Ein abruptes Ende der Anleihenkäufe sei allerdings unwahrscheinlich. Im Dezember, wenn die neuen hauseigenen Vorhersagen zu Inflation und Konjunktur vorliegen, werde man sich über den weiteren Kurs äußern können. Ökonomen sagten dazu in ersten Reaktionen:

MARCEL FRATZSCHER, PRÄSIDENT DIW BERLIN:


"Die Entscheidung der EZB birgt keine größeren Überraschungen. Präsident Draghi hat den Erwartungen der Märkte, dass die EZB im Dezember eine Verlängerung des Anleihen-Kaufprogramms bekanntgeben wird, nicht widersprochen. Diese ist somit noch wahrscheinlicher geworden. Ich erwarte keinen Rückgang der monatlichen Anleihenkäufe der EZB. Dies würde die Markterwartungen enttäuschen und könnte unerwünschte Marktreaktionen hervorrufen. Die neuesten wirtschaftlichen Entwicklungen sind nicht ermutigend und geben keinen Anlass für eine grundlegende Änderung der Geldpolitik."

OTMAR LANG, TARGOBANK:


"EZB-Chef Mario Draghi hat sich heute nicht dazu geäußert, wie es mit dem Anleihen-Ankaufprogramm weitergeht - zumindest nicht direkt. Zuletzt gab es Marktgerüchte, die EZB könnte bereits vor Auslaufen des Programms im kommenden Frühjahr die Geldflut wieder drosseln. Doch Draghi verschiebt einfach die Entscheidung, wahrscheinlich bis Dezember. Dass sich die EZB heute noch nicht darauf festgelegt hat, wie es mit dem Kaufprogramm weitergeht, ist ihre Kunst, den Märkten etwas zu suggerieren, ohne etwas zu sagen. Wenn einer das kann, dann Draghi. Auf diese Weise kann er schon im Vorfeld einem möglichen Ausstieg aus der lockeren Geldpolitik die Schockwirkung nehmen."

HEIKO PETERS, DEUTSCHE BANK:


"Der Hinweis Draghis, dass es wahrscheinlich kein abruptes Ende der Anleihenkäufe geben wird, ist ein Signal: Man kann implizit daraus schließen, dass sie über den März 2017 hinaus verlängert werden. Doch hat er sich nicht vorab festgelegt. Die Währungshüter müssen sich noch darauf einigen, wie sie es genau umsetzen wollen. Dafür bietet sich der Dezember an. Für eine Verlängerung könnte ein Zeitraum von neun bis zwölf Monaten in Frage kommen. Das Thema, wann die Käufe gegebenenfalls zurückgeführt werden, muss die EZB sehr umsichtig vorbereiten. Angesichts der derzeitigen Inflationsentwicklung wäre ein baldiger Beschluss zum sogenannten Tapering jedoch verfrüht."

CHRISTOPH KUTT, DZ BANK:


"Wir gehen davon aus, dass es nur noch zu eher kleineren Anpassungen kommen muss, um einen reibungslosen Verlauf des Kaufprogramms bis dann Ende 2017 sicherzustellen. Der jüngste Renditeanstieg, der von der Tapering-Spekulation ausging, kommt der EZB dabei entgegen. Die Spekulationen werden nicht völlig verschwinden."

HOLGER SANDTE, EUROPA-CHEFVOLKSWIRT NORDEA:


"Mario Draghi hat heute nicht viel herausgelassen. Die EZB hält sich ihr Pulver für Dezember trocken. Allerdings dürften im EZB-Rat erhebliche Meinungsunterschiede darüber bestehen, ob die Anleihenkäufe verlängert werden sollten. Letztlich werden sich wohl einmal mehr die Tauben durchsetzen. Ich rechne damit, dass die EZB das ganze kommende Jahr hindurch Anleihen kaufen wird. Weitere Zinssenkungen erwarte ich nicht."

RALF UMLAUF, HELABA:


"Draghi machte deutlich, dass ein 'Tapering' derzeit nicht diskutiert wurde, aber ebenso wenig wurde eine Ausweitung besprochen. Auf der Dezember-Sitzung des EZB-Rats dürften verschiedene Optionen für eine reibungslose Umsetzung der QE-Aktivitäten beschlossen werden. Möglicherweise wird die Renditegrenze aufgehoben oder auch die Begrenzung der Käufe in einzelnen Wertpapiergattungen. Aus unserer Sicht wäre dies am wenigsten problematisch. Eine Abweichung der Käufe vom EZB-Schlüssel hingegen erscheint nicht wahrscheinlich.
Einen klaren Hinweis zur weiteren volumenmäßigen Entwicklung des QE blieb Draghi aber schuldig. Mit dem Verweis auf die Abwärtsrisiken für das Basisszenario der EZB und der Einschätzung, dass der beträchtliche monetäre Stimulus beibehalten werden solle, halten wir eher eine zeitliche Ausdehnung als den baldigen Beginn des 'Tapering' für wahrscheinlich."

JÖRG ZEUNER, KFW-CHEFVOLKSWIRT:


"Dass die EZB mit ruhiger Hand vorgeht, finde ich richtig. Inflation und Inflationserwartungen steigen mit den Energiepreisen. Das ist keine Überraschung und daher nicht beunruhigend. Wenn die Inflation Anfang 2017 nicht abrupt zurückfällt, gibt es Grund zu der Hoffnung, dass sich die Geldpolitik langsam normalisiert.
Die Euro-Zone muss daher weiterhin alles tun, um auf Wachstumskurs zu bleiben, damit ein solcher Rückfall nicht passiert. Ein plötzliches Ende des Wertpapier-Kaufprogramms im März 2017 dürfte es aber wiederum nicht geben."

rtr