnehmer und Monat stiegen vom ersten Quartal 1970 bis zum zweiten Quartal 2014 um (sagenhafte) 4,43 Euro. Zehn Cent pro Jahr. Dass die EZB angesichts dieser Zahlen und der auf nur noch 0,3 Prozent gefallenen Inflation im Euroraum da alarmiert ist, ist nachvollziehbar. Für den Euro bedeutet das weitere Abwärtsrisiken.
Quelle: www.private-profits.de
Denn die Aussicht auf eine von Janet Yellen ja in der vergangenen Woche noch einmal unterstrichene Bereitschaft zur Anhebung der US-Leitzinsen im kommenden Jahr kollidiert nun einmal geradezu mit der Absicht der EZB, die monetären Schleusen noch weiter zu öffnen.
Den von mir in meinen Börsendiensten empfohlenen EUR/USD-Puts ist all das natürlich Wasser auf die Mühlen. Und 1,27, eher aber 1,20 bleiben meine Ziele für diesen Gewinntrade. Geht der Euro abwärts, steigen die Exportchancen der deutschen Wirtschaft. Laut Lehrbuch. Das könnte die Kaufkraft der Arbeitnehmer hierzulande steigern, auch wenn sich der Export abgeschwächt hat. So sicher wie das Amen in der Kirche wird das aber nicht geschehen. Weil die Arbeitgeber unter vollem Flankenschutz der Politik gegen den Rat der EZB und der Deutschen Bundesbank immer Gründe finden, um reale Lohnsteigerungen zu verweigern. Und so geht das Spiel nun schon seit Jahrzehnten. Und alle wundern sich über das Ergebnis. Dabei ist es doch so einfach: Wer partout am Modell des ewigen Wirtschaftswachstums festhält, der muss den Anhängern dieses Modells auch die Mittel in die Hand geben, um sich ein Stück vom Goldenen Kalb abschneiden zu können. Weil Wachstum und Kaufkraft wie siamesische Zwillinge sind.
Die EZB wird also den Euro drücken. Und damit noch mehr virtuelles Geld in den Markt pumpen. Natürlich kann das noch einmal ein Strohfeuer geben. Aber Fakt ist, dass die Notenbanken dieser Welt mit ihrem Latein am Ende sind. Gerade das aber macht die aktuelle geopolitische Lage so gefährlich: Man braucht nicht einen, sondern DEN Sündenbock! Dazu mehr in meinem kostenlosen pp-Newsletter, für den Sie sich hier ohne Angabe weiterer Daten allein mit Ihrer E-Mail-Adresse an- und natürlich auch abmelden können: https://www.private-profits.de/newsletter.html Der Sündenbock muss, by the way, gar nicht Russland sein. In der kommenden Woche jährt sich Nine-eleven. Offen gestanden: Ob das damals nun damals, wie von Verschwörungstheorien vermutet, ein "Inside-job" war oder nicht, der Termin ist in jedem Falle zu seinem 13. Wiederholungstag extrem symbolträchtig.
Auf Seite 3: Kupfer: 30-Prozent-Chance
Kupfer: 30-Prozent-Chance
Kupfer hat sich über die Jahre hinweg den Nimbus als Konjunkturindikator verdient, weswegen es heute in den USA auch gerne als "Dr. Copper" bezeichnet wird, der die Weltwirtschaft prognostiziert. So ganz krumm ist diese Sichtweise nicht, keine Frage.
Quelle: www.private-profits.de
Falls "Dr. Copper" Recht hat, befindet sich die Weltwirtschaft seit 2011 auf dem Rückzug. Charttechnisch interessant ist, dass sich seit dem Hoch nahe der Marke von 10.000 US$/to. Eine klare Abwärtstrendlinie gebildet hat, die der Kupferpreis nur überwinden könnte, wenn es entsprechenden Rückenwind von der Weltwirtschaft gäbe. Bis zum Beweis des Gegenteils, so will es das charttechnische Regelwerk, hat ein Trend aber als intakt zu gelten. Und damit eröffnet der aktuelle Anlauf an die Abwärtstrendgerade wohl eher eine Chance für einen Short-Einstieg, der sich ja mit einem engen Stopp absichern lässt. Kommt Kupfer dann wirklich unter Druck, kann der Trade unterhalb von 6.500 US$/to. Ausgebaut werden. Denn ´wird diese Unterstützung durchbrochen, ist ein Abgleiten bis zur seit 2002 etablierten Aufwärtstrendlinie zu erwarten. Das wäre ein Potential von rund 30 Prozent. Ungehebelt. Aber man kann das natürlich auch ein wenig spekulativer angehen.
Viel Erfolg und beste Grüße
Axel Retz
Axel Retz ist seit über 25 Jahren als Chefredakteur von Börsenmagazinen und Börsendiensten tätig und betreibt das Portal www.private-profits.de.