Anders als die meisten Einzelhändler, darf der Optiker Fielmann seine Ladentüren derzeit eingeschränkt öffnen. Er gilt als systemrelevanter Gesundheitsversorger und steuert trotz Einschränkungen bislang erfolgreich durch die Pandemie. Der Branchenprimus nutzte die vergangenen Monate sogar, um neue Läden im In- und Ausland zu eröffnen und die Digitalisierung voranzutreiben.
Der Konzernumsatz stieg im ersten Quartal des laufenden Jahres trotz der Covid-Einschränkungen um acht Prozent auf 382 Millionen Euro und lag damit über dem Niveau vor der Pandemie, teilte das SDAX-Unternehmen mit. Der Gewinn vor Steuern sprang, bei unveränderten Kosten, auf 41,8 Millionen Euro und war damit mehr als doppelt so hoch wie im Vorjahr (17,6 Millionen Euro), als ein Großteil der Niederlassungen geschlossen war. Mit Terminvereinbarungen und digitalem Zeitmanagement sei es gelungen, die Frequenz in den Niederlassungen zu steuern und die Produktivität zu erhöhen. Die Übernahme des spanischen Brillenhändlers Optica & Audiologia trug mehr als 20 Millionen Euro zum Quartalsumsatz bei.
875 Läden betrieb Fielmann Ende März, 99 mehr als im Vorjahr. In Italien und Polen wird weiter investiert, im Sommer soll die erste von 20 geplanten Filialen in Tschechien eröffnen. Die Kette ist dann europaweit in 16 Ländern aktiv und will weiter expandieren: über organisches Wachstum oder Zukäufe. Besonderes Augenmerk liegt auf Frankreich, wo der Optiker bislang nicht vertreten ist.
In Hamburg wurde nach zweijährigem Umbau ein neuer Flagshipstore eröffnet: Hundert Beschäftigte sollen in der Vorzeigefiliale, die auf fünf Stockwerken vor Hightech nur so strotzt, künftig jährlich mehr als zehn Millionen Euro umsetzen.
Oft wurde Fielmann vorgeworfen, die Digitalisierung zu verschlafen, nun geben die Hamburger Gas: Der Onlinehandel spielte im Geschäft mit Korrekturbrillen bislang kaum eine Rolle, zu groß war die Hürde, die richtige Sehstärke über die Ferne exakt zu bestimmen. Dem tritt Fielmann nun mit einer selbst entwickelten App entgegen, die mittels Smartphone Sehfehler vermisst. Mit künstlicher Intelligenz und neuer Smartphone-App soll der Onlineanteil im eigenen Geschäft mit Sehhilfen auf zehn Prozent steigen.
Zusammen mit dem bereits deutlich höheren Onlineanteil beim Versand von Kontaktlinsen und Sonnenbrillen will man künftig mehr als ein Fünftel des Geschäfts komplett über das Internet abwickeln. Für das laufende Jahr bleibt Fielmann aber zurückhaltend, die Prognose ist wegen der großen Unsicherheit angesichts der Pandemie vage: Die Zielspanne für den Vorsteuergewinn reicht, unter verschiedenen Prämissen, von 160 bis 230 Millionen Euro. Sind die Ziele des SDAX-Konzerns allerdings ähnlich konservativ gesteckt wie im Vorjahr, dürften sie im Jahresverlauf konkretisiert und angehoben werden.