Geldpolitisches Feuerwerk


Denn neben neuen Anleihekäufen hat die EZB erstmals ein Staffelzinssystem in Aussicht gestellt, das die negativen Folgen der Niedrigzinsen für Banken über Freibeträge mildern soll. Bankaktien wie Deutsche Bank, Commerzbank, Unicredit oder Santander reagierten darauf mit Kurssprüngen. Die Geldhäuser müssen für die Einlage von überschüssigem Kapital schon seit Jahren Strafzinsen von zuletzt 0,4 Prozent zahlen. Europaweit belastet dies die Branche mit jährlich rund 7,5 Milliarden Euro.

Damit könnte Draghi zum Ende seiner achtjährigen Amtszeit im Oktober ein breites Instrumentarium auspacken, das er auf der nächsten EZB-Sitzung am 12. September vorstellt. "Draghi hat jedenfalls die Zündschnur für ein geldpolitisches Feuerwerk gelegt", sagte Thomas Gitzel, Chefökonom der VP Bank. Auch die US-Notenbank Fed könnte auf ihrer Zinssitzung am kommenden Mittwoch die erste Zinssenkung seit zehn Jahren einläuten.

Mit der weiter in Aussicht gestellten Lockerung versucht die EZB, ihr zuletzt wieder in die Ferne gerücktes Inflationsziel von knapp zwei Prozent zu erreichen und die Konjunktur zu stimulieren. Handelskonflikte und die Brexit-Wirren belasteten zuletzt die Konjunktur.

Die erhoffte Erholung in der zweiten Jahreshälfte sei weni- ger wahrscheinlich geworden, warnte Draghi. Diese Einschätzung belegen auch die jüngsten Zahlen des Ifo-Instituts. So fiel der Ifo-Geschäftsklimaindex im Juli überraschend stark um 1,8 auf 95,7 Punkte. Das ist der niedrigste Wert seit 2013. "Die deutsche Konjunktur befindet sich in schwierigem Fahrwasser", so Ifo-Präsident Clemens Fuest. Die Eintrübung breite sich in allen wichtigen Bereichen der deutschen Wirtschaft aus.

In Deutschland sorgten die Ankündigungen Draghis für ein gemischtes Echo. Reinhold Rickes, Chefvolkswirt des Deutschen Sparkassenverbands DSGV, äußerte sich gegenüber Boerse Online positiv zu den Staffelzinsplänen. "Wir begrüßen das sehr. Das würde die unmittelbaren Auswirkungen auf die Banken lindern." Rickes warnte gleichzeitig vor den Folgen der geldpolitischen Lockerung: "Die Wirkung auf Konjunktur und Preise verpufft. Nebenwirkungen treten stärker auf: Kapital wird fehlgeleitet, Schulden blähen sich auf, Vermögenspreisblasen entstehen."

Banken prüfen "Strafzins"


Bankenverbände haben in den vergangenen Tagen vor einer weiteren Senkung der Einlagensätze und damit noch höheren Belastungen gewarnt. Der Präsident des Sparkassenverbands in Baden-Württemberg (SVBW), Peter Schneider, sagte, dies würden die Bankkunden im Massengeschäft zu spüren bekommen. "Wir wollen das nicht", sagte er. "Aber sollten relevante Wettbewerber Strafzinsen von Privatkunden verlangen, müssten wir nachziehen."

Bislang wurden "Strafzinsen" wenn überhaupt nur von Unternehmenskunden und vermögenden Privatkunden verlangt. Auch die Volks- und Raiffeisenbanken hatten zuletzt "Strafzinsen" für Normalsparer nicht ausgeschlossen. Banken bewegen sich hier allerdings in einer rechtlichen Grauzone. Im deutschen Zivilrecht gibt es bislang keinen Negativzins. Die Sparkassen fordern deshalb eine Gesetzesänderung.