Das Märchen aus dem hohen Norden" - so oder ähnlich titelten die Zeitungen, als nach der Jahrtausendwende die Ergebnisse des ersten großen Leistungsvergleichs der Bildungssysteme, die PISA-Studie, bekannt wurden. Finnland übertraf alle europäischen Nachbarn um Längen. Die finnischen Bildungsexperten konnten sich vor Gesprächsanfragen kaum retten.

Politiker aus der ganzen Welt pilgerten in das nordische Land, um zu lernen, wie man Schüler ohne Drill zu Höchstleistungen bringt. Auch wenn dieser Hype inzwischen etwas nachgelassen hat: Finnland gilt - auch aufgrund des guten PISA-Rufs - immer noch als mustergültige Volkswirtschaft. Es ist eines der wohlhabendsten Länder der Europäischen Union. Das war nicht immer so.

2009 erlebte Finnland die stärkste Rezession seit der Banken- und Wirtschaftskrise zu Beginn der 90er-Jahre. Gründe waren die hohe Exportabhängigkeit der Wirtschaft sowie der große Anteil von Investitionsgütern am Export. Rund 70 Prozent der Ausfuhren entfallen auf die Holz-, Papier-, Chemie- sowie Metall- und Elektroindustrie. Zwar hatte die Wirtschaft in der Vergangenheit überdurchschnittlich von der Globalisierung profitiert. Zugleich aber war das Land von der globalen Finanzkrise stärker betroffen als andere Industrieländer. Eine wirtschaftliche Durststrecke gab es auch von 2012 bis 2015. Bezeichnend dafür war der Niedergang von Nokia, das den globalen Smartphone­boom regelrecht verschlafen hatte. Das Unternehmen war bis 2011 weltgrößter Handyhersteller.

In den vergangenen Jahren ging es mit der Wirtschaft Finnlands wieder bergauf. Die wichtigsten Handelspartner sind Deutschland, Schweden und Russland. Finnland legt sich zudem ins Zeug, wenn es darum geht, die Vorgaben des Stabilitäts- und Wachstumspakts der EU einzuhalten. So wurde die Gesamtverschuldung von Staat und Kommunen 2018 auf 59 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) reduziert, die aktuelle Arbeitslosenquote liegt bei 6,7 Prozent. Seit Kurzem hat Finnland eine neue Koalitionsregierung unter dem sozialdemokratischen Ministerpräsidenten Antti Rinne. Sein Programm: mehr Geld für Infrastruktur und Bildung sowie der Kampf gegen Klimawandel und soziale

Ungleichheiten.

Bekannte Schwergewichte


Der Leitindex OMX Helsinki enthält die 25 größten börsennotierten Unternehmen des Landes. Zu den aktuellen Schwergewichten gehören unter anderem Kone, Neste und Sampo. Der einstige Handymarktführer Nokia ist durch die Fusion mit dem französischen Konkurrenten Alcatel-Lucent ein europäischer Branchenriese unter den Netzwerkausrüstern geworden. Die Finnen stellen die Infrastruktur für das 5 G-Zeitalter. Die neue Mobilfunktechnologie, die 100-mal schneller als die aktuellen 4 G-Netze ist, soll in Deutschland 2020 eingeführt werden. Sie gilt als "Game Changer" und ermöglicht neue Geschäftsmodelle für die digitale Welt.

Kone ist einer der weltweit größten Hersteller von Rolltreppen und Aufzügen. Der Aktienkurs läuft in diesem Jahr wie an der Schnur gezogen nach oben. Bislang steht ein Plus von 30 Prozent zu Buche. Zuletzt sorgte das Interesse am Kauf des Aufzugsgeschäfts von Thyssenkrupp für steigende Kurse. Das deutsche Unternehmen will die rentable Sparte, deren Wert auf 17 Milliarden Euro geschätzt wird, veräußern. Kone wird derzeit als heißester Käuferkandidat gehandelt.

Neste ist nicht nur Mineralölunternehmen, sondern auch Hersteller von Bio­sprit. Seit einigen Jahren schon forscht das Unternehmen an erneuerbaren Kraftstoffen. Heraus kam Diesel, der aus landwirtschaftlichen Abfällen gewonnen wird - aus pflanzlichem Altöl und tierischen Fetten, die zum Beispiel in Schlachthöfen anfallen. Gemixt mit Wasserstoff, Hitze und Druck wird daraus reiner Diesel. Nach Angaben von Neste ist der CO2-Ausstoß beim Fahren um 90 Prozent geringer als bei herkömmlichen fossilen Treibstoffen.

Den Versicherungskonzern Sampo wissen Anleger vor allem wegen der üppigen Dividendenzahlungen zu schätzen. So wurden die Dividendenrenditen in den vergangenen fünf Jahren gesteigert. Für 2019 werden 8,2 Prozent erwartet. Zuletzt erhielten Aktionäre die Dividende in Form von Aktien der schwedischen Bank Nordea, an der Sampo 20 Prozent hält. Die hohen Ausschüttungen könnten jedoch, wenn es schlecht läuft, an die Substanz gehen. Deshalb stufen wir den Titel nur mit "Beobachten" ein.

Auf einen Blick: Finnland