Für Ferrari ist es der Start in ein neues Zeitalter: Erstmals bringt der italienische Luxuswagenhersteller ein Modell mit Plug-in-Hybridantrieb in Serie auf den Markt. Die Reichweite des SF 90 Stradale im Elektromodus ist mit rund 25 Kilometern zwar überschaubar, die meisten Kunden dürften aber ohnehin eher auf den klassischen Antrieb und das für Ferrari typische Motorgeheul setzen.
Der SF 90 ist Teil der größten Offensive in der mehr als 70-jährigen Geschichte des Sportwagenherstellers. 15 neue Modelle sollen beginnend mit diesem Jahr bis Ende 2022 auf den Markt kommen. Der Kundenkreis ist wie gewohnt exklusiv: Lediglich 9251 Fahrzeuge haben die Italiener im vergangenen Jahr ausgeliefert. Analysten kalkulieren Absatzsteigerungen von weniger als 1000 Stück jährlich. Kontrolliertes Wachstum soll die Begehrtheit der Luxusmarke hoch halten.
Wichtiger als Masse ist für Börsianer ist die Gewinnspanne. Der Finanzdienst Bloomberg kalkuliert, dass Ferrari im kommenden Jahr im Schnitt einen operativen Gewinn (Ebitda) von über 135 000 Euro für jedes verkaufte Auto erzielt. Die Marge dürfte bei 35 Prozent liegen und damit rund dreimal so hoch sein wie bei den deutschen Nobelmarken BMW und Daimler.
Der Vorteil einer reichen Kundschaft: Die Preise lassen sich problemlos anheben. Die Analysten von Evercore ISI kalkulieren, dass die beiden jüngsten Updates von Ferrari etwa acht Prozent teurer sind als die Vorgänger. Einen besonderen Hebel bieten Sondereditionen: Wie in der Modewelt zahlen reiche Kunden für limitierte Auflagen extreme Preise. Spitzenmodelle wie der im Herbst startende Monza SP kosten mehr als 1,5 Millionen Euro. Das ist wie ein Turboantrieb für die Bilanz. Analysten erwarten, dass der Konzern den Umsatz bis zum Jahr 2022 um 40 Prozent steigert, den operativen Gewinn um fast 70 Prozent.
Der Sprung ins Elektrozeitalter ist für Ferrari nicht ganz unproblematisch: Das Motorengeheul gehört für viele Kunden zum Lebensgefühl, das Surren eines Elektromotors bietet da keinen Ersatz. Vorerst wird Ferrari also auf Hybridantrieb setzen. Die entsprechenden Modelle sollen bis zum Jahr 2022 rund 60 Prozent der Produktion ausmachen. Dank der geringen Stückzahlen gelten für Ferrari nicht ganz so strenge Abgasvorschriften wie für die Massenhersteller.
Lukrativer Lückenfüller
Ferraris Modellpalette hat einige Lücken, die weiteres Wachstumspotenzial versprechen: Im Jahr 2022 soll beispielsweise der erste Geländewagen der Italiener auf den Markt kommen, der Purosangue. Die sogenannten SUV zählen in der Autobranche zu den wenigen Wachstumsnischen und sind überdurchschnittlich profitabel.
Eine der ständigen Sorgen der Autoindustrie ist der Konjunkturzyklus: Die Branche leidet in Wirtschaftskrisen meist besonders stark. In der großen Finanzkrise vor zehn Jahren aber hat Ferrari seine Ausnahmeposition demonstriert: Umsatz und Gewinn gingen zwar zurück, aber bei Weitem nicht so stark wie bei anderen Autokonzernen. Denn: Wer seine Ferrari-Bestellung storniert, verliert seinen Platz auf der Warteliste für die exklusiven Modelle. Das nennt man wohl ein Luxusproblem.
Fazit: Wie die Autos ist auch die Aktie von Ferrari kein Schnäppchen. Das Kurs-Gewinn-Verhältnis liegt am oberen Rand des Luxusgütersektors. Analysten sehen dennoch weiterhin Chancen: Die Jahresprognose des Konzerns gilt als konservativ, die Modelloffensive bietet großes Potenzial. Charttechnisch hat die Aktie mit dem Ausbruch über das alte Rekordhoch ein Kaufsignal erzeugt.
Empfehlung: Kaufen
Kursziel: 160,00 Euro
Stopp: 108,00 Euro