Parkplätze werden in den Metropolen der Zukunft durch Grünanlagen und breitere Gehwege ersetzt. Viele Menschen besitzen womöglich gar kein Auto mehr. Stattdessen chauffieren elektrisch betriebene Roboterfahrzeuge Fahrgäste individuell von A nach B. Bestellt und gezahlt wird per Smartphone-App. Tatsächlich rechnen Experten damit, dass Dienstleister wie die US-Ridesharing- Firmen Uber und Lyft oder der deutsche Carsharing-Dienst Share Now künftig enormen Zulauf bekommen.

Beim sogenannten Ridesharing bestellen Kunden über eine Smartphone- App ein Fahrzeug samt Chauffeur, der sie zum gewünschten Ziel befördert. Um die Kosten zu senken, teilen sich mitunter mehrere fremde Menschen eine Fahrt in einer Art Sammeltaxi. Das Carsharing ist die Weiterentwicklung des klassischen Mietangebots, bei dem Kunden ein Fahrzeug in der Regel per Smartphone freischalten und nach der Fahrt abstellen und für den nächsten Kunden freigeben.

Das globale Marktvolumen mit Fahrdienstleistungen wie Car- und Ride­sharing wächst bis 2025 voraussichtlich auf 218 Milliarden Dollar, prognostizieren die Analysten der Research-Firma MarketsandMarkets. Im Vergleich zu 2018 - hier lag das Volumen bei 61 Milliarden Dollar - entspräche das einem durchschnittlichen jährlichen Plus von 20 Prozent. Ein Markt also, der An­legern hohe Gewinne verspricht.

Schrammen im Lack


Zuletzt fielen die Aktienkurse der bisherigen Protagonisten in diesem Markt jedoch zum Teil drastisch. Waren die Vorschusslorbeeren womöglich ungerechtfertigt? Firmen aus diesem Bereich erlangten zuvor teils außergewöhnlich hohe Bewertungen. Dem kalifornischen Fahrdienstvermittler Uber etwa, der wegen seiner aggressiven Expansionsstrategie im Dauerstreit mit der deutschen Taxibranche und Behörden in zahlreichen Ländern liegt, sprachen Analysten trotz tiefroter Geschäftszahlen zeitweise einen Wert von umgerechnet bis zu 110 Milliarden Euro zu. Damit wäre Uber im DAX die Nummer 2 hinter dem Softwarekonzern SAP.

Nicht nur Ubers Börsengang im vergangenen Frühjahr floppte. Die Talfahrt der Aktie mit rund 40 Prozent Verlust zum Hoch endete erst im vergangenen November. Ähnlich lief es bei Lyft, in den USA nach Uber der zweitgrößte Ride­sharing-Anbieter. Seit dem Börsengang Ende März 2019 verlor der Titel in der Spitze über die Hälfte seines Werts.

Einen Rückschlag musste unlängst auch der Carsharing-Anbieter Share Now hinnehmen. Ende Februar stellt das Gemeinschaftsunternehmen von Daimler und BMW seine Aktivitäten in Nordamerika und einigen europäischen Städten ein. Share Now verwies auf den starken Wettbewerb und die steigenden Kosten.

Es kann nur einen geben


Kosten sind für Firmen wie Uber und Lyft Nebensache. Ausgestattet von Risikokapitalgebern, investieren die Fahrdienstleister ohne Rücksicht auf Verluste viele Milliarden Dollar. Der Grund: In der Digitalwelt gibt es oft nur einen Sieger - die Beispiele Amazon, mit Abstand weltgrößter Onlinehändler, oder Alphabet (Google), die unangefochtene Nummer 1 bei Suchmaschinen, lassen grüßen.

Lyft zum Beispiel fuhr allein im dritten Quartal einen Verlust von fast einer halben Milliarde Dollar ein, bei Uber waren es sogar 1,2 Milliarden Dollar. Das enorme Minus rührt auch daher, dass ­sowohl der geschasste Uber-Chef Travis Kalanick als auch sein Nachfolger Dara Khosrowshahi viel Geld in den Aufbau weiterer Geschäftsfelder investierten.

So liefert Uber seit 2014 unter dem Namen UberEats Essen aus. In Denver und Las Vegas können Kunden über die Uber-App Bustickets kaufen und in vielen anderen Städten E-Fahrräder und E-Roller mieten. Zusammen mit Hyundai arbeitet Uber sogar an Flug­taxis. Die Firma wolle "das Amazon der Beförderung" werden, sagt Khosrow­shahi.

Analysten trauen Lyft und Uber weiter steigende Erlöse zu. Mit Nettogewinnen rechnen Experten auf absehbare Zeit aber nicht. Angesichts der Kosten und des Wettbewerbs stellen sich viele Investoren die Frage, wann die Firmen profitabel werden. Doch zumindest Uber fährt auf operativer Basis vor Abschreibungen im Kerngeschäft Fahrvermittlungen bereits Profite ein.

Einer der größten Kostenfaktoren sind die Gehälter der Fahrer. Ziel von Uber, Lyft und Co ist deshalb die Um­stellung auf autonom fahrende Autos mit Elektroantrieb. Die Ersparnisse ­wären immens. Zumindest die führenden Fahrdienstleister dürften dann endlich Gewinne einfahren, vielleicht sogar sehr hohe.

Womöglich liegt der Zeitpunkt dafür nicht mehr allzu fern. Denn neben etablierten Autobauern wie BMW, Daimler oder VW und Neulingen wie Tesla ar­beiten auch Technologieriesen wie die Google-Mutter Alphabet mit Hochdruck an Roboterfahrzeugen und neuen Mobilitätsdienstleistungen.

Mit der Tochter Waymo ist Alphabet beim Robotertaxi der Konkurrenz etliche Kilometer voraus. Seit 2009 absolvierten Waymos Roboterautos über 30 Millionen Kilometer auf öffentlichen Straßen, deutlich mehr als die Mit­bewerber. In einigen Vororten der US-­Metropole Phoenix fahren bereits Robotertaxis ohne Sicherheitsfahrer, der im Notfall eingreifen könnte. Mit Chrysler und Jaguar vereinbarte Waymo die Lieferung von über 80.000 Fahrzeugen, die die Roboterflotte erweitern sollen.

Sixt schlägt wieder Wellen


Einen anderen Weg geht Deutschlands größter Autovermieter Sixt. Nachdem BMW die SDAX-Firma aus der gemeinsamen Carsharing-Firma Drive Now herausgekauft hat, setzen die Münchner auf eine eigene Mobilitätsplattform. Das Angebot verschmilzt die klassische Autovermietung mit dem Carsharing-Geschäft. Über eine App können Kunden Fahrzeuge für kurze Strecken oder gleich für mehrere Tage mieten. Das ­Geschäftsgebiet umfasst mit den fast 500 Sixt-Stationen quasi ganz Deutschland. Zudem können Kunden spontan entscheiden, wie lange sie das Fahrzeug nutzen. Ein vergleichbares Angebot bietet keiner der Wettbewerber, die nicht mehr nur Europcar oder Avis heißen, sondern auch Uber, Lyft - oder in Kürze auch Waymo.

Investor-Info

Sixt Vz.
Dividende fährt mit


Deutschlands größte Mietwagenfirma bleibt auf Kurs. Für das laufende Jahr rechnen Analysten mit einem Umsatzplus von neun Prozent auf 3,6 Milliarden Euro. Der Gewinn vor Steuern steigt voraussichtlich um acht Prozent auf 358 Millionen Euro. Das Mietwagengeschäft ist hochprofitabel, die neuen Mobilitätsdienstleistungen sorgen für Fantasie. Die Aktie bleibt ein Top-Investment im Bereich Mobilität der Zukunft. Das i-Tüpfelchen ist die attraktive Dividende der Vorzugsaktien.

Empfehlung: Kaufen
Kursziel: 75,00 Euro
Stoppkurs: 56,00 Euro

Uber
Mutige fahren mit


Der weltgrößte Ridesharing-Anbieter setzt im laufenden Jahr voraussichtlich 17 Milliarden Dollar um, im Vergleich zu 2019 ein Plus von einem Drittel. Der Nettoverlust dürfte sich von knapp sechs Milliarden Dollar auf 3,5 Milliarden reduzieren. Für 2021 rechnen Analysten mit knapp 22 Milliarden Dollar Umsatz und einem Verlust von zwei Milliarden. Nach dem Kursrutsch bauen risikofreudige Anleger erste Positionen auf.

Empfehlung: Kaufen
Kursziel: 45,00 Euro
Stoppkurs: 23,00 Euro

Lyft
Verluste fahren mit
Die Nummer 2 im Ridesharing-Markt in Nordamerika steigert ihre Erlöse 2020 um 28 Prozent auf 4,6 Milliarden Dollar, prognostizieren Analysten. Der Verlust verringert sich voraussichtlich um ein Fünftel auf eine gute halbe Milliarde Dollar. Im Kerngeschäft Ridesharing fährt Lyft auf operativer Basis - anders als Uber - noch Verluste ein. Halten.

Empfehlung: Kaufen
Kursziel: 47,00 Euro
Stoppkurs: 36,00 Euro