Im Profil
Christos Arbaras, gebürtiger Grieche,
ist Teilhaber der Nürnberger Anodos
Asset Management GmbH, die Vermögen
von Deutschen und Griechen
verwaltet. Arbaras verfügt über langjährige
Erfahrung in der Strukturierung
von weltweit ausgerichteten
Fondsportfolios und beim Aufspüren
von unterbewerteten Aktienmärkten.
Er ist zudem Experte für den griechischen
Aktienmarkt. Arbaras studierte
Betriebswirtschaft in München.
€uro fondsxpress: Herr Arbaras, die Eurogruppe hat
der Verlängerung des Hilfsprogramms für Griechenland
bis Ende Juni zugestimmt. Ist jetzt wieder nur
Zeit gewonnen worden oder ist der "Grexit" nun ein
für allemal ausgeschlossen?
Christos Arbaras: Zunächst einmal wurde Zeit gewonnen.
Die Verlängerung ist dennoch ein weiterer
wichtiger Schritt auf dem langen Weg der Erholung
des Landes. Die noch unerfahrene Regierung
hat gut verhandelt. Erfüllt sie die Reformvorhaben
mit Leben, bleibt Griechenland Teil der
Eurozone.
Die griechische Regierung hat sich bereit erklärt, Privatisierungen,
die schon in die Wege geleitet wurden,
zu Ende zu bringen. Korruption und Steuerbetrug
sollen härter bekämpft werden. Die Reichen sollen
zudem höher besteuert werden. Will und kann
sie die Maßnahmen auch durchsetzen?
Die dazu wichtigste Voraussetzung ist gegeben.
Die Regierung besitzt das Vertrauen der Bevölkerung.
Die Zustimmungsrate liegt aktuell bei 75
Prozent, die Regierung kommuniziert im Gegensatz
zu ihren Vorgängerinnen sehr ehrlich mit den
Bürgern. Griechenland bedarf aber auch weiterhin
der Unterstützung der Institutionen, vor allem
auch Deutschlands. Athen und die Geldgeber haben
ein Interesse daran, dass Griechenland in der
Eurozone bleibt. Die Chance, dass dies gelingen
kann, hat sich durch die neue Regierung in Athen
eindeutig verbessert. Die EU und Deutschland sollten sie nun nicht
verspielen.
Warum ist es in der Vergangenheit nicht gelungen, Vermögende stärker
zu belasten?
Der Einfluss vermögender Privatpersonen auf die Politik, Wirtschaft
und Medien ist in Griechenland wesentlicher konzentrierter als in
anderen Ländern. Keine Regierung war in der Vergangenheit daher
willens, sich selbst zu schaden. Die Eliten des Landes haben bislang
versagt. Die neue Regierung dagegen ist unverbraucht, sie ist nicht
für die zahlreichen Missstände verantwortlich. Erzielt sie Erfolge, vor
allem in der Korruptionsbekämpfung, bleibt sie auch unbestechlich
und transparent, wird sich die Steuermoral in Griechenland wesentlich
verbessern.
Reiche Griechen bringen ihr Vermögen ins Ausland. Sind Kapitalverkehrskontrollen
notwendig?
Diese passen nicht zu einer freien Marktwirtschaft. Die bessere Alternative
ist es, Anreize für Investitionen zu schaffen und für nachhaltiges
Wachstum zu sorgen. Dann kommt das ins Ausland abgeflossene
Kapital wieder zurück. An aussichtsreichen Branchen fehlt
es nicht. Griechenland hat Öl und Gas, der Tourismus ist weiterhin
interessant, vor allem kann Griechenland auf dem Gebiet alternativer
Energien auf dem Weltmarkt Anteile gewinnen.
Warum ist die Modernisierung des Pensionssystems so wichtig?
Die Jugendarbeitslosigkeit ist enorm hoch, viele der heute 25 bis 30
Jährigen haben bislang keine oder nur geringe Rentenansprüche erworben.
Wenn es nicht gelingt, langfristige Lösungen zu finden, ist
eine soziale Katastrophe unvermeidbar.
Steht die an die Eurogruppe geschickte Reformliste
nicht im Gegensatz zu den von der Regierungspartei
Syriza gegebenen Wahlkampfversprechen?
Nein. Die Regierung hat jedoch eingesehen, dass
die ursprünglich vorgesehene Reihenfolge in der
Umsetzung der Wahlversprechen nicht möglich ist.
Die Bevölkerung sieht dies ein. Wenn sie erste Entlastungen
spürt, wird die Zustimmung noch stärker
werden.
Auch die Mehrwertsteuer wird erhöht. Wie reagiert
die Bevölkerung? Wird durch die Mehrwertsteuererhöhung
der bereits schwache Konsum weiter zurückgehen?
Dies ist in der Tat eine schwere Belastung. Die
Geldgeber sollten darauf nicht bestehen. Weitere
soziale Härten helfen niemandem.
Andererseits will die Regierung Steuerzahlern einen
großen Teil ihrer Schulden erlassen. Statt 76 Milliarden
Euro werden nun aber nur noch neun Milliarden
Euro in die Staatskasse fließen. Wird dadurch das
Haushaltsziel gefährdet?
Nein. Griechenland hat massiv gespart und enorme
Konsolidierungserfolge erzielt. Die geplante
Erleichterung ist keine Abweichung vom Sanierungskurs,
sondern bezieht sich auf Steuern, die
eh nicht mehr eintreibbar sind.
In der von Athen vorgelegten Reformliste fehlt die
Forderung nach einem Schuldenschnitt, doch jüngsten Äußerungen des
griechischen Finanzministers zufolge ist das Thema nicht vom Tisch. Kann
Griechenland seinen Verpflichtungen nachkommen?
Ja, wenn die angekündigten Reformen erfolgreich umgesetzt, die
Laufzeiten verlängert und die Zinsen gekürzt werden. Wichtig ist
auch, dass sich das Vertrauensverhältnis zwischen Athen und den
Geldgebern festigt. Dann sollte es auch möglich sein, sich auf ein
drittes Hilfsprogramm zu einigen, sollte dies erforderlich werden.
Auf Seite 2: Was Arbaras über griechische Staatsanleihen und Aktien denkt
Sind griechische Staatsanleihen nun weniger riskant?
Ich sehe deutlich bessere Chancen am Aktienmarkt. Die Unternehmen
werden auch weiter existieren, sollte Griechenland entgegen
den Erwartungen aus der Eurozone ausscheiden. Der Leitindex notiert
aktuell 90 Prozent unter seinem historischen Höchststand. Das
Kurs-Gewinn-Verhältnis liegt deutlich unter zehn. Ich rechne mit einer
ähnlichen Entwicklung wie in Thailand nach der Asien-Krise.
Seitdem sind die Kurse um über 1000 Prozent gestiegen. In den kommenden
zehn bis fünfzehn Jahren traue ich der Börse in Athen eine
ähnlich starke Wertentwicklung zu. Ein Engagement erfordert aber
starke Nerven. Die Kurse dürften stark schwanken
Welche Titel halten Sie für besonders aussichtsreich?
Das Solarunternehmen Mytilineos Holding exportiert und ist nicht
von der Krise in Griechenland betroffen. Auch die Börse Hellenic Exchange
ist interessant, sie erzielt Gewinne und schüttet attraktive
Dividenden aus. Interessant ist auch Aegean Airlines. Die Gesellschaft
wurde bereits mehrfach als bester Regionalanbieter ausgezeichnet.
Sehr spekulativ, aber auch überaus lohnend kann sich ein
Engagement im Bankensektor entwickeln. Mir gefällt insbesondere
die Alpha Bank.