"Der Stresstest 2019 hat unsere Einschätzung bestätigt, dass die Niedrigzinsphase eine erhebliche Herausforderung für die Banken darstellt", sagte der für die Bankenaufsicht zuständige Bafin-Exekutivdirektor Raimund Röseler. "Zum einen müssen sich die Institute offensichtlich auf eine längere Phase niedriger Zinsen einstellen. Und zugleich häufen sich die Anzeichen für eine konjunkturelle Eintrübung." Im Stress-Szenario, bei dem ein schwerer wirtschaftlicher Abschwung und weitere Zinsbelastungen angenommen wurden, verschlechtere sich die harte Kernkapitalquote um 3,5 Prozentpunkte. "Gleichwohl sind die deutschen Institute im Durchschnitt auch im Stressfall solide kapitalisiert", sagte Röseler.

RUND 50 BANKEN DROHEN IN SCHWIERIGKEITEN ZU GERATEN


Allerdings würde eine mittlere zweistellige Zahl von Banken bei dem angenommenen Stress-Szenario in Schwierigkeiten geraten und die gesetzlichen Kapitalvorgaben nicht mehr erfüllen. "Das bedeutet aber auch, dass über 90 Prozent der Banken im Stress-Szenario keine Probleme bekommen", sagte Röseler. Er rechne daher in den nächsten Jahren auch nicht mit einer Flut von Bankenpleiten.

Die Bankenbranche klagt seit langem über die ultraniedrigen Zinsen der EZB, die es ihr schwerer machen, Gewinne zu erwirtschaften. Die erhoffte Zinswende ist in weite Ferne gerückt. Der Leitzins der EZB liegt seit Jahren bei 0,0 Prozent. Zudem verlangt die Euro-Notenbank von den Banken Strafzinsen, wenn sie über Nacht bei ihr Geld parken. Dieser Einlagesatz liegt bei minus 0,5 Prozent.

Angesichts der niedrigen Zinsen der EZB habe die Banken die Kreditvergabe kräftig ausgeweitet. Kritiker befürchten, die Geldhäuser könnten dabei zu hohe Risiken eingehen und sich auf immer laxere Bedingungen einlassen. Daher befragten Bafin und Bundesbank einen Teil der Institute auch zur Kreditvergabe. Bei Darlehen für Wohnimmobilien seien die Vergabestandards in den vergangenen drei Jahren weniger konservativ geworden, sagte der für Bankenaufsicht zuständige Bundesbank-Vorstand Joachim Wuermeling. Aktuell sei dies unkritisch. "Eine weitere Lockerung wäre aber bedenklich und wir beobachten das ganz genau", sagte er. Im Gegensatz zu Wohnimmobilien sei bei Gewerbeimmobilienfinanzierungen keine eindeutige Verschlechterung der Kreditvergabestandards erkennen.

Neben der Ausweitung der Kreditvergabe reagieren immer mehr Institute mit Strafzinsen auf die Belastung durch die Negativzinsen. "Die Bereitschaft steigt, dieses Instrument zu nutzen", sagte Wuermeling. Mittlerweile wollen 42 Prozent der befragten Banken negative Zinsen auf Einlagen weiterreichen, bei der letzten Umfrage vor zwei Jahren nur 23 Prozent. Viele Geldhäuser verlangen im Firmenkundengeschäft und bei vermögenden Privatkunden bereits Negativzinsen.

rtr