Zweifel kamen auf, ob der erst am Wochenende vereinbarte 90-tägige Burgfrieden zwischen den beiden weltgrößten Wirtschaftsnationen unter den neuen Vorzeichen eingehalten wird.

In den westlichen Industriestaaten steht Huawei schon länger am Pranger: Die Länder befürchten eine Einflussnahme durch die Regierung in Peking, Spionage und Störung der nationalen Netze. Nun kommen neue Vorwürfe hinzu, die politisch brisant sind: Meng Wanzhou, die Tochter des Huawei-Gründers, war bereits am Samstag nach Aufforderung durch US-Behörden in Kanada festgenommen worden, wie das kanadische Justizministerium am Mittwoch mitteilte.

Für Freitag sei eine Anhörung angesetzt, ob sie gegen Kaution auf freien Fuß gesetzt werden könne. Hintergrund der Festnahme ist Insidern zufolge der Verdacht auf Verstöße gegen US-Sanktionen. Laut Medienberichten soll es dabei um Strafmaßnahmen gehen, die gegen den Iran verhängt worden sind. Sanktionsverstöße gegen die Islamische Republik brachten in der Vergangenheit bereits dem zweitgrößten chinesischen Netzwerkbauer ZTE scharfe Auflagen und ein zwischenzeitliches US-Lieferverbot ein.

Huawei bestätigte die Festnahme und erklärte zugleich, keine Kenntnisse von Vergehen der Finanzchefin zu haben. Die chinesische Botschaft in Kanada forderte die umgehende Freilassung von Meng. Der Sprecher des chinesischen Außenministeriums, Geng Shuang, sagte, man habe Kanada wie auch die USA um Aufklärung gebeten, aber bislang sei keine "Klarstellung" erfolgt. Die Managerin wurde offenbar genau an dem Tag festgesetzt, an dem US-Präsident Donald Trump mit seinem chinesischen Kollegen Xi Jinping auf dem G20-Gipfel in Argentinien zusammengekommen war.

Der Fall könne deshalb die Handelsgespräche zwischen den USA und China entgleisen lassen, warnte Professor Jia Wenshan von der Chapman-Universität in Kalifornien. Anleger hätten nach dem Treffen der beiden Politiker eigentlich auf Entspannung gehofft, sagte auch Chefstrategie Linus Yip vom Investmenthaus First Shanghai Securities. Entsprechend groß sei nun die Nervosität am Markt.

Im Sog der Verluste aus Asien ging es auch in Europa und Deutschland bergab. Der Stoxx600-Index fiel 1,2 Prozent und näherte sich damit dem niedrigsten Stand seit zwei Jahren. Lediglich die Aktien des schwedischen Netzwerkausrüsters Ericsson, der als direkter Huawei-Konkurrent auf Vorteile durch die Probleme in den USA rechnen kann, legten 1,5 Prozent zu. Rivale Nokia konnte nicht profitieren.

HUAWEI KÄMPFT UM 5G-GESCHÄFT

Die USA ermitteln Insidern zufolge mindestens seit 2016 gegen Huawei wegen des Verstoßes gegen Ausfuhr- und Sanktionsgesetze. Dabei geht es um den Vorwurf, Huawei habe Produkte aus den USA in den Iran und andere Länder geliefert. Das US-Justizministerium war für eine Stellungnahme nicht erreichbar. Der Konzern wiederum erklärte, man halte sich an alle gültigen Ausfuhrkontrollen und Sanktionen.

Die Ermittlungen ähneln denen gegen ZTE. Der Konzern war deshalb zeitweise in schwere Schieflage geraten, kam letztlich aber mit einer Milliardenstrafe davon. Bislang ist unklar, inwieweit die Geschäfte von Huawei durch die Festnahme der Finanzchefin in Mitleidenschaft gezogen werden. Die Aktien von Zulieferern wie Samsung Electronics und Chinasoft International gaben deutlich nach.

Dabei muss Huawei ohnehin schon um seine Position als weltgrößter Netzwerkausrüster fürchten. Auf Dringen der USA überprüfen Industrieländer weltweit, ob sie Huawei am Aufbau der Netze für den neuen Mobilfunkstandard 5G teilhaben lassen. Australien und Neuseeland haben sich bereits dagegen entschieden. In den USA ist Huawei längst von Behördenaufträgen ausgeschlossen. In dieser Woche teilte der ehemalige Staatsmonopolist BT in Großbritannien mit, die Ausrüstung des chinesischen Konzerns von den bereits existierenden 3G- wie auch 4G-Netzen zu entfernen und bei 5G nahezu komplett auf Huawei zu verzichten.

Auch in Deutschland, wo die 5G-Auktion im Frühjahr starten soll, gibt es Bedenken. Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer sagte im Gespräch mit Reuters, die Bundesregierung wolle sowohl die Daten-Infrastruktur als auch die Sicherheit gewährleisten. "Wir gucken auf alles sehr genau." Die Deutsche Telekom gibt sich gelassener. Cybersicherheitsexperte Thomas Tschersich erklärte jüngst in einem Interview, angesichts der scharfen Überwachung sei es unwahrscheinlich, dass Netzwerk-Komponenten unbemerkt Daten nach China ableiten könnten.

rtr