Die Pressekonferenz mit EZB-Chefin Christine Lagarde (14:30 Uhr)
Ökonomen zum geringeren Tempo der EZB-Anleihenkäufe
Experten sagten in ersten Reaktionen:
MICHAEL HOLSTEIN, DZ BANK:
"Die EZB hat heute angekündigt, das Anleihekaufvolumen im PEPP-Programm im vierten Quartal wieder leicht herunterzufahren. Damit schwenkt die Notenbank auf einen etwas moderateren Kurs ein. Sie erkennt damit an, dass sich die Wirtschaft im Euro-Raum seit dem Frühjahr merklich von den Corona-Belastungen erholt hat. Gleichzeitig signalisiert sie aber weiterhin, dass die Ankaufprogramme noch sehr lange laufen werden und versucht damit, jede Nervosität an den Märkten zu vermeiden. Eine andere Entscheidung wäre heute angesichts der passablen Wirtschaftsdaten und der gestiegenen Inflationsraten auch schwer zu rechtfertigen gewesen."
JENS-OLIVER NIKLASCH, LBBW:
"Da hat der EZB-Rat das Minimum des Möglichen beschlossen. Gar nichts zu ändern, wäre angesichts des Inflationsanstiegs zu wenig gewesen. Dafür bleiben die volle Flexibilität und der Rahmen des PEPP sowie der bisherige Zeitplan erhalten. Angesichts der weiter vorhandenen Abwärtsrisiken für die Konjunktur vor dem Hintergrund von Delta-Variante, Impfmüdigkeit und Lieferengpässen eine nachvollziehbare Entscheidung. Nächster Halt ist dann der Dezember mit den neuen Projektionen für ein weiteres Jahr. Da wird es sich wohl entscheiden. Die Falken werden vermutlich gute Karten auf der Hand haben, wenn die Inflation dann ungefähr auf dem Hochpunkt sein dürfte. Aber wer weiß schon, was in Sachen Corona bis dahin passiert. Mit der heutigen Entscheidung dürften zumindest die Märkte gut leben können, denn sie wissen, dass die EZB sie nicht alleinlässt."
ULRICH WORTBERG, HELABA:
"Die verbesserten Wirtschaftsaussichten und die Inflationsüberraschungen auf der Oberseite - auch wenn hier vornehmlich temporäre Faktoren eine Rolle spielen - setzen die EZB unter Druck. Vor diesem Hintergrund soll das Asset-Ankaufvolumen im Rahmen des PEPP im Schlussquartal 2021 geringer ausfallen als in den beiden Quartalen zuvor. Informationen darüber, wie es nach dem erwarteten Ende des PEPP im März 2022 bezüglich des Anleihekaufprogramms weitergehen soll, gibt es nicht. Hier spielen die Währungshüter auf Zeit.
Es wird schwierig für Präsidentin Lagarde: Einerseits muss sie die notwendige Reduzierung der Asset-Käufe begründen, andererseits aber Marktteilnehmer davon überzeugen, dass an der akkommodierenden Geldpolitik festgehalten wird. Dies könnte - ähnlich wie bei der Fed - mit dem Hinweis auf noch für lange Zeit sehr niedrige Zinsen gelingen. Es zeigt sich einmal mehr, dass der Ausstieg aus der extrem lockeren Geldpolitik vermutlich schwieriger ist als der Einstieg."
THOMAS GITZEL, VP BANK:
"Die EZB ist aktuell in schwieriger Mission unterwegs. Einerseits trübt sich der wirtschaftliche Ausblick bereits schon wieder ein, andererseits nehmen die Inflationsrisiken zu. Beiden Seiten gerecht zu werden, ist ein Spagat, der zwar schwierig aber in Anbetracht des umfangreichen EZB-Werkzeugkastens durchaus bewältigbar ist. Die EZB macht das naheliegendste und pflückt die niedrig hängenden Früchte, in dem sie das monatliche Wertpapierankaufvolumen leicht reduziert."
FRIEDRICH HEINEMANN, ZEW:
"Es ist gut, dass sich der EZB-Rat bewegt und einen allerersten Trippelschritt auf dem langen Weg zu einem Ende der Anleihekäufe unternimmt. Ein einfaches 'Weiter so' würde der Reputation der EZB schaden. So liegt die Inflationsrate in der Euro-Zone in diesem Jahr inzwischen deutlich über der bisherigen EZB-Prognose. Hinzu kommt der inzwischen durch eine aktuelle ZEW-Studie belegte Befund, dass die Verfechter hoher Anleihekäufe im EZB-Rat vor allem aus den hoch verschuldeten Euro-Staaten kommen.
Der EZB-Rat muss jetzt beweisen, dass er primär das Ziel der Preisstabilität notfalls auch gegen die Interessen der nationalen Finanzminister verfolgt. Insofern müssen dem ersten Trippelschritt in den kommenden Monaten weitere klare Ansagen für einen Exit aus der Krisenpolitik folgen."
BASTIAN HEPPERLE, BANKHAUS LAMPE:
"Die EZB wird weniger 'peppig': Im vierten Quartal wird sie das Tempo ihrer PEPP-Käufe etwas drosseln, ein Ende des PEPP ist aber noch nicht in Sicht. Trotz des verbesserten makroökonomischen Umfelds geht von der Pandemie weiterhin ein hohes Maß an Unsicherheit aus. Die EZB dürfte es deshalb weiterhin für notwendig erachten, die Wirtschaft mit günstigen Finanzierungsbedingungen zu unterstützen. Frühestens auf der Oktober-Sitzung wird der EZB-Rat entscheiden, ob das PEPP verlängert bzw. aufgestockt oder in anderen Kaufprogrammen aufgehen wird. So oder so, auch 2022 dürfte die EZB noch reichlich Wertpapiere aufkaufen."
rtr