Scheitert die EZB, scheitert die Euro-Finanzwelt
Seit der letzten Europawahl weiß so mancher Regierungschef was politischer Kummer ist: Populistische Parteien - die der Eurozone so viel abgewinnen können wie Vegetarier blutigen Steaks - haben deutlich zugelegt. In Frankreich ist der Front National sogar zur stärksten politischen Partei geworden. Das Wählermotto lautete in vielen EU-Ländern: Wer spart, wird abgewählt. Hier reden wir von Frankreich, dem Land, das wie Deutschland von existenzieller Bedeutung für die Europäische Union und die Eurozone ist.
Auf Seite 2: Von Renzi lernen, heißt beim Wähler siegen lernen
Von Renzi lernen, heißt beim Wähler siegen lernen
Der französische Euro-Skeptizismus weckt jetzt jedoch Zweifel an der Euro-politischen Hauptrolle unseres westlichen Nachbarn. Um diesem drohenden Euro-politischen Machtvakuum zu entfliehen, hat Staatspräsident Hollande bereits reagiert. Mit mehr Wachstum, mehr Beschäftigung und weniger Sparen will er bei den französischen Euro-Wut-Bürgern punkten. Was will er auch sonst machen, wenn Konsum, Export und Investitionen mit Blick auf sein Reform-Schneckentempo keine großen Stützen sind.
So wird Frankreich zukünftig zum großen Halali für mehr staatliche Konjunkturstützung auf Pump blasen. Weitere wirtschaftlich angeschlagene Euro-Länder werden - dankbar für die Fürsprache der klangvollen Nr. 2 der Eurozone - in das gleiche Horn pusten. Die lauteste Unterstützung wird wohl vom italienischen Ministerpräsidenten Renzi zu hören sein. Im Europawahlkampf hat er versprochen, zukünftig die europäischen Stabilitätskriterien weich zu klopfen wie Steaks. Immerhin übernimmt Italien in der zweiten Jahreshälfte 2014 die EU-Ratspräsidentschaft. Und siehe da: Er kann sich auf die Fahnen schreiben, der einzige Regierungschef mit Zugewinnen bei der Europawahl zu sein. Wer nicht spart, wird gewählt. Wenn das mal nicht politische Schule macht.
Und was sagen die Regierungschefs der stabilitätsorientierten EU-Länder dazu? Wie will man sich denn gegen das laute Duo der Nr. 2 und Nr. 3 der Eurozone Gehör verschaffen? Auch sie haben an Euro-kritische Parteien verloren. Politiker-Auge sei wachsam. Nicht zuletzt wollen sie keine Schuld am Ende des euroländischen Burgfriedens haben.
Wenn neue Schulden schon nicht zu verhindern sind, bleibt zu hoffen, dass sie auch für die Senkung der privaten und Unternehmenssteuern sowie der Lohnnebenkosten verwendet werden. Hier sind Frankreich und Italien euroländische Spitze. Das deutsche Beispiel der Agenda 2010-Politik plus Steuersenkungen hat deutlich gezeigt, dass die Qualität des Wirtschaftsstandortes von solchen Maßnahmen profitiert.
Auf Seite 3: E iner Z ahlt B estimmt
E iner Z ahlt B estimmt
Bleibt eigentlich nur noch eine Frage offen: Wer soll das bezahlen, wer hat so viel Geld? Das übernimmt unsere EZB. Deren Verantwortliche haben schon längst durch mannigfaltige, für Geldpolitiker ungewöhnlich klare Worte hohe Erwartungen an Zinssenkungen und Liquiditätsanreicherungen geweckt. Tatsächlich geliefert wird ab der Notenbanksitzung im Juni. Ansonsten würde über die Schuldentragfähigkeit der Euro-Länder diskutiert und damit zu viel an guter Euro-Finanzmarktstimmung kaputt gemacht.
Die Renditen auf Staatsschulden werden geldpolitisch noch lange auf niedrigstem Niveau gehalten. So können sich Euro-Länder wie Frankreich und Italien mehr Schulden bei weniger Zinszahlungen leisten. Die Eurozone soll über die Schulden-Happy Hour wie der Phönix aus der Asche kommen, sozusagen mit der Asche der EZB.
Auf Seite 4: Mit so viel geldpolitischer Konjunkturstützung …
Mit so viel geldpolitischer Konjunkturstützung …
Und was heißt das jetzt für die Anlageklassen? Bei Staatsanleihen ist man weiter nur auf Rendite-Diät. Nach Inflation ist der Renditeverlust besonders groß. Einer muss ja den Preis für die Ruhe im Euro-Karton bezahlen. Aber das müssen ja nicht Sie sein.
Immerhin tun Staatsanleihen Aktien einen großen Gefallen in punkto Bewertung. Deutsche Aktien mögen absolut mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von insgesamt ca. 13 nicht mehr billig, sondern sportlich bewertet sein. Aber im Vergleich liegt das KGV von z.B. fünfjährigen deutschen Staatsanleihen weit über 200. Noch Fragen bitte? Außerdem wachsen die Aktien über die geldpolitische Konjunkturstimulierung und damit bessere Gewinnausweise in die höhere Bewertung hinein.
Auf Seite 5: …steigt der DAX auch über 10.000 und der MDAX über 18.000 Punkte
…steigt der DAX auch über 10.000 und der MDAX über 18.000 Punkte
Schuldenfinanzierte Konjunkturstützungen mit nicht enden wollender geldpolitischer Unterfütterung wirken wie Doppelherz gegen nachhaltig fallende Aktienkurse, vorübergehende Konsolidierungen ausgenommen.
Überhaupt, wenn die Konjunktur geldpolitisch auf Kurs gebracht wird, führt an konjunktur- und exportsensitiven DAX- oder MDAX-Titel kein Weg vorbei.
Die EZB - nie war sie so wertvoll wie heute!