Insgesamt will die Notenbank Staatsanleihen sowie andere Wertpapiere im Volumen von 1,14 Billionen Euro erwerben. Das entspricht etwa elf Prozent des gesamten Bruttoinlandsproduktes der Euro-Zone. Mit der Geldschwemme nach dem Vorbild der US-Notenbank Fed will Draghi verhindern, dass die Wirtschaft in eine Deflation abrutscht, also eine gefährliche Abwärtsspirale aus fallenden Preisen auf breiter Front und nachlassenden Investitionen.

"Wir sind überzeugt, dass die heute beschlossenen Schritte wirksam sind und die Inflation anheben," erklärte Draghi. Denn die EZB strebt eine Teuerungsrate von knapp zwei Prozent an. Davon ist sie derzeit aber meilenweit entfernt: Zuletzt fielen die Preise in der Euro-Zone sogar um 0,2 Prozent. Erwarten Verbraucher erst einmal, dass sie Produkte bald noch günstiger bekommen, halten sie sich mit Käufen zurück. Unternehmen verdienen dann weniger und bauen Personal ab.

Eine solche Deflation will die EZB unbedingt verhindern. Insgesamt planen die Währungshüter deswegen bis Ende September 2016 Ankäufe von Staatsanleihen, privaten Bonds und Papieren europäischer Institutionen von 60 Milliarden Euro pro Monat. Darin enthalten sind auch bereits beschlossene Käufe von sogenannten ABS-Papieren und Pfandbriefen. Draghi ließ sich sogar eine Hintertür offen, das Programm zu verlängern, falls die riesige Geldspritze nicht die gewünschte Wirkung erzielt.

Da der Leitzins weiterhin auf dem Rekordtief von 0,05 Prozent liegt, muss Draghi zu anderen, unkonventionellen Mitteln greifen. Das Kalkül dabei: Banken sollen ihre Anleihen abstoßen und die verfügbaren Mittel lieber für Kredite an Unternehmen und Haushalte verwenden.

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DAX AUF REKORDHOCH - EURO WEITER AUF TALFAHRT

An den Aktienmärkten löste Draghi mit dem Wertpapier-Kaufprogramm, der im Fachjargon "Quantitative Easing" (QE) genannt wird, Jubelstimmung aus: Der Dax schnellte in der Spitze um ein Prozent nach oben auf ein Rekordhoch von 10.399 Punkten. Der Euro hingegen ging auf Tauchstation und fiel um mehr als ein Prozent auf 1,1464 Dollar. Die meisten Experten hatten eher mit einem Kaufvolumen von 600 bis 750 Milliarden Euro gerechnet.

Viele Volkswirte äußerten sich deswegen positiv: "Mit ihrem heutigen Vorgehen hat die EZB ein Breitband-Antibiotikum gegen die Wachstumsschwäche und das Deflationsrisiko verabreicht", sagte Alexander Krüger vom Bankhaus Lampe. Allerdings bleibe eine große Portion Skepsis: Denn durch Papiergeld ließen sich ausbleibende Strukturreformen in den Ländern nicht ersetzen. Holger Sandte von der Bank Nordea erklärte: "Natürlich löst das nicht die Probleme des Euroraums. Aber es wird helfen, Deflation zu vermeiden, die Schuldenlast einiger Länder tragbar zu machen und die konjunkturelle Erholung zu unterstützen." Dass einige Regierungen nicht ihre Hausaufgaben machten, sei nicht der EZB anzulasten.

Im März wollen die Währungshüter mit dem Kauf von Staatsanleihen sowie von Papieren von europäischen Institutionen mit Top-Bonitätsnoten beginnen. Das Programm soll solange fortgeführt werden, bis die Teuerung in der Euro-Zone wieder nach dem Geschmack der EZB ist. Der Aufkauf soll laut Draghi gemäß den Anteilen der nationalen Notenbanken am Kapital der EZB erfolgen. Für die Papiere von Ländern wie Griechenland, in denen derzeit noch Rettungsprogramme laufen, sollen zusätzliche Regeln gelten. Insgesamt sollen bei den Käufen 20 Prozent des Risikos vergemeinschaftet werden - demnach würden 80 Prozent der Risiken dann bei den nationalen Notenbanken liegen.

Draghi zufolge haben die EZB-Ratsmitgleider mit großer Mehrheit für das Programm plädiert. Die Mehrheit sei so groß gewesen, "dass wir nicht darüber abstimmen mussten", sagte der Italiener. Deutliche Kritik kam aber abermals aus Deutschland, auch aus der regierenden CDU/CSU. Draghi wird eine Schwächung des Euro vorgeworfen. Außerdem gehe seine Politik zulasten der Sparer. Auch aus der Bundesbank waren im Vorfeld der Ratssitzung schon kritische Stimmen gekommen. Bundesbank-Präsident Jens Weidmann bezweifelt zum Beispiel die Notwendigkeit des Schritts.

Andere Notenbanken - etwa in den USA oder Großbritannien - hatten nach der Finanzkrise 2008 bereits Anleihekäufen gegriffen, um ihre Wirtschaft wieder in Schwung zu bringen. Auch die Notenbank in Japan - das Land steckte jahrelang in einer Deflation - pumpte auf diese Weise bereits riesige Summen ins Finanzsystem.

Reuters