Andere Anleger lassen derzeit lieber ganz die Finger von dem Papier. Und der politische Druck auf das weltgrößte soziale Netzwerk steigt, für Aufklärung zu sorgen, wie die umstrittene britische Analysefirma Cambridge Analytica an die Daten von 50 Millionen Facebook-Nutzern kommen konnte. Sie steht im Verdacht, die US-Präsidentenwahl Ende 2016 zugunsten von Donald Trump beeinflusst zu haben.

An der Börse überwog auch am Mittwoch die Sorge, Facebook und andere Internet-Giganten könnten im Zuge der Datenaffäre strenger reguliert und in ihrem wichtigen Werbegeschäft eingeschränkt werden. Facebook-Aktien verloren zur Eröffnung der Wall Street knapp drei Prozent. Damit summiert sich das Minus seit Wochenbeginn auf etwa zwölf Prozent. Der Börsenwert des US-Konzerns schrumpfte um gut 62 Milliarden Dollar. Das entspricht in etwa der gesamten Marktkapitalisierung von BMW.

Bundeskanzlerin Angela Merkel sprach sich in ihrer ersten Regierungserklärung in Berlin dafür aus, dass die Politik beim Thema Datenschutz Leitplanken setzt. Die neue EU-Datenschutzverordnung, die Ende Mai in Kraft tritt und hohe Geldstrafen für Datenklau und ähnliche Verstöße vorsieht, sei dabei "nur ein erster, kleiner, zaghafter Schritt", sagte Merkel. "Aber den müssen wir weitergehen, wenn wir es gerecht machen wollen."

Der Missbrauch der Facebook-Nutzerdaten war am Wochenende bekannt geworden. Cambridge Analytica unterstützte Trump im Wahlkampf 2016 und soll mit Hilfe von personalisierter Facebook-Werbung Wahlentscheidungen beeinflusst haben. Die Wahlkampagne wurde von Trumps Schwiegersohn und Berater, Jared Kushner, geleitet. Der frühere Chefstratege Steve Bannon soll einem Medienbericht zufolge ebenfalls involviert gewesen sein. Ob er davon wusste, dass Cambridge Analytica Facebook-Daten nutzte, sei aber unklar, schrieb die "Washington Post".

Der Chef der britischen Firma, Alexander Nix, wurde inzwischen suspendiert. Er hatte sich in einem heimlich mitgeschnittenen und vom britischen Sender Channel 4 ausgestrahlten Gespräch damit gebrüstet, dass sein Haus beim Sieg von Trump eine entscheidende Rolle gespielt habe. Er selbst habe Trump "mehrmals" getroffen. Cambridge Analytica distanzierte sich von diesen Äußerungen. Offen bleibt aber weiter die Frage, wie die Firma überhaupt an die Facebook-Daten gelangen konnte.

Facebook sieht sich in der Opferrolle, wie ein Konzernsprecher klarmachte: "Das gesamte Unternehmen ist außer sich, dass wir hintergangen wurden." Ebenfalls als Opfer sieht sich der britische Wissenschaftler, der die Anwendung entwickelt haben soll, die es Cambridge Analytica erst ermöglichte, die Facebook-Daten anzuzapfen. Er werde von Facebook und der Analysefirma zum "Sündenbock" gemacht, sagte Aleksandr Kogan. Er sei davon ausgegangen, etwas getan zu haben, was "wirklich normal" ist. Etwa 270.000 Menschen haben die Anwendung laut Facebook runtergeladen, die dann sowohl auf ihre Daten als auch auf die ihrer Kontakte Zugriff hatte.

"IN QUARANTÄNE"



Einigen Investoren reicht das alles als Erklärung nicht. So hieß es am Mittwoch bei der skandinavischen Großbank Nordea, Facebook befinde sich quasi "in Quarantäne". Die auf nachhaltige Investments ausgerichteten Fonds des Hauses kauften bis auf weiteres keine Facebook-Aktien mehr, sagte der zuständige Nordea-Manager Sasja Beslik zu Reuters. Auch bei der deutschen Fondsgesellschaft Union Investment, bislang im kleineren Umfang in Facebook investiert, hieß es, es sei Vorsicht geboten.

Facebook wartet unterdessen auf einen Fragenkatalog der US-Verbraucherschutzbehörde FTC, der eine Klärung der Vorkommnisse nach ziehen soll. Bisher seien keine offiziellen Ermittlungen eingeleitet worden, teilte der US-Konzern mit. Im Ausland wird hingegen längst geprüft, ob Facebook nach dem Verlust der Daten entschlossen gehandelt und rechtzeitig informiert hat. Inzwischen gab auch die kanadische Datenschutzbehörde bekannt, Ermittlungen aufgenommen zu haben. Es gehe darum, ob auch kanadische Bürger betroffen waren.

rtr