Lange ist es her, seit Microsoft mit seinen Dauerbrennern Windows und Office neue Akzente in der Techwelt setzte. Im Mobile-Bereich wurde der weltgrößte Softwarekonzern von Widersacher Apple vorgeführt, bei Messenger-Diensten wurde er von Skype überrollt und im Handymarkt bekam der Konzern trotz einer Megaübernahme keinen Fuß auf den Boden. Beim Trendthema Social Media soll nun alles anders werden. Für 26 Milliarden Dollar verleibt sich das Unternehmen das global führende Karrierenetzwerk LinkedIn ein.

Mit diesem Milliardendeal rüttelt Microsoft die Branche auf. Zuletzt war es vor allem Facebook, das als größtes soziales Netzwerk selbst für eine Konsolidierung in diesem Sektor sorgte: 2012 kaufte Mark Zuckerberg den Fotodienst Instagram, zwei Jahre später folgte WhatsApp. Ein Blick auf die Gewinnkurve des US-Konzerns zeigt, dass Zuckerberg die Weichen richtig gestellt hat. Allein zwischen dem ersten Quartal 2015 und dem des Jahres 2016 hat sich der Nettoprofit nahezu verdreifacht. Auch die operative Marge verbesserte sich in diesem Zeitraum spürbar: Lag die Rendite vor einem Jahr noch bei 26 Prozent, ist sie mittlerweile auf 37 Prozent gestiegen.

Angesichts dieser Zahlen wundert es nicht, dass Microsoft, dessen Gewinn seit Jahren nur dahinplätschert, sich ebenfalls einen Teil vom Social-Media-Kuchen abschneiden möchte. Daher ist die "Bill Gates Company" auch bereit, eine kräftige Prämie zu zahlen. Nach Berechnungen von Morningstar liegt der faire Wert von LinkedIn bei 155 Dollar je Aktie, Microsofts Angebot beträgt dagegen satte 196 Dollar. Das entspricht dem knapp neunfachen Umsatz. Hinzu kommt, dass LinkedIn unter dem Strich nach wie vor rote Zahlen schreibt.

Dies zeigt, dass selbst in einem derartigen Wachstumsmarkt - zwischen 2010 und 2015 haben sich die Nutzerzahlen weltweit verdoppelt - Gewinne nicht selbstverständlich sind. Ein Lied davon zwitschern kann Twitter. Angetreten 2013 beim Börsengang mit dem Versprechen, spätestens 2015 die Gewinnzone zu erreichen, folgte eine Enttäuschung nach der anderen. Das vergangene Jahr schloss der Kurznachrichtendienst mit einem horrenden Verlust von 521 Millionen Dollar ab. Erschwerend kommt hinzu, dass die Zahl der Nutzer im Schlussquartal 2015 erstmals seit dem Börsengang rückläufig war. Zwar konnte Twitter zwischen Januar und März 2016 wieder etwas mehr Nutzer begeistern, doch die schwache Ergebnisentwicklung hielt an. Immense Marketing- und Vertriebsausgaben sowie Kosten, um den Datenverkehr zu erhöhen, sorgten unterm Strich erneut für ein Minus.

Mit derartigen Aufwendungen schlägt sich auch LinkedIn derzeit herum, sodass der Jahresauftakt des Karrierenetzwerks erneut im negativen Bereich endete. Allerdings verbuchte das Unternehmen einen überraschenden Umsatzsprung um 35 Prozent. Nicht nur das Kerngeschäft mit Personalvermittlung zog an, auch die Werbeeinnahmen wuchsen kräftig. Die Zahl der Nutzer stieg um weitere 19 Prozent auf 433 Millionen.

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Mehr Nutzer, mehr Profit



Angesichts der mittlerweile schwindelerregend hohen Basis von 1,65 Milliarden Nutzern fällt das Wachstum beim Branchenprimus Facebook zwar etwas gemächlicher aus, dem Social-Media-Riesen gelingt es jedoch, immer mehr Geld pro Kunde zu verdienen. Dies lässt sich auch aus der Bilanz des deutschen Businessnetzwerks Xing herauslesen. Das Internetportal, auf das früheren Spekulationen zufolge LinkedIn ein Auge geworfen hatte, gewann von Januar bis März nahezu eine halbe Million neuer Mitglieder, so viel wie in keinem anderen Quartal seit der Firmengründung. Damit zählt Xing mehr als zehn Millionen Nutzer. Dies sorgte für einen Gewinnschub von 30 Prozent auf gut fünf Millionen Euro. Rund ein Zehntel der Mitglieder zahlen mittlerweile für ihre Mitgliedschaft. Gewinnbringend kommt hinzu, dass Xing immer mehr interessante zahlungspflichtige Dienste anbietet.

Der Microsoft-LinkedIn-Deal beflügelte auch die TecDAX-Aktie. Denn er zeigt nicht nur, dass sich der Sektor auf Konsolidierungskurs befindet, sondern auch, dass sich branchenfremde Unternehmen für diesen Bereich interessieren - und bereit sind, viel Geld in die Hand zu nehmen. Dies gilt nicht nur für Microsoft. Auch der Cloud-Spezialist Salesforce war an LinkedIn interessiert. Chef Marc Benioff gab jüngst zu, ebenfalls ein Gebot für den Internetkonzern abgegeben zu haben.

Aber auch innerhalb der Branche könnte es zu weiteren Übernahmen kommen. Neuesten Gerüchten zufolge möchte der chinesische Facebook-Rivale Tencent die finnische Supercell übernehmen. Dabei handelt es sich um einen Entwickler für Onlinespiele in sozialen Netzwerken.

Für Fantasie ist in dem Sektor weiterhin gesorgt. Alle wichtigen Unternehmen bekommen Anleger im Paket mit dem Zertifikat auf den Solactive Social Networks Index der Société Générale. Die Schwergewichte in dem 15 Mitglieder starken Aktienkorb sind Facebook und Tencent. Auch die deutsche Xing ist mit an Bord. In den vergangenen Monaten hat sich das Papier gut geschlagen. Seit Mitte Februar avancierte das Indexzertifikat um gut ein Viertel.

Einzelaktien bieten ebenfalls Chancen. Angesichts des ungebremsten Erfolgskurses ist Facebook weiterhin unser Favorit. Für Xing, Tencent und Microsoft halten wir unsere Kaufempfehlung aufrecht. Auch wenn Microsoft eine relativ hohe Prämie zahlt, langfristig könnte sich das Geschäft durchaus bezahlt machen. Der Konzern möchte immer mehr zum Dienstleister werden, und mit dem neuen Partner besteht die Möglichkeit, in Zukunft zusammen mit eigenen Produkten wie Office 365 interessante Dienste anzubieten. Bei Twitter raten wir dagegen weiter zur Vorsicht: Zu oft hat der Kurznachrichtendienst zuletzt enttäuscht.