Argumente dafür gibt es viele: Die Wirtschaft brummt wie seit Jahren nicht mehr, der Job-Markt läuft heiß und auch die lange Zeit für einen Aufschwung ungewöhnlich niedrige Inflation zieht an. Hinzu kommen die Effekte der Steuerreform Trumps, die den Aufschwung zusätzlich befeuern. Somit ist die Bühne für eine weitere Straffung bereitet, die wohl bei weitem nicht die letzte sein wird.
Da die Märkte eine Anhebung am Mittwoch wegen des rosigen Konjunkturbilds in den Kursen schon vorweggenommen haben, ist für Commerzbank-Ökonom Bernd Weidensteiner die eigentliche Frage: "Wie viel kommt dann noch?" Mit Spannung warten Experten daher auf den zeitgleich mit dem Zinsbeschluss veröffentlichten Ausblick, in dem die Währungshüter ihre Prognosen für die weitere Entwicklung des geldpolitischen Schlüsselsatzes abgeben.
"Weitere Schritte dürften folgen, aber es ist davon auszugehen, dass die Leitzinsen bei etwa 3 Prozent ihren Gipfel erreichen werden", meint Weidensteiner, der damit auch die allgemeine Markterwartung trifft. Powell hat auf der Pressekonferenz nach dem Zinsentscheid Gelegenheit, den weiteren Kurs zu erläutern. Trump hatte im Sommer in einem Reuters-Interview das Vorgehen der Fed ungewöhnlich offen attackiert, die nun bereits den insgesamt achten Schritt nach oben auf der Zinsleiter seit Ende 2015 wagen dürfte. Er schoss sich dabei direkt auf Powell ein, den er selbst als Präsidenten der unabhängigen Notenbank berufen hatte. Der Fed-Chef zeigte sich unbeeindruckt und plädierte angesichts des anhaltenden Booms für weiter behutsame Zinserhöhungen.
Die Wirtschaft zwischen New York und Los Angeles ist ungeachtet des Handelskonflikts mit China insgesamt sehr gut in Schuss. Sie hat im Frühjahr auf das Jahr hochgerechnet um 4,2 Prozent zugelegt - das dickste Plus seit fast vier Jahren. Für das dritte Quartal wird ein Zuwachs um mindestens drei Prozent erwartet. Und die Arbeitslosenquote ist auf 3,9 Prozent gesunken: Dies entspricht de facto Vollbeschäftigung - dem erklärten Ziel der Fed.
RISIKO HANDELSKONFLIKT
Zuletzt hatte die Notenbank insgesamt vier Zinserhöhungen 2018 signalisiert, der weitere drei 2019 folgen könnten. Weidensteiner geht wie viele andere Experten davon aus, dass nach den Schritten im März und Juni sowie der erwarteten Anhebung am Mittwoch ein weiterer Schritt "mit großer Sicherheit" im Dezember ansteht. Im nächsten Jahr dürfte der Leitzins dann nur noch zwei Mal angehoben werden. Auch Fed-Beobachterin Christiane von Berg von der BayernLB hat nur diese zwei Schritte für 2019 auf dem Zettel: "Auch weil der andauernde Handelskonflikt das Wirtschaftswachstum voraussichtlich ab Mitte 2019 langsam abbremsen wird."
Die Notenbank-Direktorin Lael Brainard hatte jüngst aber mit der Äußerung aufhorchen lassen, die Fed könne den Schlüsselzins noch über ein oder zwei Jahre schrittweise anheben, ohne den gegenwärtigen Aufschwung abzuwürgen. Denn Trumps Steuersenkungen und höhere Staatsausgaben stützten wohl die Konjunktur. "Sollte die Fed die Zinsen stärker anheben als derzeit allgemein erwartet, hätte das erhebliche Auswirkungen auf Wirtschaft und Märkte", warnt Weidensteiner. Vor allem für Schwellenländer wie die Türkei, wo Firmen verstärkt Schulden in Fremdwährungen angehäuft haben, könnte die US-Geldpolitik die Krisengefahr weiter erhöhen. Auch die Ratingagentur Fitch befürchtet, das das Wachstum in aufstrebenden Volkswirtschaften dann leiden würde.