Insgesamt brachte die Tochtergesellschaft des Automobilkonzerns Fiat Chrysler (FCA) bei ihrem Debüt 18,9 Millionen Anteilsscheine unter die Investoren und nahm 982,4 Millionen Dollar ein. Die Bewertung belief sich auf fast zehn Milliarden Dollar - vergleichbar mit etablierten Luxusherstellern wie Prada (9,4 Milliarde Dollar). Damit wurden die Schätzungen der Analysten vom Oktober 2014, als FCA erstmals einen Ferrari-IPO in Aussicht gestellt hatte, deutlich übertroffen. Die Experten hatten mit fünf bis sieben Milliarden Dollar gerechnet.
Durch die Platzierung eines zehnprozentigen Anteils verringerte FCA seine Beteiligung an der Luxusmarke auf 80 Prozent. Die restlichen zehn Prozent gehören weiterhin Piero Ferrari, dem Sohn des legendären Firmengründers Enzo Ferrari. Im Januar will FCA die verbleibenden 80 Prozent an seine eigenen Aktionäre verteilen und dadurch mehr als 4 Milliarden Dollar einstreichen. "Ein Ferrari ist eigentlich kein Auto, sondern ein einzigartiges Stück Kunst", sagte Ferrari-Präsident und FCA-Boss Sergio Marchionne dem Sender Bloomberg TV. Es wäre eine Schande, die Marke im Korsett eines großen Autokonzerns einzuschnüren.
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Ein Ferrari ist eigentlich kein Auto, sondern ein einzigartiges Stück Kunst.
Nach dem Turbo-Start an der Börse hat die Ferrari-Aktie allerdings viel von ihrem anfänglichen Drehmoment eingebüßt. Aktuell (Stand 26.11.2015) notiert sie bei rund 46 Dollar und damit 11,5 Prozent unter ihrem Ausgabepreis. Ein Grund sind die zunehmenden Zweifel an der hohen Bewertung und die Geschäftszahlen, die das Unternehmen eine Woche nach der Parkettpremiere vermeldete und auf ein geteiltes Echo bei Anlegern trafen.
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Quartalszahlen enttäuschen Anleger
Von Juli bis September stieg die Zahl der ausgelieferten Autos im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 21 Prozent auf 1949 Stück. Der Umsatz kletterte um neun Prozent auf 723 Millionen Euro. Der Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) legte um 22 Prozent auf 213 Millionen Euro zu. Der Nettogewinn wuchs um 62 Prozent auf 94 Millionen Euro.
Das stärkste Wachstum bei den Auslieferungen erzielte Ferrari für den asiatisch-pazifischen Raum (plus 63 Prozent), gefolgt von Nord- und Südamerika (plus 30 Prozent) und Europa, Naher Osten und Afrika (plus 16 Prozent). In China und Taiwan dagegen schrumpften sie um 24 Prozent. Hauptwachstumstreiber seien mit einem Absatzplus von 33 Prozent die neuen V8-Motoren gewesen, so Ferrari. Die Verkaufszahlen des 488 GTB, California T und 458 Speciale A hätten die Einbußen bei den Auslaufmodellen 458 Italia und 458 Spider "mehr als ausgeglichen". Auch der FXX K habe sich gut verkauft.
In der Sparte für Autos und Ersatzteile - mit einem Umsatzanteil von 79 Prozent die wichtigste Sparte im dritten Quartal - stiegen die Erlöse um 16 Prozent. Das Sponsoren-, Werbe- und Markengeschäft legte um sieben Prozent zu. Die Motoren dagegen verloren 33 Prozent. Die Umsätze aus den "übrigen" Tätigkeiten verzeichneten ein Plus von 19 Prozent.
Für das Gesamtjahr rechnet Ferrari mit 7700 verkauften Autos (Vorjahr: 7255 Autos). Der Umsatz soll bei 2,8 Millionen Euro (Vorjahr: 2,76 Millionen Euro) liegen, das Ebitda soll sich auf 725 bis 745 Millionen Euro (Vorjahr: 389 Millionen Euro) belaufen.
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Analysten sind geteilter Meinung
Neben Anlegern zeigten sich auch viele Analysten skeptisch. Nicht wenige Experten bezweifeln, dass ein so kostspieliges Geschäft wie das von Ferrari eine 10-Milliarden-Dollar- Bewertung verdient. EVA Dimensions, Exane BNP Paribas und Evercore ISI sprachen nach der Vorlage der Quartalszahlen Verkaufsempfehlungen aus. Allerdings gab es auch neutrale und positive Stimmen. Die Branchenkenner von Spin-Off Research, Morningstar und JPMorgan setzten die Titel auf die Halteliste. Die Analysten der UBS und Mediobanca rieten zum Kauf.
"Wir sehen mittelfristig starkes Gewinnwachstum", schrieb Ryan Brinkman von JPMorgan in einer Studie. Positiv hervorzuheben seien vor allem die geplante Steigerung der Absatzzahlen auf 9000 Autos und die Einsparungen in verschiedenen Bereichen wie zum Beispiel bei den Forschungs- und Entwicklungskosten für die Rennsportaktivtäten. Langfristig dürfte sich seiner Einschätzung nach vor allem die "äußerst erfolgreiche Expansion" in autofremde Geschäftsfelder wie Kleidung, Uhren, Sonnebrillen oder Lederwaren bezahlt machen. Er halte aber eine Bewertung der Aktie von 52 Dollar für angemessen, so Brinkman.
Wir sehen mittelfristig starkes Gewinnwachstum.
Die UBS meinte, ein deutliches Kurspotenzial zu erkennen. Die Umsatz- und Cashflow-Entwicklung lasse sich besser vorhersagen als bei den meisten anderen vergleichbaren Auto- und Luxusgüterproduzenten, schrieb Analyst Michael Binetti. Das liege an den langen Wartezeiten für Neufahrzeuge, der loyalen Kundschaft sowie robusten Absätzen. Der Experte veranschlagte daher das Kursziel auf 60 Dollar, was zum Zeitpunkt der Einschätzung einem Zuwachspotenzial von 16 Prozent entsprach.
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Was BÖRSE ONLINE empfiehlt
Aus Sicht von BÖRSE ONLINE wird der Erfolg von Ferrari in erster Linie davon abhängen, ob die gewagte Strategie von Ferrari-Präsident Marchionne aufgehen wird. Der 63-Jährige will künftig deutlich mehr Autos verkaufen als in der Vergangenheit, gleichzeitig aber die Exklusivität der Marke bewahren. "Wir müssen die Nachfrage erhöhen, bevor wir das Angebot steigern", sagte Marchionne in einem Interview mit CNBC. "Das ist ein sehr schmaler Grat."
Wir müssen die Nachfrage erhöhen, bevor wir das Angebot steigern. Das ist ein sehr schmaler Grat.
In den vergangenen Jahren hatte Ferrari stets 7000 bis 8000 Fahrzeuge ausgeliefert. Bis 2019 soll die Menge aber auf 9000 Stück erhöht werden. Langfristig sieht Marchionne sogar ein Potenzial von jährlich 10000 Einheiten - das entspräche auf Basis der 2015er-Prognose von 7700 verkauften Autos einer Steigerung von 30 Prozent. Dabei schielt er vor allem auf den chinesischen Markt, für den die Auslieferungen zuletzt schrumpften.
Der Spagat zwischen höheren Absatzzahlen und der Bewahrung der Exklusivität könnte gelingen, wenn Ferrari die Preise für seine Sportwagen weiterhin so hoch hält, dass sich nur eine kleine Gruppe von Käufern die Autos leisten kann. Damit ist zu rechnen. Allerdings darf sich das Unternehmen angesichts der überschaubaren Modellpalette keine Flops erlauben.
Darüber hinaus dürfte der Schuldenabbau eine wichtige Rolle spielen. Durch den Börsengang hat Ferrari vom Mutterkonzern FCA rund 2,8 Milliarden Dollar Schulden übernommen. Laut Ferrari würden die gestiegenen Verbindlichkeiten die künftigen Investitionen in neue Modelle und die Möglichkeit einer kleinen Dividende nicht beeinträchtigen. Ob sich diese Aussage bewahrheitet, muss sich noch zeigen.
Anleger sollten mit einer Entscheidung mindestens bis Januar abwarten, wenn der Mutterkonzern FCA seinen verbliebenen 80-Prozent-Anteil auf den Markt wirft. Dann dürfte sich zeigen, was Ferrari tatsächlich wert ist. Zudem sollten sie genau verfolgen, ob es dem Autokonzern gelingt, parallel zum traditionellen Geschäft mit Karosserien eine Peripherie mit anderen Luxusprodukten aufzubauen.
Wir raten Anlegern daher, die Aktie zu beobachten.